Teil7

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Als die Tür mit einem leisen Klicken ins Schloss fiel, wurde Bakugos Blick ernster. Er schloss die Augen uns stieß angestaute Luft aus. Ich biss mir auf die Lippen, als sich ein Kribbeln unter meiner Haut ausbreitete. Ich war nervös. "Beanspruch dich nicht zu sehr, ja? Ich kann dich nicht die ganze Zeit irgendwo vom Boden aufsammeln." Ich blieb stumm. Er sah immer noch zu Boden und fuhr sich dann mit den Händen durchs Gesicht. "Schieße." Endlich wandte er sich wieder mir zu. "Was ich damit eigentlich sagen will ist, dass ich mir Sorgen mache." Ich grinste schief. "Ich weiß." "Und dass ich will, dass du schnell wieder gesund wirst." "Ich weiß." Er sah mich einen Moment schweigend an. "Was ist passiert?", fragte er dann. Ich wusste, dass es früher oder später zu diesem Gespräch kommen musste und dass ich ihm irgendwann alles erzählen würde, aber für den Moment beließ ich es bei den Geschehnissen der letzten Tage:

 "Ich, ich konnte ohne dich nicht schlafen. Aber ich war auch nicht bereit je-jemand anderen um Hilfe zu bitten. Ich wollte es nicht erklären. Ich mein nicht einmal jetzt hab ich den anderen gesagt was wirklich los ist. A-aber in der Nacht, war ich so mü-müde und-" Ich zitterte am ganzen Körper. Bakugo trat zu mir und drückte mich an seine Brust. Mit einer Hand fuhr er mir beruhigend durchs Haar. "Shhh, tief durchatmen." Zittrig holte ich Luft und krallte mich in sein Shirt. "Ich hab-" Ich atmete noch einmal tief durch. "Ich hab seine Stimme gehört", stieß ich hervor. Bakugo versteifte sich neben mir. "Und alles wieder vor mir gesehen und..und." Ich unterdrückte ein Schluchzen, als Bakugo mich noch fester an sich drückte. Seine Hand malte nun Kreise auf meinem Rücken. "Ich wollte die Bilder unbedingt loswerden und dann hab ich-ich weiß ich hatte versprochen es nicht mehr zu tun, aber ich mus-musste einfach...und ich war so müde. Ich weiß dass ist keine Entschuldigung, aber-" "Hey", unterbrach Bakugo meinen Redeschwall. Er rückte etwas von mir weg, um mich ansehen zu können. Sachte wischte er ein paar Tränen weg die sich auf meine Wangen verirrt hatten. Ich blinzelte im Versuch sie zu unterdrücken. "Atme Kaminari. Es ist alles gut. Ich bin nicht wütend. Du hast versprochen es zu versuchen und das hast du. Ich bin stolz auf dich." Jetzt schaffte ich es nicht mehr ein Schluchzen zu unterdrücken und er presste mich wieder an sich. "A-aber ich hab aufgegeben. Ich-Ich bin in dieser Nacht zu Shinsou, weil ich gehofft hatte, dass er meine Erinnerrungen wieder hinter diesen dummen mentalen Riegel schieben könnte. Ich bin schwach." Wieder fuhr er mir sanft durch die Haare. "Du bist nicht schwach. Du musstest mehr Hürden überwinden, als die meisten andern und warst dennoch genau so schnell. Du hast es hierher geschafft und du hast es da durch geschafft und auch jetzt wirst du es wieder schaffen und wieder beweisen wie unglaublich stark du bist. Es ist okay, wenn man dabei ab und zu strauchelt und mehr als verständlich, wenn man sich dieser Scheiße nicht stellen will. Aber diesmal bist du nicht alleine, also bürde dir nicht alles auf und versuch da alleine durchzukommen. Verdammt, wofür bin ich denn da?"

Ich lachte leise und drückte mich näher an ihn. Dabei atmete ich seinen beruhigenden Duft ein. "Danke." Ich wischte mir die Tränen weg und schniefte. "Ich bin froh, dass du das so siehst." Ich lehnte mich etwas zurück und schenkte ihm ein vorsichtiges Lächeln. Er schnaubte. "Du musst das so sehen, Sparky." Dabei rubbelte er mir über den Rücken und drückte mich dann weg, zurück in die Kissen. "Hast du Hunger?" Ich öffnete den Mund, doch mein Bauch kam mir zuvor. Laut grummelnd beantwortete er die Frage. Bakugo presste die Lippen zusammen und stand kopfschüttelnd auf. "Warte, ich bin gleich wieder zurück." Er beugte sich nochmal zu mir und ich sah verwundert zu ihm auf. Er hauchte einen leichten Kuss auf meinen Scheitel und Wärme explodierte in meinen Wangen. Der emotionale Zusammenbruch und meine verquollenen Augen waren schlagartig vergessen, als ich puterrot und mit geweiteten Augen wieder ins Kissen fiel. "Bis gleich und du bleibst im Bett." Er warf mir noch einen mahnenden Blick zu bevor auch er aus der Tür verschwand und ich zum ersten mal seit gestern Nacht doch alleine war.

Ich starrte an die Decke. Vielleicht hatte er ja recht. Ich meine, ich hatte ja nicht wirklich damit gerechnet, das Ganze ohne Rückschritte zu überstehen. Gut, das war zwar ein ziemlicher Sprung in die falsche Richtung, aber nichts was ich nicht wieder aufholen konnte. Ich verkrallte meine Hände in der Decke, als ich sie zu Fäusten ballte und holte tief Luft. Okay: Bein heben, vorstrecken, abstellen, das andere Bein nachziehen. Schritt für Schritt. Ich konnte das.


