30. Neue Wege

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Plötzlich setzten sich die Jäger und Relard in Bewegung. Ihre Schritte kamen direkt auf mich zu.

Panisch blickte ich mich um. Ich stand immer noch auf der Metalltreppe, rechts und links von mir das Geländer und der Abgrund. Ich hatte keine Möglichkeit, mich zu verstecken. Gleich würden sie mich sehen. Ich begann, wie von der Tarantel gestochen die Treppe herunterzurennen.

„Hey, wer ist das?", hörte ich sie rufen. Sofort waren sie hinter mir her und sausten ebenfalls die Treppe runter.

„VERVE!", ertönte Relards wütender Schrei, „Es ist eine von mir! Eine Werwölfin. Sie hat alles gehört. Wir müssen sie töten."

Ich rannte so schnell, dass ich fast kollabierte. Und ich nahm 5 Stufen auf einmal. Dann hörte ich ein lautes krachendes Geräusch hinter mir. Ich kannte dieses Geräusch. Relard hatte sich in seine Wolfsform verwandelt. Gerade erreichte ich ein neues Stockwerk. Ich wusste, dass Relard mich erreichen würde, wenn ich weiter auf der Treppe blieb. Er war zehnmal schneller als ich und konnte ein Stockwerk in zwei Sprüngen nehmen. Also stieß ich eine Tür neben mir auf, in der Hoffnung, sie würde in einen Gang führen. Doch ich befand mich in einem Büro. In einer Sackgasse. An der gegenüberliegenden Wand sah ich etwas aufblitzen. Ich hechtete über den Schreibtisch, gerade als Relards Wolf zähnefletschend durch die Tür kam. Draußen brach ein Tumult aus. Doch ich hatte keine Zeit, mich darum zu kümmern. Relard setzte zum Sprung an und hob ab. Er flog genau auf mich zu, die spitzen Krallen auf meine Kehle gerichtet. Mit einem wilden Schrei riss ich das Säbel von der Wand, das dort als Zierde gehangen hatte. Mit beiden Händen fest am Griff hielt ich es schützend vor mich. Blut spritzte mich voll, als Relard auf der Klinge landete und mit einem markerschütternden Jaulen daran herunterrutschte. Der Säbel wurde vom riesigen Wolfskörper zu Boden gerissen. Gebannt starrte ich auf das Massaker vor mir, unfähig, mich zu bewegen.

Als ich ein Geräusch an der Tür hörte, begann ich, meinen Kopf zu heben. Ares stand im Türrahmen, in seiner Wolfsform. Hinter ihm konnte ich Wölfe unseres Rudels erkennen, die in Kampfhandlungen eingebunden waren. Die Anspannung fiel schlagartig von mir ab, als ich in seine Augen blickte, und ich sackte zusammen.

⋰˚☆⋰˚☆

Als ich wieder zu Bewusstsein kam, spürte ich meinen Mate bei mir. Mein Herz wurde warm und ich blinzelte, um meine Augen wieder klar zu bekommen. Er saß neben mir im Bett und beobachtete mich.

„Sag mir, dass das nur ein Albtraum war!", flehte ich, während ich zu ihm hochblickte.

Er strich mir mit den Fingern über die Wange.

„Tut mir leid, aber ich kann dich nicht anlügen.", murmelte er mit einem zarten Lächeln.

Mir war noch etwas schummrig im Kopf, aber ich stützte mich auf, um mich neben ihn an das Kopfteil des Bettes zu lehnen.

„Ich habe ihn umgebracht.", flüsterte ich tonlos.

„In Notwehr.", berichtigte er mich, „Aber ja, er ist durch deine Hand gestorben. Alpha Relard hat nicht nur unser Rudel sondern auch sein eigenes belogen und hintergangen. Und du hast ihn getötet, den Alpha."

Ich blickte in seine leuchtend grünen Augen.

„Du hast den Alpha getötet, Verve.", wiederholte er mit eindringlichem Blick.

Ich starrte ihn nur wie gebannt an, während die Bedeutung dessen langsam in mein Gehirn sickerte.

