Kapitel 2

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"Niemand gehört niemanden. Das ist Freiheit." -Josh

-Freya-

In den Gängen der Brown High-School trieben sich ganze Völkergruppen herum. Mal Hippies, dann Punks, die Nerds und die Sprachler und ganz vorne die VIPs. Und wie es aussah herrschte hier wohl eine Diktatur. Ich war kurz davor auf dem Absatz wieder kehrt zu machen. Wie gut das ich Jack hatte, der mich notfalls davon abhalten würde. Nein, dass war in diesem Fall wohl eher schlecht. Also blieb mir wohl nichts anderes übrig, als mich bis zum Sekreteriat durch zu kämpfen, was viel einfacher sein würde, wenn ich etwas größer wäre. Tja, "Shit happens", hätte Henry an dieser Stelle gesagt. Henry. Eine Welle des Verlustes überrollte mich. Er hätte bestimmt gewusst was man tun muss, er wusste es immer. Als ich Florida verließ -mehr oder weniger freiwillig- hatte er mehr als einmal versucht mich zu erreichen. Ich hatte schon oft den Gedanken gehegt ihn zurückzurufen, ließ diese Idee aber wieder fallen. Was sollte ich ihm sagen? Ich konnte ihm nicht sagen wo ich bin. Ich konnte ihm nicht sagen was passiert ist. Ich wollte aber durfte nicht. So einfach war das. Aber egal wie sehr ich versuchte nicht daran zu denken, immer wenn ich einsam, frustriert oder am Ende war, dachte ich an ihn. Wir waren, seit wir zwei Jahre alt waren, die aller besten Freunde. Henry und ich waren nie getrennt gewesen seit dem, wir sahen uns jeden Tag und wir vertrauten einander. Ich wollte so gern seine Stimme hören, aber ich durfte nicht. Das wäre zu gefährlich, sagte Charly und ich wollte um jeden Preis, dass es Henry gut ging. Ganz egal ob ich ohne ihn zerbrach oder nicht.

Jackson und ich erreichten das Sekreteriat und er stieß die Tür auf. Mir kam eine Duftwolke entgegen, sodass ich würgen musste. So viel zum ersten Eindruck, dachte ich genervt.
Es stand eine ründliche, kleine Frau hinter dem Tresen und lächelte uns an. "Ihr müsst Jackson und Freya Hamilton sein!" Sie streckte uns die Hand entgegen und aus reiner Höflichkeit schüttelte ich sie sogar. "Das Kollegium freut sich so euch hier begrüßen zu dürfen!" Okay, nicht das was ich erwartet habe. Ich weis nicht genau, was ich überhaupt erwartet habe. Jedenfalls nicht so etwas gruseliges. An Jacks Gesicht erkannte ich, dass auch er verwirrt schien, sich jedoch nicht aus der Fassung bringen ließ.
"Wir wurden hierher gebeten um unsere Kurspläne abzuholen. Ich nehme an, sie haben schon alle anderen Unterlagen von uns erhalten?", fragte er. Wie eh und je ein Gentleman in jeder Situation. Ms. Hunter -wie ich ihrem Namensschild entnahm- strahlte ihn an. Gut gemacht Jackson. "Aber natürlich! Ich bin sofort wieder da, nicht weggehen!", rief sie und trampelte zu einem anderen Raum, der dem Sekretariat anlag.
"Ich mag es hier nicht", sagte ich wahrheitsgemäß.
Ich mochte es hier nicht.
"Wenn wir die Leute besser kennenlernen, werden wir es bestimmt mögen." "Wenn du aufhören würdest, dir das einzureden, kannst du zugeben das du keine Leute mögen wirst und es hier nicht magst." "Freya", warnend blickte er mich an. Oh ja, dass konnte er besonders gut. "Was? Ich mag es hier nicht." Bevor das zu einem Streit kommen konnte, kam Ms. Hunter wieder, jede Hand mit Unterlagen beladen. Wie schnell ich wohl hier raus kam? Sie legte die Kurspläne vor uns ab und fuchtelte mit den Händen herum. "Eigentlich sollte euch jemand zugewiesen werden, der euch für zwei Wochen begleitet, damit ihr euch besser integrieren könnt aber anscheinend gibt es hier ein paar Probleme", erklärte sie. Aha, wir waren also auf uns gestellt.
"Machen Sie sich keine Umstände, Ms. Hunter, wir kommen schon alleine zu Recht, nicht wahr Freya?", lächeld sah Jack zu mir rüber. "Klar", meinte ich, wieso auch nicht. Ist ja nicht so, dass ich nicht weiß wo ich hin muss und er auch nicht, aber wir kriegen das schon hin, dachte ich mir.
Als erstes hatte ich Philosophie und Jack nicht, was bedeutete ich musste alles alleine machen. Ich suchte meinen Raum und ging durch verschiedene Korridore.

Eins, zwei, drei, vier Schritte. Die Wände kamen immer näher, die Stimmen wurden immer lauter. Zweiundzwanzig, dreiundzwanzig, vierundzwanzig, fünfundzwanzig. Ich bog um die Ecke. Noch siebzehn, dann habe ich es geschafft. Schrie, so viele Schreie, alle auf Einmal. Zehn, neun, acht, ich bin gleich da, gleich ist alles vorbei. Fünf, vier, drei, zwei, eins, die Tür war zu. Nein! Nein das durfte nicht sein! Nein. "Freya, komm zu mir." Nein, die Tür soll aufgehen, sie muss einfach aufgehen. Schweißgebadet rüttelte und drehte ich am Knauf. Meine Hände rutschten ab. "Freya."

"Freya!" Jackson sah mich besorgt an. Ich war wohl anscheinend im falschen Trakt. "Alles okay, ich habe nur kurz meine Orientierung verloren." Das was nicht mal gelogen.

Ich könnte auch einfach umdrehen und abhauen, dachte ich missbilligend, riss mich jedoch zusammen und klopfte an.
Die Stimme im Raum verstummte kurz. "Herein!", wurde ich angeherrscht. Ganz nette Begrüßung. Ich betrat das Kurszimmer. "Aha, Sie müssen die Schülerin aus Florida sein. Wie ist Ihr Name?" "Freya Hamilton", antwortete ich eingeschüchtert. "Ms. Hamilton, Sie sind zu spät und es ist mir egal, dass Sie neu sind, Sie hätten sich besser organisieren sollen. Wenn Sie jetzt bitte Platz nehmen würden anstatt meinen Unterricht aufzuhalten. Es gibt durch aus Leute, die etwas lernen wollen. Wenn Sie also so freundlich wären. Herzlichen Dank." Ich war perplex. Der Kurs fing leise an zu kichern. Ich wusste nicht wo ich hin sollte, ich wollte hier weg. So eine demütigung hatte ich nicht erwartet. Was hatte der Typ für ein Problem?
Ich setzte mich an den letzten freien Tisch hinten in der Reihe, neben ein Mädchen mit Brille und Zahnspange.
Alle fingen zu tuscheln an, alle redeten über mich, lachten leise. "Ruhe!", schrie der Lehrer der mich begrüßt hatte. Sie verstummten sofort. So viel zur Einschüchterung.

Nachdem ich leise meine Sachen ausgepackt hatte, versuchte ich mich auf den Unterricht zu konzentrieren. "Alle Menschen streben von Natur nach Wissen",sage der Kursleiter,"das sagte einmal Aristoteles. Eure Aufgabe ist es nun diesen Satz zu analysieren. Ihr findet ihn in eurem Buch, unter der Überschrift: Metaphysik 1, 980 a." Ich schlug das Buch auf und las mir den Phers noch einmal durch. "Mr. Allington ist gar nicht so schlimm, wie du wahrscheinlich denkst", flüsterte meine Sitznachbarin. Das Grauen hatte also auch einen Namen. Wirklich interessant. "Ich bin Grace", stellte sie sich vor.

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