Allen Anschein nach. Konnte ich es nicht. Flehend sah ich zu Recoverygirl. "Muss ich?" Sie hob in einer stummen Drohung ihre Krücke und ergeben nickte ich und verstärkte meinen Griff um die Stangen neben mir, als ich erneut schlurfend mein Bein nach vorne zog. Bakugo war in seiner Mittagspause wieder zu mir gekommen um seine Bemutterung von gestern fortzusetzen. Doch während ich seine Anwesenheit und vor allem seine Fürsorglichkeit gestern mehr als genossen hatte (das Katsudon war unfassbar lecker), warf ich ihm heute minütlich böse Blicke zu, wie jetzt, als er, kläglich, versuchte ein Lachen zu unterdrücken. Sein Räuspern klang so, als hätte sich eine Katze an einem Haarballen verschluckt. Bei seiner Ankunft hatte er zunächst einen Aufstand veranstaltet, als er bemerkte, dass ich nicht wirklich laufen konnte. Doch als Recoverygirl im Erklärte, dass dies lediglich an einer Versteifung lag, unter der meine Beine standen und dass ich, wenn ich sie täglich trainiere, schon nächste Woche wieder normal laufen könne, war mein Leiden schnell in sein Amüsement umgeschlagen. Meine Beine fühlten sich so an, als hätte ich den schlimmsten Muskelkater aller Zeiten. Ich biss mir auf die Zähne und wappnete mich für den nächsten Schritt.

Stöhnend kam ich am Ende der Bahn an und wollte gerade wieder umdrehen, als Recoverygirl sagte: "Das Reicht für heute. Ab ins Bett" und irgendetwas auf ihr Klemmbrett eintragend verschwand. Ich seufzte erleichtert auf und ließ erschöpft die Arme an meine Seite fallen. Großer Fehler. Sofort verlor ich das Gleichgewicht und sackte nach hinten weg. Zwei starke Arme umschlagen mich, bevor sich einer davon unter meine Knie schob und ich angehoben wurde. Bakugo lehnte sich vor und flüsterte: "Ständig muss ich zu deiner Rettung eilen, Prinzesschen." Ich boxte ihm spielerisch gegen die Brust und ignorierte mein laut pochendes Herz, als seine Lippen mein Ohr streiften. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und kuschelte mich fester an ihn. "Jaja, mein großer, starker Held. Was würde ich nur ohne dich tun?" Unsere Augen fanden sich. "Nähere Bekanntschaft mit dem Boden machen." Beantwortete er unnötigerweise meine rhetorische Frage. Ich verzog den Mund. Er grinste. "Und nicht zurück in dein Zimmer kommen." Er festigte seine Griff und lief zur Tür. Seine Possen bereits kennend, hielt ich mich stärker fest, als seine stützende Hand meinen Rücken verließ, um die Tür zu öffnen. "Dafür der Rollstuhl", bemerkte ich, während dieser, in der Ecke vergessen aus meinem Blickfeld verschwand. "Unnötig, wenn ich da bin." Ich feixte und ließ sein Gehabe nur zu gern über mich ergehen, als mich wieder sein vertrauter Duft einhüllte.

"Ab morgen treffen wir uns wieder in den Dorms." Erinnerte ich ihn, als er mich auf dem Bett ablegte. "Ich weiß", nickte er, während er die Decke über mir ausbreitet und mir mein Handy vom Nachtisch reichte. Ich grinste zu ihm hoch. "Vielleicht stell ich mich beim Training dumm an. Hieran könnte ich mich nämlich gewöhnen." Er hob eine Braue. "Erstens, tust du das schon." Ich schnappte (halb) schockiert nach Luft. "Und zweitens, wer sagt, dass ich damit aufhöre, nur weil du es selber schaffen könntest." Mein Mund klappte zu und Wärme breitete sich in mir aus. "Du bist ziemlich cheezy, weist du das?" Er zog die Lippen kraus. "Romantisch." "Kitschig." Er warf mir einen Blick zu und verschränkte die Arme. "Zum verlieben", versuchte er erneut. "Zum vergöttern", pflichtete ich ihm bei. Seine Wangen bekamen einen leichten Rotstich und mein Lächeln vertiefte sich. Er ließ sich auf meine Bettkannte sinken und nahm meine Hand. Sein Blick geisterte zur Uhr hinter mir und ich bekam schon einen Schmollmund bevor er meine Befürchtung aussprach. "Ich muss los." Ich stöhnte. "Aber du bist gerade erst gekommen und ich hatte kaum was von dir, weil ich die ganze Zeit unter Prügel hin und her laufen musste." "Eher kriechen." Bakugo zwinkerte mir zu. "Und ich hab jede Sekunde davon genossen." Erneut funkelte ich ihn böse an. "Weißt du was, vielleicht vermiss ich dich gar nicht zu sehr." Ich machte eine wegscheute Handbewegung. Er fing meine Hand ab und presste seine Lippen gegen meine Finge. "Ich werde jede Sekunde nur an dich denken." Mit diesen Worten stand er auf, um mich meinem entflammten Zustand selbst zu überlassen. Kurz bevor er verschwunden war, krächzte ich noch hervor: "Cheezy! Sag ich doch." Sein Lachen verhalte im Flur.

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