Amor Greengrass

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Schlaf ist schon was Schönes. 

Ich meine, diese Nacht hatte ich leider nur ein paar Stunden davon, aber als ich am nächsten Morgen auf dem wirklich bequemen Ledersofa aufwachte, fielen die Sonnenstrahlen auf mein Gesicht. 

Ohne die Augen zu öffnen, kuschelte ich mich nochmal in die Decke. Aber die störende Sonne blendete mich wirklich arg. 

Moment – Sonnenstrahlen? Im Kerker? 

Jetzt riss ich voller Schreck die Augen auf und blickte in ausdruckslose, dunkle Augen. Eine mir sehr wohl bekannte Slytherin-Schülerin war mir mit ihrem an der Spitze leuchtenden Zauberstab unangenehm nahe gekommen. 

Daphne Greengrass war aus der Entfernung ja schon nicht unbedingt hässlich, zumindest, wenn sie nicht gerade mit Pansy Parkinson durch die Schule streifte und wehrlose Kinder tyrannisierte. Aber nun war ihr Gesicht nur etwa dreißig Zentimeter von meinem entfernt, denn sie beugte sich geradewegs über mich. 

Daphnes sanfte Augen und Mundpartie standen im Kontrast mit ihren hohen Wangenknochen, ihr aschblondes Haar, welches zugegebenermaßen wahrscheinlich gefärbt war, war nicht strohig und kinnlang wie bei ihrer Freundin Pansy, sondern fiel ihr in gepflegt aussehenden Locken den Rücken hinunter. An ihrem Hinterkopf wurde es von einer silbrigen Haarspange zusammen gehalten. Sie war äußerst adrett gekleidet, zumindest war ihre Schuluniform frisch und ohne Falten, und ein leichter Duft nach Maiglöckchen ging von ihr aus. 

Was dieses nahezu künstlerisch perfekte Bild zerstörte, waren die dunklen, zusammengezogenen Augenbrauen – und der Zauberstab, mit dem sie mir beinahe schon in der Nase popelte. 

„Öhm, hi, äh, also, ich kenn dich, du bist doch Daphne! Daphne Greengrass! Wir, äh, wir haben Geschichte der Zauberei zusammen!" Mann, was laberte ich hier bitte für einen Dreck. 

Daphne sah immer noch misstrauisch drein. 

„Ginevra Weasley, richtig. Ich frag mich, was du hier machst. Ich wüsste nicht, dass wir uns zum Unterricht verabredet haben, und auch wenn – jetzt ist eigentlich erst Frühstück. Also, zumindest in einer Viertelstunde. Ich wollte vorher noch einen Spaziergang machen. Wieso bitte liegst du auf unserem Sofa? In unserem Gemeinschaftsraum?"

 „Mir... war kalt? Und... unser Schlafsaal war mir gestern Nacht leider... nun ja, nicht zugänglich." 

„Aber wie bist du denn hier reingekommen." Erstaunlicherweise wirkte Daphne, als sie mich dies fragte, nicht mal wütend oder als ob sie mich zu Hackfleisch verarbeiten wollen würde (was ich mir bei Pansys Freundinnen eigentlich als Norm gedacht hatte). 

Darum antwortete ich mit gefestigter Stimme: „Man hat mich reingelassen." 

„Wer? Mit wem bist du reingekommen? Ich meine, du bist ja offensichtlich eine Gryffindor." Und obwohl dieser Satz nicht nett gemeint sein konnte, wirkte Daphne doch überhaupt nicht abwertend. 

Mir wurde bewusst, dass ich immer noch komisch eingerollt auf dem Sofa lag, deshalb richtete ich mich schnell auf, fuhr mir einmal durch die Haare, dann stand ich auf, zupfte an meinen Klamotten, die immer noch dieselben wie die von gestern Abend waren, und legte die Kuscheldecke ordentlich zusammen. 

Daphne stand neben mir, murmelte kurz „Nox", worauf das Licht an ihrem Zauberstab erlosch (so dunkel war es gar nicht, also bitte), verschränkte die Arme und schien noch immer eine Antwort zu erwarten. 

„Muffoy", murmelte ich unverständlich, und zupfte noch ordentlicher an den Ecken der Decke rum. Die mussten perfekt übereinander liegen! 

Und außerdem wollte ich Daphne nicht ansehen müssen. 

„Bitte was?" 

„Malfoy hat mich reingebracht, also, mir war kalt weil ich auf dem Gang schlafen musste, und dann meinte er, ich kann hier pennen. Also für ein paar Stunden." 

Aus einem mir unverständlichen Grund fingen Daphnes Augen an, begeistert zu leuchten. 

„Wie süß!", quietschte sie, ich hingegen verzog das Gesicht und begab mich auf den Weg zur Tür. 

„Naja, wie auch immer, dann geh ich mal zum Frühstück..." 

„Nein! Warte!" 

Daphne hing sich an meinen Arm wie diese nervigen besten Freundinnen aus amerikanischen Muggel-Highschool-Filmen. Fehlte nur noch dass sie mir von einem blonden Idioten namens Josh vorschwärmte, in die mein Charakter (natürlich die unscheinbare, Schüchterne) verliebt wäre. 

Hilfe, holt mich hier raus! 

Aber Daphne begann, davon zu schwärmen, wie unfassbar romantisch verbotene Liebesgeschichten doch sind, wie süß Malfoy und ich zusammen wären und überhaupt. 

Meine ungläubigen Blicke schienen sie anscheinend nicht zu kümmern, oder sie bemerkte sie einfach nicht. 

Ich kannte sie erst seit ein paar Minuten, aber ab jetzt war Daphne Greengrass wohl mein persönlicher Amor. 

Bei Merlins Unterhose!


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698 Wörter

Ich wünsche euch noch einen schönen 2. April!

story of a red-gold scarf || drinnyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt