Kapitel 6

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Kapitel 6

Noah

there is a bright light inside of you

Es war ein überwältigendes Gefühl, Bellas Blicke einzufangen. Ich hatte sie definitiv überrascht, das war klar. Während wir auf das große Gebäude zugingen, musterte sie jede kleine Einzelheit, und es schien, als ob sie versuchte, sich alles so schnell es ging in winzige Details einzuprägen. An der Kasse angekommen, bezahlte ich für zwei Karten und übergab eine davon meiner Begleitung. Bella kam aus ihrem Staunen nicht mehr heraus, und so bugsierte ich sie vorsichtig Richtung Saal, indem ich meine Hand auf ihren Rücken legte. Ich konnte ihr ansehen, dass sie keinen blassen Schimmer hatte, was auf sie zukommen würde.

»Es ist unglaublich, nicht?«, fragte ich sie. Eine riesige Kuppel breitete sich über unseren Köpfen aus und lud uns zum Träumen und Verweilen ein.

»Es ist atemberaubend«, bestätigte sie mir beeindruckt. In ihrer Stimme lag nicht der Klang eines einfachen höflichen Zustimmens. Nein, ich konnte regelrecht fühlen, wie sie diese Worte ehrlich aussprach und sie auch so meinte. Das ist eine weitere Eigenschaft, die ich so an ihr schätzte, denn sie war immer ehrlich und offen zu mir. Sie formulierte keine vagen Sätze oder ließ mich verwirrt im Dunkeln stehen. Alle um sie herum versprühten eine Art Mitleid, und die Luft wurde bei jedem Mal schwerer und schwerer. Hinzu kamen die wehleidigen Blicke der Personen, die sie immer wieder ansahen und heimlich über sie sprachen. Die meisten in der Umgebung wussten von dem Verschwinden ihrer Eltern und warfen ihr seitdem aufbauende Blicke zu, obwohl sie sie nie direkt darauf ansprachen und Bella es keinem Menschen in der Stadt erzählte. Doch ich wusste Bescheid. Zwar würde ich ihr das nie einfach erzählen, doch ich musste vorsichtig sein und durfte mich nicht verraten. Durfte nicht verraten, dass ich über das Verschwinden ihrer Eltern Bescheid wusste, dass ich sogar mehr wusste. Durch meinen ausgeprägten Beschützerinstinkt, welcher sich durch die tägliche Arbeit festigte, wollte ich auf sie aufpassen. Bella riss mich plötzlich behutsam aus meinen Gedanken.

»Danke, für alles.« Ich konnte gar nicht anders und drückte vorsichtig ihre Hand, um ihr zu versichern, dass ich an ihrer Seite war. Da ich nicht wusste, was ich sagen sollte, nickte ich einfach schlicht und zeigte auf zwei Saalplätze.

»Das hier sind unsere Plätze.«

Wir nahmen Platz und musterten neugierig den Saal. Er füllte sich langsam, aber es waren immer noch ein paar Plätze frei. Es dauerte nicht lange, bis das Licht gedämmt und ein Schauspiel voller Farben auf die Kuppel projiziert wurde. Ein Panorama einer Galaxie, umgeben von vielen leuchtenden Sternen, spiegelte sich dort ab. Das Ganze wurde von einer melancholischen Musik unterstrichen und zog die Saalbesucher ganz in ihren Bann. Während der Film ablief und Bella erneut aufgeregt versuchte, alle Eindrücke einzufangen, wandte ich meinen Blick zu ihr. Gott, sie war wunderschön. So kitschig das auch klang, so ernst meinte ich es. Je mehr ich sie voller Begierde ansah, desto mehr wurde mir bewusst, dass ich sie nicht mehr lange anlügen konnte. Ich müsste ihr bald die Wahrheit sagen, sonst würde ich sie dadurch verlieren. Das stand fest. Sie legte sehr viel Wert auf Ehrlichkeit und ich schließlich auch, aber ob ich diese Information mit ihr teilen könnte? Ich würde sie einer Gefahr aussetzen, und das würde gegen alle meine Absichten ihr gegenüber rebellieren. Nein, ich nahm mir vor noch zu warten und mir etwas einfallen zu lassen, wie ich es ihr erklären würde und wie ich sie schützen könnte. Wahrscheinlich hatte ich die Sache schon gründlich versaut, indem ich ihr nicht direkt die Wahrheit sagte, doch ich betete, dass sie meine Gründe verstehen würde.

»Du starrst mich an«, sprach sie vorwurfsvoll und drehte ihr Gesicht direkt zu meinem, sodass sich unsere Blicke in der Mitte trafen. »Ich weiß«, stimmte ich ihr zu,»und ich werde nicht damit aufhören können.«

Hunter-Wie alles begannWo Geschichten leben. Entdecke jetzt