Kapitel 12

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Immer noch wütend, aber fassungslose starrte ich ihn mit offenen Mund an. Die brennende Wut in meinem Bauch wandelte sich in verzweifelten Schmerz um. Ich schluckte eine fiese Beleidigung gefolgt von einigen Schimpfwörtern hinunter und zwang mir ein Lächeln auf.

Klar war das nicht unbedingt die Beziehung, die ich mir vorgestellt hatte - Trostpflaster zu sein steht nicht unbedingt auf meiner Wunschliste - aber immerhin hatte ich so ein Bett für die Nacht und ein Dach über dem Kopf. Also es konnte wirklich schlimmer sein.

Er sah mich hoffnungsvoll an mit diesen durchdringenden Augen, diesen perfekten blauen Augen, die mich an das Meer während eines Sonnenaufganges erinnerten, die so aussahen, wie ein strahlend blauer Himmel an einem sonnenbeschienen Frühlingstag - was in London herrlich selten vorkam - aber vor allem erinnerten sie mich daran, wieso ich eigentlich hier war. Was ich mit Ed machte. Warum ich nicht ging, sondern an seiner Seite blieb. Sie erinnerten mich an diesen ersten Moment, wo ich ihn das erste Mal ins Gesicht gesehen hatte und diese Augen mich gefangen hatten und mich bis jetzt gefesselt hielten.

"Also, Ed, „ ich holte tief Luft, um mir noch etwas Zeit zu geben, mir einen sinnvollen Satz einfallen zu lassen. „ Ich werde dir helfen, oder zumindest bei dir bleiben, weil ich nicht wirklich eine Psychotherapeutin bin", murmelte ich während ich ausatmete.

Seine Lippen formten ein Lächeln, erleichtert über meine Antwort. Ich lächelte zart zurück, fühlte mich aber betrogen und verletzt.

Einige Sekunden lang herrschte betretenes und ziemlich peinliches Schweigen, welches ich nicht bereit war zu brechen. Ich starrte in der Zwischenzeit auf den sonnenbeschienen Fleck zwischen unseren Füßen. Viel zu sehr vertiefte ich mich in die Physik der Sonne, wie sie den kleinen Schatten warf, sodass ich zurücksprang, als ich eine Hand an meiner Wange verspürte.

Ed schaute mich mit genauso großen Augen an, bevor er über meine Schreckhaftigkeit leise gluckste.

Er kam abermals näher, bis unsere Lippen nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Flüchtig drückte er einen Kuss auf meinen Mund, drehte sich aber sofort wieder weg, als wäre ihm das unangenehm. Widerwillig schnaubte ich, wobei ich sicherging, dass er es bestimmt hörte.

Wieder vergingen quälende Sekunden des Schweigens, wobei diesmal ich es war, die die Stille unterbrach.

"Lass uns zurück ins Studio gehen und diesen Song fertig bekommen", schlug ich vor. Er nickte zustimmend, froh darüber, dass ich das Thema gewechselt hatte.

Ed ging vor mir vor und zeigte mir diesmal einen anderen Weg, welcher sehr viel offener war, trotzdem aber sich keine Menschenseele zeigte. Auf halben Weg blieb er plötzlich stehen und wartete darauf, dass ich auf seiner Höhe war. Meine Hand wurde von seiner größeren in Schutz genommen und so spazierten wir Hand in Hand zurück zum Studio.

Es fühlte sich ziemlich komisch an, vor allem nach diesem Gespräch. Aber dies war jetzt sozusagen mein Nebenjob.

Der Spaziergang zurück kam mir um einiges kürzer vor und schon bald kam das Studio in Sicht. Schweigend betraten wir das Gebäude und waren schon vor dem Raum, in dem wir den Vormittag verbracht hatten.

"Bereit wieder rein zu gehen?" fragte Ed, darauf bedacht, nicht zu laut zu sprechen. Ich nickte, wenn auch nicht begeistert und stieß die Türe auf. Diesmal drehte sich keiner nach uns um. Außer den zwei Tontechnikern, befand sich nur Stuart noch im Raum.

Alle drei hatte Kopfhörer auf und beschäftigten sich offensichtlich mit dem Lied. Erst als Ed sich neben Stuart stellte und sich auch ein Paar aufsetzte, wurde er bemerkt. Augenblicklich wurde das Lied vergessen und alle Aufmerksamkeit richtete sich auf den Rotschopf.

Give me love (Ed Sheeran FF)Where stories live. Discover now