Das wohl nervigste Abonnement

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Erna und Sponk sind wieder da. Also eigentlich waren sie ja nie komplett weg. Aber jeder mit psychischen Erkrankungen wird das kennen. Es gibt gut und weniger gute Tage. Ich würde sagen, ich habe eine schlechte Woche und ich freue mich schon auf das Ende. Das Ding ist, es gibt so viele mögliche Auslöser und ich weiß leider nicht, ist es nur das eine oder alles miteinander verbunden als quasi riesiger fieser Feuerball. Ich hatte eine Zeit lang echt meine Ruhe, also verhältnismäßig. Nach der Kündigung meines Jobs ging es mir zuerst besser. Klar, ich hatte eine Pause von dem ganzen Stress. Nur jetz im Moment, wie ich versuche langsam in den neuen Job reinzukommen, wird es wieder komplizierter. Das ist normal, sagt jeder, auch meine Therapeutin und trotzdem fühle ich mich wie der größte Versager, weil ich letztens in der Mittagspause geweint habe. Keiner hats gesehen, trotzdem ist es für mich unangenehm. Also hier noch weitere Theorien:

- mein Partner und ich waren vor ca. zwei Wochen für 4 Tage weg, im Urlaub, war ein Städtetrip, schon da ging es mir nicht gut. Also hat das das ganze System gecrasht

- die Vermutung meines Partners: Ich arbeite nur jeden 2. Tag (zum Glück!) In Kombination mit den Osterfeiertagen hatte ich dadurch fast eine Woche frei und musste gestern zum ersten Mal arbeiten. Wieder wie ein Neueinstieg.

- Mein Partner studiert noch. Nicht weit entfernt. Nur eine Stunde. Und, das ist der Punkt, der mich am meisten Überwindung kostet zu schreiben, weil ich es hasse. Ich bin zu sehr von ihm abhängig. Kaum, dass er gefahren ist, ging es mir schlechter. Mit Panik, Herzrasen und Heulattacken. Ich kann aber auch einfach nicht gut alleine sein. Daran arbeite ich aber. Zum Beispiel in dem ich das hier schreibe und mich dadurch selbst ein bisschen analysiere.

Heute ist Donnerstag, ich muss morgen noch einmal sechs Stunden arbeiten, dann habe ich Wochenende. Ich würde lügen, hätte ich nicht jetzt schon Muffe vor morgen. Ich bekomme - da ich noch am Anfang bin - jeden Tag neue Patienten. Noch ist also nicht mal annähernd eine Routine drin. Typischer Trigger für Angst und Panik. Ich habe mich jetzt schon heute echt viel abgelenkt. Ich war spazieren, habe Ordnung gemacht und Wäsche gewaschen und nun sitze ich hier und schreibe. Zwischendurch habe ich geweint, aber das war okay. Es ist ja an sich nicht schlimm zu weinen. Mir fällt es momentan schwer mich auf Tätigkeiten einzulassen auch, wenn sie mir Spaß machen. Eben das Schreiben oder das Lesen, aber ich glaube Spazieren gehen war heute das schwierigste für mich. Der Klassiker, wenn ihr mich fragt.

Update: meine Freundin war eben noch bei mir, zwar nur eine Stunde, aber es war das schönste, das mir heute passiert ist. Sie hat mich für eine Stunde aus meinem Loch gezogen und ich hab mich leichter gefühlt. Danach gab es natürlich Tiefpunkte. Ich habe Sport gemacht und dabei Musik gehört. Das löst meistens etwas in mir aus. Wenn ich mich gerade nicht so gut fühle, rühren mich viele Lieder zu Tränen. Auch, wenn ich mit ihnen wundervolle Erinnerungen verbinde. Vielleicht aber auch ein bisschen deswegen, ich habe die Erinnerungen, in die ich gerade nicht zurück kann. 

Ich weiß nicht, vielleicht werde ich ein Leben lang mit meiner Depression und Angststörung, verzeihung Erna und Sponk leben. Ich glaube es sogar. Ich denke es wird immer wieder Hochs und Tiefs geben. Sie werden unterschiedlich lang dauern. Ich hatte ja schon mal zwei Jahre lang ein hoch und danach wieder zwei Monate intensive Tiefs. Aber auch heute, wie es mir miserabel geht und ich dieses "mach doch einfach was, werde aktiv" nicht mehr hören kann, weil es mich ankotzt und es manchmal einfach nicht geht, ist mir wieder mal klar, es muss kein großes Ding sein. Es reichen die kleinen Schritte, um wieder ein Stück näher zum alten Ich zu finden. Denn das ist da auch, wenn es mir gerade mit traurigen Augen und gebundenen Händen zulächelt, weiß ich, dass es bei mir ist. Es braucht nur Hilfe, denn alleine kann es sich nicht von seinen Fesseln befreien. Und manchmal sind die Fesseln eben Handschellen, zu denen ich nicht auf Anhieb den Schlüssel finde.

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⏰ Last updated: Apr 21, 2022 ⏰

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Depression ist ein Arschloch und Angststörung ihr kleiner BruderWhere stories live. Discover now