Kapitel 5

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Zwei Wochen sind vierzehn Tage oder 336 Stunden, dassele wie 20160 Minuten. In der Schulzeit verflogen die Ferien, welche zwei Wochen dauerten, wie im Flug. Aber nun ähnelte es einem Fegefeuer, wo etwas wie Zeit nicht existierte. Er war so lange nicht mehr hier. Eigentlich müsste ich mich wieder freuen, schließlich ist meine Welt wieder im Normalzustand. Ich bin wieder Tadashi, ohne Gefühlsprobleme und Unsicherheit. Ich sollte Leben.

Und wie zu Beginn der kleinen Reise prasselte wieder Regen gegen die Scheibe. Die Tropfen flossen im Wettbewerb runter. Kaum eine Menschenseele war im Café und genau diese Zeit liebe ich. Diese Ruhe ist einfach herrlich.
Ich strich mir durch die Haare. „Es war ein Nervenkitzel und nun muss ich mich wieder an den Alltag gewöhnen", murmelte ich müde. Es ist 21:13 Uhr und das heißt, dass mein Tag sein Ende findet. Ich kann auch langsam alles Nötige wieder wegräumen. Ich holte aus einem Schrank hinter der Theke eine Dose raus, in welches ich dann die zwei übriggebliebenen Muffins reinlegte. Ich bin müde. In den letzten zwei Wochen konnte ich wieder Energie tanken und mich wieder auf mich einstellen. Meine letzten Prüfungen in der Uni verliefen sogar besser als gedacht und ich bin froh, dass er weg ist. Ich bin froh, obwohl meine Sehnsucht nach ihm sucht.

„Entschuldige, aber schließen sie jetzt schon? Meine letzte Vorlesung endete vor einer Stunde und ich bin schnell hergekommen." Mein Herz raste wieder. Ich sah auf und erblickte ihn.
Sein Brustkorb hebt und senkte sich schnell. Seine Wangen waren gerötet. „Sind sie gerannt?" Ein Nicken. „Ich kann für sie ein Tee kochen. Nehmen sie ruhig platzt", meine Stimme versagte fast. Und wieder bin ich an diesem Punkt angekommen. Nie hätte ich die Kraft dazu, ihm zu sagen, dass er bitte gehen soll. Ich schaffte das nicht als Tadashi Yamaguchi und auch nicht als Tadashi Watanabe. Ich drehte mich von ihm weg und ging in die Küche, um Wasser aufzusetzen. Tränen flossen über meine Wange, wie der Regen an den Scheiben. Ich will normal leben können, kann das nicht aufhören? Wieso tu ich mir das an. Ich werde nie die Gefühle an ihm verlieren, aber das ist keine Liebe mehr, sondern pures Gift für meine Seele. Es ist das schlimmste Rauschmittel, welches ich kenne. Ich wischte die Tränen weg, als ich wieder zu ihm in den Laden trat.

„Ich mache ihnen einen Tee. Haben sie weitere Wünsche?"
„Ja, können sie zwei Tassen grünen Tee bringen und vielleicht zwei Gebäcke ihrer Wahl." Das aller erste Mal bestellte er für zwei Personen. Hat er eine Begleitung, aber wenn ja, wo ist sie? Mein Herz zog sich zusammen. Ich muss das fragen. „Eine Begleitung?" „Ja, könnte man so sagen." Ich nickte und verschwand. Wer könnte ihn hier aufsuchen um diese Uhrzeit? Ist es jemand, den ich kenne? Vielleicht einer aus unserer Schulzeit? Oder doch ehr jemand aus der Uni, schließlich ist er sofort von da hierher aufgebrochen. Ich schluckte meinen Kloß runter.
Tadashi, das ist sein Leben und nicht deins. Es darf dich nicht so sehr interessieren.

Die Tassen und die zwei Muffins waren auf einem Tablett, welches ich bis zu ihm bilanzierte. Eigentlich stellte das nie ein Problem da, doch meine Müdigkeit macht mir mit jeder Sekunde mehr zu schaffen und der Fakt, dass er hier ist, zieht mich noch weiter auf den Boden. „Ihre Begleitung ist noch immer nicht eingetroffen", stellte ich fest, als ich das Tablett auf den Tisch stellte. „Nein, er ist schon längst eingetroffen", er stand auf und ging auf den gegenüberstehenden Stuhl zu, welchen er näherschob, „setzten sie sich bitte." Mein Körper gehorchte.
„Ich hinterließ ihnen einen Zettel, wo ich klar ausdrückte, dass ich ihre Gesellschaft haben möchte. Zwei Wochen sind schon verfangen, leider konnte ich nicht früher kommen. Ich hatte vieles zu erledigen, darum bin ich erst so spät aufgetaucht. Aber es ist gut, dass es so spät ist. Es kommen keinen neuen Gästen und sie schließen auch demnächst", sprach er und sah mich an. „Haben sie heute Zeit?" So hatte ich ihn noch nie erlebt, obwohl ich ihn so lange kannte. Er hat sich doch verändert. Wie soll ich reagieren „Ich mag ihr Café. Ich wohne schon lange nicht mehr in dieser Stadt. Meine gesamte Kindheit spielte sich hier jedoch ab und auch meine Jugend, aber wegen einem Ereignis bin ich wie ein Schwächling geflohen. Aber eines Tages bin ich zurückgekommen und lief hier die Straße entlang, dann fand ich diesen Ort. Nirgendwo fühlte ich mich wohler." Er lächelte. „Sie scheinen eigentlich nicht wie ein Mensch, der so vieles einem Fremden anvertraut", merkte ich an. So warst du noch nie, Kei. „Ich war noch nie fasziniert über einen Menschen. Egal wie lange ich einige Menschen kannte, nie wuchs ein unermessliches Interesse. Aber als ich das erste Mal hier rein trat und sie erblickte, keimte etwas auf. In kürzester Zeit wuchsen dieses Interesse und ich konnte nichts anderes tun als es zu akzeptieren. Sie sind wie ein geheimnisvolles Buch, was auf den ersten Seiten schon seine Schönheit bewies. Ihre Handlungen sind immer elegant. Und in ihrer Umgebung baut sich eine Atmosphäre auf, die alles Schlechte vernichtet. Sie sind das interessanteste Buch, welches ich je in die Hand nahm. Der Fakt, dass so vieles noch unklar über sie ist, reizt mich noch mehr. Diese Tatsache verstand ich in den zwei Wochen, darum scheinen sie für mich nicht wie ein Fremder, sondern wie ein Menschen nach dem ich ein halbes Leben lang gesucht habe. Sie spornten mich ohne irgendwelche Worte an und brachten in mir Dinge zu den Vorscheinen, die ich selbst nicht kannte. Ihr Lob über meinen Block in einem meiner Spiele war wirklich anspornend, vielen Dank. Sie haben mich leben lassen und etwas verarbeiten lassen. Dank ihnen konnte ich etwas langzurückliegendes endlich loslassen." Ich wollte zum Sprechen ansetzten.

„Bitte sag erstmal nichts, sonst mach ich einen Rückzieher. Hör mir erstmal zu." Er hat das Siezen gelassen. „Der Laden hat jetzt offiziell geschlossen, willst du alles abschließen und mit mir dann spazieren gehen? Aber nur, wenn du keine Angst hast mit einem Fremden zu gehen." Ich nickte und stand auf. „Das Geschirr räume ich später weg. Wir können gehen, wenn sie möchten...", erwiderte ich. Stärke, Willenskraft und Arbeit waren von Nöten, um ein neues Ich zu kreieren, aber nun war alles bedeutungslos. Watanabe hat keine Kraft mehr und verlor wieder einen Kampf. Das Fünkchen, welches ich so lange verdrängte, übernahm wieder die Macht über die Handlungen. Yamaguchi handelt und fühlt in seiner Nähe, ich kann nichts anderes tun als dieser Situation meine Hingabe zu geben. Ich bin gefangen in meinem eigenen Körper, ein Gefängnis, welches ich mir selbst schuf. Ich fühle mich wieder wie sechszehn. Er warf sich elegant den braunen Mantel über, während ich schnell eine Jacke aus meinem Zimmer holte. Mein Kopf kann nicht mehr arbeiten.

