"Ich... ähm... tschuldigung", nuschelte ich schließlich, senkte den Kopf leicht und wollte an ihm vorbei.
Er lächelte schief und fragte schließlich "Ach quatsch, ich hätte besser aufpassen sollen, wo ich hinlaufe."
"Ist schon okay. Ich... Äh... Wollte eigentlich nur was trinken... Bis dann", murmelte ich vollkommen aus dem Konzept gebracht.
Sein Lächeln war einfach zu umwerfend.
"Was darfs denn sein?", grinste er. "Äh... Wasser?"
Er lachte leise, schnappte sich einen Plastikbecher und schüttete mir Wasser ein.
Ich brachte ein mühsames "Danke" hervor, als er mir den Becher hinhielt.
Seine Grübchen lenkten mich einfach zu sehr ab.
Er sah mich abwartend an, bis mir klar wurde, dass er darauf wartete, dass ich trank.
"Keine Angst, da ist kein Alkohol drin.", sagte er irgendwann schmunzelnd.
Peinlich berührt, setzte ich das Getränk an die Lippen und trank ein paar Schlucke.
"Ja, ich geh dann mal zu meinen Freundinnen zurück, die müssen hier irgendwo..."
"Willst du tanzen?", unterbrach er mich.
"Ich, ähm, im Prinzip schon, aber ich, äh, muss eigentlich...", stotterte ich.
"Okay, sagen wir, du darfst mir drei Fragen stellen, die ich dir ehrlich beantworte, egal wie bescheuert oder komisch sie sind, wenn du mit mir tanzt.", er lächelte mich entwaffnend an.
Ich riss mich zusammen und fragte "Woher willst du wissen, ob ich überhaupt etwas über dich wissen will?". Im gleichen Moment bereute ich die Frage, doch er antwortete grinsend "Reine Intuition."
Ich wurde rot. Sah man mir wirklich an, dass ich ihn mehr als nur ganz attraktiv fand?
Er hatte aber auch wirklich unverschämt schöne Augen, die von einem intensiven grün waren. Außerdem war er hoch gewachsen, muskulös, braun gebrannt und er hatte kurze, dunkelbraune Haare.
Zusätzlich zu seinem entwaffnenden Charme, besaß er auch noch ein hübsches Lächeln, mit unglaublich süßen Grübchen.
"Aber ich verstehe natürlich, wenn ein so hübsches Mädchen jetzt lieber zu ihrem Freund zurück möchte", erklärte er und sah mich mit verschmitzt funkelnden Augen an. Mir schoss schon wieder die Röte ins Gesicht.
"Ich habe gar keinen Freund", nuschelte ich verlegen.
"Na bestens, dann können wir ja tanzen, ohne das jemand Eifersüchtiges auf mich losgeht", sagte er grinsend.
Kurzerhand nahm er mir mein Getränk aus der Hand und stellte es auf den Tisch. Dann hielt er mir seine Hand hin.
Ohne zu wissen, was ich wirklich tat, griff ich nach ihr und ließ mich auf die Tanzfläche ziehen.
Er legte seine eine Hand um meine Taille und die andere hielt meine fest umschlossen. Doch sein fester Händedruck fühlte sich nicht unangenehm an, ganz im Gegenteil.
Leicht überrascht, dass er Standard mit mir tanzen wollte, legte ich meine Hand auf seine Schulter.
Sanft begann er mich im Takt der Musik über die Tanzfläche zu führen.
"Wie heißt du eigentlich?", wollte ich schließlich wissen.
"Ist das deine erste Frage?", fragte er grinsend.
"Nein."
"Dylan. Und du?"
"Ich dachte ich stelle hier die Fragen?", lachte ich und war froh, nicht mehr so nervös rumzustottern.
"Aber ich habs doch auch gesagt", meinte Dylan lächelnd und zog eine Augenbraue hoch.
"Alice. Aber mir ist Ally lieber.", erwiderte ich und wurde ein wenig rot.
"Schöner Name", sagte er und lächelte schon wieder.
"Dann schieß mal los", sagte er herausfordernd.
"Magst du das Meer?", fragte ich und musterte ihn.
"Ich liebe das Meer, aber es ist im Moment etwas... kompliziert."
Das verwirrte mich etwas. Wie konnte das bitteschön kompliziert sein?
Er zuckte mit den Schultern. "Das ist die ehrliche Antwort."
"Hmm. Wie alt bist du?"
"Gerade 21 geworden."
Erstaunt sah ich ihn an. Er sah jünger aus, eher wie 18.
"Dann alles Gute nachträglich.", erwiderte ich.
"Danke. Willst du nicht lieber irgendwas spektakuläres über mich wissen?", fragte Dylan schelmisch.
"Zum Beispiel?"
"Naja, ich könnte ein gesuchter Serienmörder sein. Oder vielleicht bin ich undercover für das FBI unterwegs.", meinte er geheimnisvoll.
Ich lachte. "Das glaub ich eher weniger."
"Bist du dir sicher?", er kniff die Augen zusammen und senkte die Stimme.
"Ja, um ehrlich zu sein schon."
"Gut, denn ich bin auch nichts davon.", lachte er.
"Dann noch eins: wo kommst du her, Dylan?"
"Ich wohne in...", begann er.
"Nicht wo du wohnst. Wo du herkommst. Bist hier geboren oder woanders? Wo bist du aufgewachsen?", definierte ich meine Frage genauer.
Er schien etwas verlegen.
"Sagen wir, hier in der Nähe."
Ich zog die Augenbrauen hoch. "Ich dachte, du wolltest ehrlich antworten."
Er betrachtete mich für einen Moment.
"Das könnte bei dieser Frage etwas dauern. Es ist eine lange Geschichte.", meinte Dylan schließlich.
"Ich hab Zeit.", lächelte ich.
Er seufzte leise.
"Gehen wir dafür aber an den Strand? Es ist etwas eng hier", fragte er.
"Klar, ich muss nur noch meine Schuhe ausziehen", erwiderte ich ohne zu überlegen.
Er warf einen Blick auf meine High Heels und prustete los.
"Ja, dass würde ich auch vorschlagen. Wie halten Mädchen das bloß aus? Nerven euch die Absätze nicht?"
"Doch", seufzte ich, löste meine Hand aus seiner und ging zurück zu den Getränken.
"Meine Freundin Jessica hat sie mir aufgedrängt."
"Achso", sagte er und schaffte es nicht, sein Grinsen zu verbergen.
Ich verdrehte die Augen und öffnete die Riemen an meinen Schuhen.
Erleichtert zog ich sie aus und rieb meine schmerzenden Füße.
"Huch, was machst du denn auf einmal da unten?", grinste er frech.
"Hey, klein zu sein hat auch seine Vorteile.", verteidigte ich meine Grüße sofort.
"Ach", sagte er und versuchte verzweifelt ernst zu bleiben.
"Ja, man findet auf jeden Fall einen Mann, der größer ist als man selber, man kann solche Schuhe anziehen ohne vollkommen bescheuert auszusehen und man findet auf jeden Fall ein Bett, dass nicht zu kurz ist.", erklärte ich würdevoll, musste aber doch Lächeln.
"Ich bring sie kurz ins Auto und dann können wir zum Strand", ohne eine Antwort abzuwarten, hastete ich eilig los.
Am Auto angekommen, atmete ich erst mal tief durch. Ich warf die Schuhe auf den Rücksitz, schloss ab und ging langsam zu Dylan zurück.
Als wäre es ganz selbstverständlich griff er nach meiner Hand und schlenderte mit mir zu den Dünen hinüber.
Das Schilf schnitt mir in die Beine und der Sand war hier ein wenig rau, aber das war mir egal.
Ich war zu sehr damit beschäftigt mein viel zu schnell klopfendes Herz zu beruhigen und gleichzeitig Dylans Geschichte zu lauschen.
"Ich bin hier ganz in der Nähe mit meiner Mutter und meinen zwei jüngeren Geschwistern aufgewachsen. Mein Vater ist gestorben, als ich noch klein war."
"Das tut mir Leid.", sagte ich leise.
"Ist in Ordnung. Ich kannte ihn ja kaum.", er machte eine Pause. Wir waren jetzt weiter über den Strand gelaufen und schlenderten am Wasser entlang.
"Aber davor, also bevor wir hierhergezogen sind, haben wir auf einer... Insel gelebt. Ich weiß nicht mehr auf welcher und meine Mutter redet auch nicht gern darüber, aber ich weiß noch, dass wir ganz nahe am Wasser gelebt haben.
Da waren immer riesige Wellen, manchmal so hoch, dass meine Mutter mir nicht mal erlaubt hat, einfach nur barfuß durchs Wasser zu laufen.
Und auf einmal waren wir... hier und mein Vater war... weg und meine Mutter hat tagelang geweint und ich als vierjähriger hatte keine Ahnung, was los war. Mein Bruder war gerade zwei geworden und meine Schwester noch ein Baby.
Als wir älter waren, nahm meine Mutter uns einmal mit zu seinem Grab.
Und seitdem leben wir hier.
Hier bin ich groß geworden. Habe Schwimmen gelernt,", an dieser Stelle lächelte er ein wenig bitter, "bin zur Schule gegangen.
Vor drei Jahren kam mein Onkel und wollte, dass ich mit ihm käme, er hätte einen Studiumsplatz und alles.
Er hat sich immer sehr um uns gekümmert. Aber ich wollte lieber hier bleiben und jetzt arbeite ich als Schwimmlehrer und Rettungsschwimmer.
Mein Onkel war sehr wütend auf mich, dass ich sein Angebot einfach abgeschlagen habe.
Jetzt muss ich mein Studium, für das ich mit 18 noch nicht bereit gefühlt habe, selbst finanzieren. Ich hatte ja schon immer vor zu studieren, nur habe ich damals etwas Zeit gebraucht und außerdem musste ich doch meiner Mutter helfen. Meine Geschwister hatten gerade eine schlimme, pubertäre Phase.", er grinste mir zu und verdrehte die Augen. "Mein Onkel hat es aber etwas zu persönlich genommen, mich als undankbaren Bengel abgehakt und ist gegangen. Er hatte mir hatte mir gar nicht richtig zuhören wollen..." Gedankenverloren blieb Dylan stehen und starrte auf das mondbeschienene Wasser.
"Das mit deinem Onkel tut mir Leid. Aber das mit dem Schwimmlehrer ist doch gut. Klar man verdient jetzt nicht so extrem viel. Ich liebe es aber zu Schwimmen und einfach im Wasser zu sein. Du nicht?", begann ich, einfach um irgendwas zu sagen.
Dylan sah wieder mich an und irgendetwas lag in seinem Blick, dass ich nicht ganz beschreiben konnte.
"Doch. Das Meer ist etwas besonderes...", murmelte er.
"Und was ist mit dir?", fragte er schließlich.
"Ich bin hier aufgewachsen, habe einen kleinen Bruder und eine große Schwester. Wir haben schon immer hier gelebt.
Ich liebe das Meer über alles und gehe eigentlich jeden Tag hier an den Strand zum Schwimmen.
Ich bin Senior an der High School hier in der Stadt und nächstes Jahr will ich vielleicht studieren oder erst mal nur arbeiten... Ich weiß noch nicht...", erzählte ich rasch, weil ich viel lieber mehr über Dylan wissen wollte.
"Das klingt schön", meinte er leise, sah aber irgendwie traurig dabei aus.
Nachdenklich sah er mich an.
Dann, ganz langsam, breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.
Seine grünen Augen schienen sogar jetzt, im Dunkeln zu strahlen.
Ich versank in seinem Blick und meine Knie wurden weich.
Mir war es, als könnte ich plötzlich bis tief in seine Seele sehen und ein leichter Schauer lief mir den Rücken hinunter.
Ewig standen wir so da und sahen uns einfach nur an.
Hand in Hand.
Wellen spülten den Sand von unseren Füßen und das Meer rauschte ganz leise im Hintergrund.
Langsam hob Dylan die Hand und strich mir damit übers Gesicht.
Dann ließ er seine Finger auf meiner Wange verharren.
"Ich muss jetzt gehen.", flüsterte er leise.
Ich nickte leicht, rührte mich aber nicht.
Auch Dylan stand ganz still.
Ich wagte kaum zu atmen, als er sich hinunterbeugte.
Ich schloss die Augen.
Ich spürte wie er ganz sachte meine Stirn küsste.
Mir wurde warm und in meinem Magen flatterten 1000 Schmetterlinge.
Dann löste er seine Hand aus meiner.
Als ich meine Augen öffnete, war er verschwunden.Okay, ein etwas längeres Kapitel :)
Voten und Kommis bitte nicht vergessen :)
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The sound of the sea
FantasíaDas Meer flüsterte meinen Namen. Es rief mich zu sich und ich wollte, nein, ich musste dem Ruf einfach folgen. Barfuß rannte ich über den warmen Sand, direkt auf das im Mondschein glitzernde Wasser zu. Die Wellen rauschten leise und ich konnte meine...