Kapitel 9

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"If you never try,
You'll never know." -unknown

-Freya-
Ich lag in meinem Bett und hörte die Playlist, die mir Henry zum letzten Geburtstag geschenkt hatte. Das tat ich fast jeden Abend und wenn ich die Augen schloss, konnte ich mir vorstellen wie wir all die Dinge taten, als wir gemeinsam diese Lieder hörten. Es waren gute und schlechte Erinnerungen, aber vor Allem waren es Erinnerungen, die ich niemals weggeben würde. Ich war so in die Melodien versunken, dass ich gar nicht mitbekam, wie mein Dad mein Zimmer betrat.
Er rüttelte mich sanft an der Schulter, sodass ich die Augen aufmachte und daran erinnert wurde, dass alles so war, wie es niemals sein sollte.
Seufzend zog ich die Stöpsel aus meinen Ohren und setzte mich auf. "Was gibts denn Daddy?", fragte ich müde.
"Wollen wir uns gemeinsam ein Spiel angucken?", fragte er vorsichtig.
Charly liebte Football und ich habe ihm früher immer verboten ohne mich ein Spiel anzusehen.
Das war schon immer unser Ding gewesen.
"Wenn du nicht willst, ist das okay, dass kann ich verstehen", meinte Charly traurig. Anscheinend hatte er meinen Gesichtsausdruck falsch gedeutet. "Nein, nein, wir können das gerne zusammen dorthin Daddy." Lächelnd gab er mir einen Kuss auf die Stirn. Ich wusste nicht ob ich die Antwort gegeben hatte, die er wollte. Denn die Frage war ein Schritt zurück in die Normalität und ein Weiterer weg von meiner Mutter. Ich wusste wie schwer ihm das alles viel und wollte ihm helfen.
"Na gut, in 20 Minuten fahren wir los.", sagte er zum Schluss und ging nach unten.
Ich stand auf und ging zu meinem Schrank. Es war Sonntag Abend und den kompletten Vormittag und teilweise auch Nachmittag hatte ich mit lernen zugebracht. Ich wollte wieder so gut sein wie früher und der Stoff, den wir behandelten, war gar nicht mal so schwer. Das einzige was mir Sorgen bereitete war Philosophie. Aber ich glaubte das läge eher am Lehrer als am Fach selbst. Ich tauschte meine Jogginghose und Schlabberpullover gegen Jeans und T-Shirt. Sicherheitshalber zog ich mir darüber noch eine schwarze Fleece-Jacke. Meine Haare steckte ich zu einem unordentlichen Knoten zusammen, denn sie zu bändigen würde unendlich viel Zeit und Geduld kosten, die ich im Moment nicht besaß. Schnell räumte ich alles weg, was rumlag und machte mein Bett. Das war alles Gewohnheit, aber es fühlte sich anders an.
So leer.
Ich atmete einmal tief durch, wie Mum mir das immer gezeigt hatte und ging nach unten.
Die Stufen knarzten an einigen wenigen Stellen und das Geräusch war so laut in dem stillen Haus, dass ich zusammenzuckte. Die kahlen Wände schienen so trostlos und ich beschloss, morgen nach der Schule einige Bilder aufzuhängen.
"Freya? Bist du fertig?", rief Charly von unten. "Ich komme schon!"
Ich hastete den Gang runter und wäre beinahe über unsere Türschwelle gefallen. "Langsam.", meinte Dad als er mich am Ellenbogen auffing. "Danke, Dad. "

Die Fahrt verlief ruhig und keiner von uns beiden redete viel.
Wir hielten vor einer riesigen Sporthalle, auf einem überfüllten Parkplatz und beides kam mir sehr bekannt vor. Der Lärm und die Musik dröhnte und ich wettete man hörte es noch über zwei Kilometer hinweg. Wir stiegen aus und ich machte mich zum zweiten Mal auf zu den Gängen der Brown High-School, bloß das es diesmal zum Eingang der Sporthalle ging. Wir wurden von tanzenden Cheerleadern abgefangen, die uns übermotiviert Zettel in die Hände drückten und durch die Türen schoben. Oh mein Gott, vielen lieben Dank, ich hätte niemals alleine die Tür aufbekommen. Genervt verdrehte ich die Augen.
Was für eine Kindershow.
Ich blickte mich um und sah, dass Charly schon auf dem Weg zu freien Plätzen war, die er entdeckt hatte. Ich folgte ihm und versuchte dabei niemanden anzurempeln oder gar zu berühren. Mein eigentlicher Gedanke, als Dad mich fragte ob wir zu einem Football Spiel fahren, war das wir zu einem Stadion fahren werden und um uns ein richtiges Spiel ansehen und nicht so etwas.
Enttäuscht setzte ich mich neben ihn und nahm die Coca Cola entgegen, die er mir anbot.
Das Spiel hatte noch nicht begonnen aber fast alle Sitzplätze waren vergeben. "Ich schätze hier sind 920-950 Zuschauer", überlegte Charly als hätte er meine Gedanken gelesen. Ich stimmte ihm zu, es war unglaublich voll.
Mein Handy vibrierte in meiner Hosentasche und ich zog es heraus. 2 neue Nachrichten. Eine von Jackson in der stand, dass er uns viel Spaß beim Spiel wünschte und eine von Grace. Ich antwortete Jack und öffnete dann due andere Nachricht.'Schön, dass du auch hier bist, ich wusste gar nicht, dass du Football begeistert bist, sonst hätte ich dich eingeladen. Guck mal nach links!' Ich tat was mir geschrieben wurde und entdeckte Grace links neben einem Getränkestand. Sie winkte mir fröhlich zu und lächelte so breit, dass mal überdeutlich ihre Zahnspange sehen konnte. Ich lächelte zurück und sie bedeutete mir, dass sie hinüber zu uns kam. Es dauerte eine Weile, bis Grace uns erreichte, da sie immer zur Seite gestoßen wurde, von Leuten, die sie ausversehen anrempelte.
Schnaubend schüttelte ich den Kopf.
Manche Menschen waren einfach nur wilde Tiere.
"Hallo!", sagte Grace, völlig aus der Puste, als sie und endlich erreichte. Mein Dad drehte sich überrascht nach ihr um. "Hi, ich bin Grace, eine Freundin von Freya", stellte sie sich vor und reichte ihm die Hand. Verwirrt ergriff er diese. "Ich bin Charly, ihr Vater." Nickend nahm sie das zur Kenntnis und setzte sich neben mich. "Alles in Ordnung bei dir?", fragte sie. "Alles gut, bei dir auch?" Wieso muss alles mit Small-Talk beginnen? "Selbstverständlich", gab sie zurück. Aus dem Augenwinkeln sah ich, wie die Cheerleader die Türen schlossen. Alle Plätze waren besetzt und das Maskottchen betrat die Halle. Lautes gebrüll ertönte und alle klatschten in die Hände. "Das ist Beer",erklärte Grace, "Die Spieler sind allesamt Alkoholiker",lachte sie, "Und da es ein Braunbär ist und viele Europäer nicht den Unterschied zwischen beer und bear kennen, nannten sie ihn einfach Beer, weil dieser ein bear ist."
Wirklich äußerst kreativ. Nicht.
Ich habe nie den Sinn von Maskottchen verstanden, meiner Meinung nach, waren sie unnötig und blamierten sich selber. Die Spieler betraten das Feld und aus Gejohle und Gebrülle wurden laute Rufe und Schreie. "Das sind unsere Spieler", bestätigte Grace meine Vermutung. Auch eine Mannschaft in Grün betrat das Spielfeld. Nun ertönte von den Fans der Gegenmanschaft laute Rufe und Gebrüll.
Weiß gegen grün.
Unsere Cheerleader liefen auf unsere Spieler zu, hielte an, drehten sich zum Publikum um und machten ihre Sprünge, Drehungen und Verrenkungen, was ihnen einen lauten Applaus beschaffte. Lächeld hüpften sie an den Spielern vorbei, warfen ihnen Kussmünder, sexuelle Andeutungen und verliebte Blicke zu und verschwanden in eine Ecke um auf ihren nächsten Einsatz zu warten. Wiedereinmal verdrehte ich die Augen. Offensichtlicher ging es wohl nicht. Ein lautes, schrilles Pfeifen ertönte und es wurde blitzartig still. Alle warteten gespannt auf den Anpfiff des Schiedsrichters und Beginn des Spieles. Auch Dad lehnte sich gespannt nach vorne, sogar Grace schien konzentriert.

Der Pfiff ertönte.
Das Spiel begann.

-Lucas-
Die Umkleiden rochen muffig und nach Schweiß. Die Jungs waren Nervös und einige, meiner Meinung nach, etwas übermütig. Wir hatten ein Paar neue Spieler, die in dem Moment ziemlich unter Druck standen und das sah man ihnen auch an.
Besonders einem.
"Hey, Alex!", rief ich und kletterte über die Bank um zu ihm zu gelangen. Zitternd drehte er sich zu mir um. Ich sah die Schweißperlen auf seiner Stirn, aber nicht vor Anstrengung. "Alles okay bei dir?", fragte ich. Die Frage war mehr als überflüssig gewesen, ich wusste, das es ihm nicht gut ging und trotzdem versuchte Alex dies zu wiederlegen. "Mir geht es super und dir?" Ich hörte seinen schnellen Herzschlag und wusste das er log. "Keine Panik", überging ich seine Frage, "das ist ein unbedeutendes Spiel und die von der United High-School sind keine ernstzunehmenden Gegner. Das wird nicht so schwer, diese zu besiegen.", redete ich ihm ins Gewissen.
Alex war ein guter Junge und obwohl er menschlich war, sah ich großes Potenzial in ihm und mochte ihn.
"Und wenn wir verlieren, dann verlieren wir eben. Gewinnen ist nicht alles." "Oh doch wir werden gewinnen", unterbrach mich Derek, "und wenn du nicht dein Bestes gibst, hast du hier nichts verloren und wenn wir durch deine Fehler verlieren, hast du hier ebenfalls nichts verloren, kapiert?", fragte er schroff. Wütend schlug ich mit der Faust gegen einen Spind, sodass dieser sich leicht nach innen bog und Alex erschrocken zurückwich. "Halt deinen Mund Derek", knurrte ich wütend, "Er hat noch nicht so viel Spielerfahrung wie wir, er ist 15, stell ihn nicht unter Druck!" "Wir werden schon sehen, wer wen unter Druck stellt", meinte dieser nur, zwinkerte uns zu und lief auf das aus den Umkleiden zum Feld. Ich drehte mich noch einmal zu Alex um, der einige Schritte zurückgewichen war. Ich holte tief Luft um mich zu beruhigen. "Hör nicht auf ihn, du packst das", sagte ich ruhig. "Danke, Luc", gab er zurück. Schell zog mir mein Trikot über und machte mich auch auf den Weg zu den anderen Spielern. An der Tür drehte ich mich nocheinmal nach Alex um. "Kommst du?" "Ja sofort, du kannst schon mal vorgehen." Ich zuckte mit den Schultern und betrat das Spielfeld.

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