Kapitel 11

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'The world doesn't make sence,
So why should I paint pictures that do?' -Pablo Picasso

-Lucas-
Ich weiß nicht, warum ich sie mitgenommen hatte. Eigentlich hätte ich sie alleine laufen lassen sollen und hoffen, dass man kidnapped. Das wäre eindeutig eine bessere Zukunft als die, die sie haben würde, wenn man herausfindet wer sie war.
Als Alex auf dem Feld zusammengebrochen war, wusste ich, dass etwas nicht stimmte. Später ist er verschwunden und ich habe ihn in der Halle gesucht. Als ich dann Hilfeschreie vernahm, sprintete ich hin, ohne zu überlegen. Ich wusste, dass es um Alex ging, ich hatte bloß nicht erwartet, dass das Mädchen mit den roten Haaren diejeniege wäre, die gerufen hatte.
Vielleicht hatte ich überreagiert aber ich wollte absulut nichts mit ihr zu tun haben, damit wenn die Situation außer Kontrolle gerät, ich nicht mit ihr verbunden werde als Komplize.
Am Besten fahre ich schnell und ungesehen zu ihr, setze sie ab und fahre dann wieder zurück.
Ohne Stau hätte die Fahrt nach Chiswick 40 Minuten gedauert, aber die Welt hasste mich anscheinend.
"Stau.", flüsterte sie. "Danke", gab ich gereizt zurück, "hätte ich fast nicht gemerkt." Sie konnte nichts dafür, dass sie so ist, wie sie nunmal ist, aber ich wollte nicht, dass sie einen Freund in mir sah.
Wir fuhren noch ein kleines Stück bis das Auto vor uns seinen Motor ausschaltete. Die Straße wurde abgesperrt, sodass ich weder wenden, noch weiterfahren konnte. "Scheiße.", sagte ich wütend und schlug gegen mein Lenkrad. Das Mädchen zuckte zusammen und schnallte sich ab. Ich tat es ihr gleich und wir beide stiegen aus.
So war es nunmal, wenn ich einmal etwas gutes tun wollte.
Ich wurde gleich bestraft.
Ich ging ein paar Meter vor und wieder zurück. Freya lehnte am Auto und schaute dem Spektakel zu. Freya, dachte ich. Ich erinnerte mich wieder daran, dass Grace meinte, sie hieße so.
"Ich komme gleich wieder", meinte sie und ehe ich antworten konnte, war sie schon weg. Ich sah wie sie auf einem Autofahrer zusteuerte, wahrscheinlich um nachzufragen was los war. Dumm ist sie nicht.
Ich setzte mich stattdessen auf die Motorhaube und wartete einfach ab.
Das konnte etwas länger dauern.

-Freya-
Eigentlich wollte ich das nicht, aber der Junge schüchterte mich total ein. Ich hatte so viele Dinge im Kopf, die ich ihm sagen wollte und nicht alle davon waren nett, aber etwas in mir hielt mich zurück. Ich hatte gehofft, schnell und ohne Komplikationen nach Hause zu kommen, doch der Stau war wohl unvermeidbar gewesen. Statt rumzustehen und zu warten, wollte ich etwas unternehmen. "Ich komme gleich wieder", sagte ich zu dem Jungen und ging weiter nach Vorne.
Mein Ziel war ein Autofahrer der aussah als wüsste er, was los war. Das Hupen und Schimpfen ignorierte ich und tippte dem Mann auf die Schulter. "Entschuldigen Sie bitte", sagte ich so ruhig wie es ging. "Könnten Sie mir sagen, was hier passiert ist?" Ich zog einen Schmollmund und klimperte ein wenig mit den Wimpern, damit er mich nicht gleich wieder fortschickte. "Sieben Kilometer weiter ist ein Lastkraftwagen zu schnell gefahren und konnte anscheinend vor den Schienen nicht mehr bremsen und aus Pech ist in dem Moment ein Zug gekommen." Ich zog scharf die Luft ein. Das war ein wirklich grausames Schicksal. "Der Zug steckt derzeit in Brand, die Feuerwehr versucht das Feuer zu löschen und alle Leute zu bergen. Die Polizei ist dabei Zeugen zu befragen, denn weder der Fahrer des Lastkraftwagens, noch die Zugfahrerin haben den Unfall überlebt. Es ist immer noch nicht klar wie viele Menschen da drin noch am Leben sind und wie viele Tote es gibt. Sehr grausam, wenn Sie mich fragen.", meinte der Mann traurig. Ich bestätigte seine Aussage und fragte wie lange das noch zirka dauern würde. "Nicht weniger als 30 Minuten, aber wenn wir Pech haben, stehen wir hier noch die ganze Nacht." Na großartig, eine ganze Nacht mit einem grimmigen Fahrer zu verbringen war schon immer mein Wunsch.
Ich bedankte mich und ging wieder zurück zu dem Wagen des Jungen. Dabei ließ ich mir so viel Zeit wie möglich.
"Und was hast du herausgefunden?", fragte dieser desinteressiert. Ich zuckte mit den Schultern und drehte mich weg. Hinter mir hörte ich ein wütendes Schnauben. "Erzähl es mir doch einfach", sagte er sauer. "Sag mir doch einfach wie du heißt", konterte ich, nicht weniger freundlich. Es war eine Weile lang still und ich dachte er würde nicht mehr darauf antworten, doch dann sagte er es trotzdem. "Lucas." Ich nahm dies nickend zur Kenntnis. Das war jetzt aber wirklich schwer den Namen zu sagen, wow Respekt.
"Ich heiße Freya", meinte ich, obwohl ich wusste, dass es ihn nicht interessierte. Nachdem ich mich wieder umgedreht hatte, schaute ich in seine Augen und dabei erzählte ich ihm was ich erfahren hatte. "Na toll", sagte Lucas genervt. Anscheinend teilte er meine unendliche Begeisterung.
Er riss die Autotür auf und ließ mich Draußen alleine stehen.
Das würde eine lange Nacht werden.

-Lucas-
Ich blickte ein weiteres Mal auf die Uhr, nur um zu erfahren, dass wir hier schon 3 Stunden standen. Die Temperaturanzeige stand auf -1º Celsius und Freya war immer noch vor dem Auto und rührte sich nicht. Sie stand leicht seitlich und ich konnte die Dampfwölkchen erkennen, die sie beim Atmen ausstieß. Sie hatte sich kaum bewegt seitdem ich eingestiegen war und nun erkannte ich wie sehr sie zitterte. Ich fuhr mein Fenster runter. Das konnte man sich nicht länger mitansehen. "Steig ein, es ist kalt!", rief ich ihr über den Lärm der Autos hinweg zu. Sie zögerte, bis sie endlich einstieg. Als sie die Tür öffnete und die Beleuchtung im Auto anging, wirde mir klar, wie sehr sie wirklich fror.
Ihr ganzer Körper zitterte, ihre Nase war rot und die Lippen waren blau angelaufen.
Das war nicht meine Absicht gewesen.
Ich zog meine Jacke aus und reichte sie ihr. "Danke", flüsterte sie heiser. Schnell zog sie diese an, schob ihren Schal bis zur Nase hoch und löste das Haarband aus den Haaren, sodass jetzt viele rote Locken bis unter die Brust vielen. Freya setzte sich die Kaputze meiner Jacke auf und lehnte sich tief in den Sitz zurück, wobei sie die Augen schloss, der Kopf zur Seite rollte und versuchte sich aufzuwärmen. Jetzt lag sie dar, den Kopf an das Fenster gelehnt und ruhig atmend. Sie erinnerte mich an die Bilder, die ich von ihrer Familie kannte, mich wunderte bloß, warum sie noch lebte.
Sie war schön, so wie sie dortlag. Die Kapuze versteckte das Muttermal, sodass ich einen Moment glaubte, ich hätte mir alles eingebildet und sie wäre ein ganz normales Mädchen. Aber dem war nicht so. Ich wusste nicht, was ich mit ihr anfangen sollte, aber mir war klar, dass sie Schutz brauchen würde.
Spätestens dann, wenn sie herausfand zu was sie fähig war und man jagt auf sie macht.
Als sie kaum merkbar mit dem Arm zuckte und leise etwas murmelte, wusste ich was sie träumte und ich war viel zu neugierig. Ich war so neugierig genug, dass ich meine Augen schloss, mich konzentrierte und nach einiger Zeit sah, was sie sah.

-Freya-
Ich fuhr mit meinem Fahhrad nach Hause und auf halben Wege , fing es stark an zu regnen. Es würde nicht lange dauern, bis meine Klamotten komplett durchnässt wären. Deshalb trat ich schneller in die Pedale und durch den vielen Regen und den Wind, musste ich meine Augen zusammenkneifen. Nebenbei zog ich mein Handy aus der Tasche und rief zu Hause an. Es dauerte ein wenig, bis sich jemand meldete, doch schließlich nahm Mum ab. "Hey Mum", begrüßte ich sie. "Ich weiß, ich sollte gleich zu Hause sein, aber ich stelle mich lieber unter, solange es regnet. Ich wollte nur Bescheid geben, damit ihr euch keine Sorgen macht." "In Ordnung, Engelchen. Konzentrier dich auf das Fahren und pass auf dich auf. Wir sehen uns später, hab dich lieb", sagte sie. "Ich dich auch", antwortete ich und legte auf. Es regnete hier nicht oft, doch wenn, dann war es ziemlich heftig, so wie jetzt auch. Es war reines Pech, das ich dort hineingefahren war.
Die Tropfen waren warm und kalt zugleich auf meiner Haut und die Luft schwüler als sonst.
Ich hob meine Hand und wischte über mein Gesicht.

Ein lautes Hupen ertönte.
Ich bremste.
Zu spät.

Der Aufprall katapultierte mich einige Meter weiter.
Ich konnte mich nicht bewegen, nur den Schmerz in meinem ganzen Körper nahm ich war.
Kurz verlor ich mein Gedächtnis. Ich hielt es nicht mehr aus. Ich hielt den Schmerz nicht mehr aus. Es sollte aufhören. Es sollte sofort aufhören, ich hielt es nicht mehr aus. Ich wollte schreien und um mich treten.
Ich wollte sterben.
Ich wollte alles tun, damit es aufhörte.
Nach gefühlter Ewigkeit hörte ich Sirenen und danach Schritte, die auf mich zukamen. Tränen liefen mir über beide Wangen.
Lasst es endlich aufhören, ich will nicht mehr, lasst es aufhören. Ich wollte es ihnen sagen, doch aus meinem Mund kam kein Laut.
Ein Sanitäter kniete sich neben mich. "Können sie mich hören?" Ja, ja ich kann sie hören, bitte lassen sie es aufhören. "Sie reagiert nicht!", rief er einer Sanitäterin zu. Doch, ich kann sie hören! Ich wollte aus Verzweiflung und Schmerz schreien.
Wann hörte das endlich auf?
Ich spührte wie ich auf eine Trage gelegt wurde, mehr bekam ich nicht mit.

Meine Lungen schwollen.
Ich konnte nicht atmen.
Mein Herz raste.
Es blieb stehen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 29, 2015 ⏰

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