„Das heißt, dass du die neue Alpha deines Rudels bist.", half er meinen Gedanken auf die Sprünge.

Nachdem ich die Nachricht endlich verdaut hatte, seufzte ich niedergeschmettert. Ich war unbeabsichtigt die Alpha meines alten Rudels geworden! Wie ironisch konnte mein Leben bitte werden?

„Es wird keine zwei Tage dauern, dann wird mir jemand anderes aus dem Rudel den Platz streitig machen und mich umbringen wollen. Ich habe gegen ihre Wolfsform keine Chance.", murmelte ich.

„Das wage ich zu bezweifeln. Jeder weiß, wenn er meine Luna anfasst, ist er ein toter Wolf.", meinte er mit ruhiger Stimme.

Ich verbarg den Kopf in meinen Händen.

„Ich bin rein gar nicht dafür gemacht, ein Rudel anzuführen!", klagte ich verzweifelt, „Ich bin leise und ängstlich und niemand hat Angst vor mir. Alphas sehen so aus wie du und nicht wie ich.", schlussfolgerte ich.

Er schob eine Hand unter mein Kinn und hob es an, um mir in die Augen sehen zu können.

„Körperliche Stärke und Bedrohlichkeit macht die meisten zum Alpha. Aber machen sie einen automatisch zu einem guten Alpha? Ich denke Relard ist das beste Gegenbeispiel. Es gibt so viele andere Arten, auf die man ein Rudel gut führen kann. Deinem Rudel würde eine besonnene Anführerin guttun. Nach dem, was Relard ihnen angetan hat, muss ihr Vertrauen wieder aufgebaut werden. Sie brauchen jemanden, der ihnen zuhört, der ihnen ein gutes Gefühl gibt, der pflichtbewusst ist und nicht selbstsüchtig."

Nachdenklich kaute ich auf meiner Unterlippe herum.

„Ich weiß nicht...", gab ich zu.

„Versuch es!", drängte er.

Ich lächelte ungläubig, dann blickte ich ihn entschlossen an.

„Also gut, ich werde es versuchen. Aber wenn sie mich ohne Zwang nicht akzeptieren, werde ich kampflos abtreten.", stellte ich klar.

„Das klingt nach einem vernünftigen Plan.", meinte er.

Er legte seinen Arm um mich und zog mich zu sich ran.

„Und falls du Nachhilfe im Angsteinflößendsein brauchst, ich stehe dir gerne zur Verfügung.", raunte er in mein Ohr.

Ich schnaubte lachend. Dann legte ich meinen Kopf auf seiner Schulter ab.

„Also bist du dann in deinem Revier mein Alpha und ich deine Luna und auf meinem Revier bin ich deine Alpha und du mein Luna?", fragte ich ungläubig lächelnd.

„Die Wege der Göttin sind unergründlich.", murmelte er in mein Haar und küsste mich.


⋰˚☆⋰˚☆ The End⋰˚☆⋰˚☆





Hallihallo allerliebste Lesende,

hier auch mal ein kurzes Lebenszeichen der Autorin persönlich :3

Das war das große Finale meines kleinen Büchleins. Von hier an müssen Ares und Verve wohl alleine mit ihren zwei Rudeln klarkommen. Aber ich denke, die beiden bekommen das schon hin irgendwie! Jedenfalls können sie sich immer aufeinander verlassen :) Dass es genau 30 Kapitel werden war gar nicht geplant, aber es ist ne schön runde Sache, finde ich! Ich hoffe, es hat euch gefallen. Ich hatte jedenfalls sehr viel Spaß beim Schreiben! Lasst gerne Kommentare und/oder Sternchen da.

Ansonsten wünsche ich euch noch einen schönen Tag, der mit -tag endet oder einen schönen Mittwoch...was schreibe ich da für einen Blödsinn?...irgendwie können sich die Personen in meinen Geschichten besser ausdrücken als ich selbst...naja, wie dem auch sei...ich kann mich so schwer von der Geschichte lösen...deswegen schreibe ich hier noch irgendein Zeug...aber jetzt ist auch mal gut...bis dann!

Eure

InWatercolor

Alpha und Omega - Die Wege der GöttinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt