Prolog

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Neinneinneinenein, ich kann nicht schon wieder zu spät sein. Das kann ich mir nicht leisten. Nicht noch einmal. So schnell ich konnte bog ich um die Ecke und schon kam das Drecksloch von Hotel in Sicht, das gleichzeitig auch mein Arbeitsplatz war. Blöder Job, dumme Kollegen, schlecht bezahlt, aber ich brauchte das kleine bisschen Geld, das ich bekam.

Ich lief in die klemmende Drehtür rein und fiel fast hin. Mit dem ersten Atemzug, merkte ich wieder einmal, dass der Chef sich keine Belüftung leisten konnte. Ich hustete und schleuderte die schlechte Luft von meiner gereizten Lunge hinaus. Rita, die Zicke, die die kaum vorhandenen Gäste ihre Zimmerschlüssel gab, also an der Rezeption stand, begrüßte mich mit einem "gerade noch geschafft Hope". Müde erwiderte ich ihr spöttisches Lächeln und lief geradewegs an ihr vorbei, um meine Karte abzustempeln.

Ironisch, dass mein Name Hope ist. Meine Eltern hatten ihn mir gegeben, weil ich ihre einzige Hoffnung war, denn eigentlich hätten sie gedacht keine Kinder bekommen zu können. Aber leider enttäuschte ich sie ziemlich, als ich mit 15 schwanger wurde und sie schmissen mich raus. Nach zwei Monaten verlor ich das Baby und mein damaliger Freund verließ mich. Also hatte ich keine Eltern, keine richtige Schulausbildung, nicht einmal ein ordentliches Dach über dem Kopf. Aber ich möchte jetzt nicht jammern. Ist ja alles meine Schuld.

Kaum hatte ich mir meine Arbeitskleidung angezogen, ging ich wieder nach vorn zur Rezeption und fragte Rita, ob wir Gäste hatten. Tatsächlich war jemand so blöd und ging auch nur in die Nähe dieses Drecksschuppen. "2. Stock, Zimmer 56", las Rita von dem Reservierungsbuch vor und gab mir den Zweitschlüssel. Seufzend drehte ich mich um und machte mich auf den Weg zur Treppe. Ich hätte zwar auch den Fahrstuhl nehmen können, aber wenn ich schon Selbstmord begehen möchte, würde ich mir etwas Besseres einfallen lassen. So langsam ich konnte schlenderte ich die Stufen hoch. Im zweiten Stock angekommen, ging ich nach links. Nur jedes zweite Licht funktionierte und manche flackerten einfach nur, dass ich glaubte irgendwann Epilepsie zu bekommen.

Zimmer 56 lag in der Nähe der Treppe und in ein paar Schritten stand ich davor. Aus Höflichkeit klopfte ich an und erwartete eigentlich eine Antwort. Da ich keine bekam, öffnete ich die nicht verschlossene Tür und trat in das Zimmer. Überall lagen Klamotten und Zetteln herum. Ich seufzte nochmal auf und machte mich an die Arbeit die Hoodies aufzusammeln. Nachdem ich die Zetteln, wie ich erkannte beschriebene Notenblätter, auf einen Stoß gelegt und das Bett gemacht habe, entdeckte ich ein paar Gitarren in der Ecke. Sie erinnerte mich an die Zeit, wo ich selbst noch gespielt habe. Aber ich musste meine leider verkaufen, um an ein bisschen Geld zu bekommen. Ich betrachtete die Gitarren noch eine Weile und stellte fest, dass es ein paar besonders schöne Exemplare waren, die alle einen höheren Wert andeuteten. Wenn sich jemand solche Instrumente leisten konnte, warum ließ er sich in einem Null-Sterne "Hotel" nieder?

Lustlos schnappte ich mir die Gummihandschuhe und machte mich auf dem Weg ins Bad. Außer der Rost, der sich überall in das Keramik und das Metall eingeschnitten hatte, war es ziemlich sauber. Trotzdem machte ich mich daran das Waschbecken zu schrubben und pfiff dabei ein ermunterndes Lied. Als ich mit allem fertig war, marschierte ich wieder aus dem Zimmer und ging Richtung Treppe. Kurz bevor ich auf die erste Stufe stieg, hörte ich wie jemand eine Tür öffnete. In der Hoffnung einen Blick auf diesen mysteriösen Gast zu erhaschen drehte ich mich um. Aber das einzige was ich zu Gesicht bekam waren leuchtend orangene Haare, bevor die Tür wieder zuflog.

Give me love (Ed Sheeran FF)Where stories live. Discover now