Kapitel 1

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"Was weißt du eigentlich über den Typ im zweiten Stock. Eigentlich der einzige, der hier ist?" Rita sah mich spöttisch an. In ihrem dreckblauen Augen spiegelten sich ihre Eitelkeit und ihr Hochmut wieder. Ihre dunkelblonden Haare hatte sie zu einem unordentlichen Dutt zusammengebunden. Auf ihren Mund hatte sie knallroten Lippenstift geschmiert, wodurch sie aussah wie eine Nutte.

"Was willst du denn von dem?" fragte sie. "Was sollte ich von ihm wollen?" stellte ich die Gegenfrage. Mit zusammengekniffenen Augen sah sie mich vorsichtig an. Dann holte sie das Gästebuch hervor und schlug die passende Seite auf. "Hier bitte. Mr. Sheeran. Hat im Voraus für einen Monat bezahlt." Ich nickte dankbar und drehte mich wieder von ihr weg. Müde setzte ich einen Fuß vor dem anderen, meine Augen wanderte über die Tapete, die in dunkelgrün und pink gehalten war. Die billige Wanduhr zeigte schon kurz vor Fünf an, was für mich Feierabend bedeutete.

Doch statt dass ich mich umzog und in mein ungeliebtes Zuhause zurückkehrte fand ich mich vor Zimmer 56 wieder. Ich weiß nicht was, aber irgendetwas machte mich neugierig. Vermutlich war es schon allein die Tatsache, dass ich ihn noch nie zu Gesicht bekommen habe. Da ich nicht wusste, was ich machen sollte, rutsche ich an der Wand neben der Tür nieder bis ich am Boden saß. Meine Knie zog ich, sodass ich meine Stirn darauf legen konnte.

Nach ein paar Minuten war immer noch nichts passiert. Und selbst wenn er heraus kommen würde, würde es schwer zu erklären wieso ich vor seinem Zimmer saß. Mit einem Ruck richtete ich mich auf und wendete mich zum Gehen. Leise Gitarrenklänge ließen mich innehalten. Keine zehn Sekunden später erklang hinter der verschlossenen Tür eine kräftige Stimme. Wie versteinert blieb ich stehen, während ich der wunderschönen Stimme lauschte. Er traf die Töne perfekt, spielte mit den verschiedenen Tonlagen, tanzte mit der Lautstärke. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen er ist ein gesangliches Genie. Um besser hören zu können, schloss ich meine Augen und genoss die Melodien. Plötzlich aber hörte ich Schritte, die näher zur Tür kamen und um eine peinliche Konversation zu vermeiden suchte ich lieber schnell das Weite.

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Als ich also am nächsten Tag zur Arbeit kam, machte ich mich wieder auf den Weg zu dem Zimmer. Ich war extra vorsichtig, obwohl es keinen Sinn ergab, weil jeder normale Mensch annahm, dass ich nur meinen Job machte. Nachdem ich mich vergewissert habe, dass niemand in der Nähe war, schloss ich die Tür und sammelte das erste Blatt auf. Mit einer krakeligen Schrift war der gesamte Zettel vollgeschrieben auf der Rückseite standen die dazugehörigen Noten. Schnell überflog ich das Geschriebene:

You and I, two of a mind, this loves of a kind

You and I, we're drifting over the edge

and I'll fall for you

and I'll fall for you

and if I fall for you, would you fall too?

You and I, we're learning to speak with kisses on the cheeks

You and I, we're lifting over the edge

and I'll fall for you

and I'll fall for you

and if I fall for you, would you fall too?

Nach der Reihe sah ich mir alle Texte an. Alles Liebeslieder, instrumental von einer Gitarre begleitetet, manchmal in Begleitung mit Klavier oder einem sanften Schlagzeuggetrommel. Über dem Text standen die Akkorde. In meinen Fingerspitzen kribbelte es, mein Blick flog zu den Zupfinstrumenten in der Ecke. Die Verlockung war zu groß um zu wiederstehen und so schnappte ich mir eine von den vielen, in der Ecke stehende Gitarre. 

Give me love (Ed Sheeran FF)Where stories live. Discover now