„Der Regen hat aufgehört", kommentierte Tsukishima die Nacht. Sterne funkelten im tiefen Schwarz, so als wollen sie mit dem Ausmaß des Mondes konkurrieren. „Bitte folg mir und hör mir zu", bat er mich. Mehr als ein Nicken kann ich nicht hervorbringen. Es herrscht Windstille draußen auf den Straßen. Wann war ich das letzte Mal draußen unterwegs und das dann noch mit einer weiteren Person? Ich erinnere mich nicht. „Vor einigen Jahren gestand mein bester Freund mir seine Liebe. Ich war erschrocken, denn es fühlte sich an als würde man mir den Boden unter den Füßen wegziehen. Nicht die Tatsache, dass wir beide Jungen sind, sondern die Tatsache, dass er so ein Gefühl für mich empfinden konnte, erschrak mich zu Tode. Ich erwiderte es nicht, natürlich nicht, weil ich eben solche Gefühle nie empfand. Er war ein Sonnenschein durch und durch. Er hatte klare Ziele vor Augen und war sonst eine wahre Frohnatur. Er war ein Kontrast zu mir, darum lernte ich ihn nie lieben und floh daraufhin nach Sendai. Der Kontakt brach ab und ich verlor ihn. Nach einiger Zeit verdrängte ich ihn immer weiter in mein Inneres und baute unterbewusst Schuldgefühle auf, die du mir nahmst. Ich dachte immer, dass ich seltsam und gefühlslos bin, aber als ich die kennenlernte, fand ich die Seiten, die ich meinem ehemaligen besten Freund nie zeigen konnte. Durch dich fand ich meine menschliche Seite und ich bin dir dafür dankbar." Er hatte mich wirklich nicht geliebt. Er verstand mich nicht.

„Hier passierte es." Diesen Ort kannte ich gut genug. Hier verbrachte ich Sommernächte und glühende Tage, natürlich immer mit ihm. Darum wählte ich damals diesen Ort, um meine Gefühle ihm zu zeigen. Und nun finden wir uns wieder hier, doch die Rollen sind getauscht. „Ich kenne nicht mal deinen Namen, doch ich weiß ganz genau, was ich für dich empfinde. Du hast meinem Leben neuen Ausdruck gegeben. Vor vielen Jahren gestand ein Junge hier mir seine Liebe und nun möchte ich dir heute meine Liebe gestehen. Ich weiß einfach, dass du zu mir passt und du der Mensch bist er mich verstehen kann in dieser grauen Welt. Mein damaliges Ich würde über mich lachen, aber es ist die Wahrheit. Ich liebe dich, auch wenn wir Fremde sind. Bitte verrate mir deinen Namen. Bitte sprich."

„Sie lieben mich, ohne mein wahres Ich zu kennen. Also wie können sie jemanden lieben, ohne zu wissen, wer er ist?"
„Ich hatte eigentlich nachgefragt, wer du bist, gerade wollte ich eine Bestätigung von dir. Aber ich weiß, dass du Tadashi Watanabe bist. Du bist was Besonderes, du ähnelst mir so sehr und dennoch beinhaltest du etwas von meinem besten Freund. Du ähnelst ihm."
„, Weil ich er bin! Yamaguchi Tadashi, der Junge, den du nie lieben konntest. Wegen dir wurde ich zu dem. Ich wollte nie so sein, wie ich jetzt gerade bin. Ich veränderte mich, damit ein Fünkchen von dir in meinem Leben weiterleben konnte und genau in dieses Resultat hast du dich verliebt und nicht in mein wahres Ich! Wie du sagtest, ich bin ein Kontrast zu dir, welches du niemals lieben könntest! Mein wahres ich, was ich hätte bleiben können, starb hier vor vier Jahren!"

Farbe viel aus seinem Gesicht. Seine Welt brach diesmal zusammen. Alles lag in Scherben. Jetzt weißt du, wie es damals für mich war. Du spürst jetzt diese Hölle, welche ich durchlaufen musste. Er ließ mich damals vollkommen aufgelöst stehen und ging. Nun bin es der einen kehrt machte und den Ort verließ. Der Unterschied zwischen den Episoden liegt darin, dass meine Schulter nicht schmerzen, mein Herz leichter ist und ich lächeln kann.

Nach all den Jahren konnte ich wieder ehrlich und zufrieden lächeln. Ich kann ihn endlich loslassen.

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ENDE

green teaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt