Kapitel 1

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Bella

"But these are all imaginations in a battle of thoughts"

Meine Lungen füllten sich mit frischer Luft, während meine Füße im Gleichtakt auf dem Boden aufkamen. Während ich versuchte alle Gedanken beiseitezuschieben, die mich diesen Vormittag beschäftigten, lief ich die restlichen Kilometer zu meiner Wohnung. Es war noch relativ früh am Vormittag und ich hatte mich heute Morgen für eine Laufrunde entschieden. Ich merkte, wie mein Pferdeschwanz von links nach rechts schwang und alte Häuser an mir vorbeistrichen. Normalerweise dachte ich beim Laufen über rein gar nichts nach, doch das war heute anders. Durch einen kurzen Blick auf meine Uhr, an meinem rechten Handgelenk, bemerkte ich, dass ich mich beeilen musste, wenn ich vor der Uni noch Duschen wollte. Heute standen zum Glück erst nachmittags ein paar Kurse an, weshalb ich den Vormittag freihatte. Da die Uni jedoch zu Fuß ca. 30 Minuten entfernt lag, musste ich immer ein paar Minuten eher zur Schule aufbrechen. Klar, ich hätte auch das Auto nehmen können, doch bei dem Gedanken, dass mich auf dem Weg dorthin, die restlichen Sonnenstrahlen küssen würden, schob ich diese Alternative beiseite. Vor meiner Haustür angekommen, wurde ich direkt von meinem Hund Roy überrascht, welcher mich mit einem sehnsüchtigen Blick anstrahlte.

>>Ich weiß genau was du willst, doch du hattest dein Leckerchen schon. Es gibt keins mehr.<<, teilte ich ihm mit fester Stimme mit, während ich mit dem Finger bestimmend auf ihn zeigte. Roy jedoch wartete beharrlich weiter auf sein Leckerchen, was er natürlich nicht mehr bekommen würde. In Gedanken verdrehte ich meine Augen, dieser Hund hatte mehr Appetit als eine ausgehungertes Löwenrudel. Nachdem ich mich der Haustür abwand, hang ich meinen Schlüssel auf seinen Platz zurück und schnappte mir eine eiskalte Wasserflasche aus dem Kühlschrank. Oh man, tat das gut! Das kalte Getränk floss an meiner durstigen Kehle hinunter und ich leerte es innerhalb eines Zuges. Die leere Flasche schmiss ich in den Mülleimer und steuerte die Dusche an.

Fertig geduscht und angezogen, packte ich gerade meine Tasche für die Universität. Ich war froh, dass ich nicht viel für die Kurse nacharbeiten musste, da ich relativ gut in der Schule war. Was auch kein Wunder war, da ich mit dem Turnen aufgehört hatte und nun meine ganze freie Zeit in die Bücher steckte. Damals interessierte ich mich nicht allzu sehr für Partys oder sonstige soziale Aktivitäten, weshalb ich lieber Zuhause blieb. Was sicherlich nicht daran lag, dass ich eine Einzelgängerin war, nein, nur auch ich lernte, dass Menschen in einer Kleinstadt nie vergessen. Sie lechzen nach Skandalen, nach Geheimnissen, doch haben stets Angst vor dem Ungewissen. Und das bin ich für sie: ungewiss.

Nach zwei Stunden organischer und anorganischer Chemie, gefolgt von Bioinformatik, hatte ich den Abend frei und konnten mich noch durch ein paar Bücher wälzen und mit Roy einen großen Sparziergang machen. Wieso ich mich für Biochemie entschieden hatte, war mir damals nicht ganz klar gewesen, doch nun, zwei Jahre später denke ich, dass es daran lag, dass Chemie einen Sinn ergibt. Es folgt Gesetzen und Regeln. Regeln, die beständig sind und mir halt geben, nach den ganzen Geschehnissen. Nachdem ich meine Zusammenschriften aus dem Unterricht fertiggestellt hatte, beschloss ich, mit Roy durch den Park zu gehen, da es noch hell war und ich nach dem Herumtollen meine Gelegenheit der Stille nutzen wollte, um in meinem Buch zu lesen. Das Lesen war ein großer Teil meines Lebens geworden, da es mich damals ablenkte, es bot mir eine Chance, eine andere Person zu sein, in ein anderes Leben einzutauchen und vor anderen Sachen zu fliehen.

Nach guten zwei Stundenbemerkte ich den ersten Regentropfen auf meinem Kopf und schlang meine Arme etwas fester um meinen warmen Mantel. Wieso konnte es nicht auch einfach mal den ganzen Tag sonnig sein? Vom Regen überrascht, verstaute ich mein Buch und griff nach Roys Leine, um mich auf den Heimweg zu begeben. Meine kühle Nase vergrub ich tief in meinem dunklen Mantel. Na toll, ich musste noch mindestens dreißig Minuten im strömenden Regen laufen. Ich beschloss, mitschnellem Schritt und dem Blick, fest auf dem Boden gerichtet, einen Abstecher in ein Café zu machen, sodass wir uns dort ein paar Minuten unterstellen könnten. Als ich ein kleines Café fand, hielt ich unter dem schützenden Dach an, und mein Blick schweifte über den Straßenverkehr. Roy schüttelte sich einmal kräftig und die gläsernen Regentropfen flogen explosiv durch die Gegend. Durch den Regen war es etwas dunkler geworden und helle Scheinwerfer fanden ihren Weg durch die dicke Regenwolke. Ein schwarzes Auto, welches mir komischerweise sehr bekannt vorkam, fuhr langsam an mir vorbei. Kurzerhand versuchte ich den Fahrer ausfindig zu machen, doch die Scheiben waren getönt. Merkwürdig. Bevor ich den Wagen weiter mustern konnte, fuhr er mit quietschenden Reifen davon.

Hunter-Wie alles begannWo Geschichten leben. Entdecke jetzt