Wie ein Fisch am Haken

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Schweiß tropft ihr von der Stirn und vermischt sich mit dem Blut, was ihr aus der Nase läuft, bevor es in die kleine Pfütze vor ihr platscht. Lea blickt den Tropfen nach, rühren kann sie sich durch den Schock und die Schmerzen sowieso kaum.

Verkrampft hält sie sich an den Ketten fest, denn ihr Gewicht, was an den befestigten Handgelenken, hängt, zieht immer stärker nach unten. Er holt erneut aus und schlägt mit der Kette auf ihren Rücken.

Leas schrilles Geschrei hallt durch die alte Werkstatt. Sie schnappt nach Luft und schaut verzweifelt in Richtung eines zersprungenen Fensters, doch das Fabrikgeländeelände ist groß und keiner kann sie hier hören.

Ein kleiner Sonnenstrahl fällt durch das Fenster auf den grauen Betonboden. Überhaupt bildet das schöne Wetter einen unverschämten Kontrast zu der grauenhaften Situation, in der Lea sich befindet.

Angestrengt schnauft sie durch die Nase aus und versprüht weitere Blutstropfen. Pure Angst strömt durch ihren Körper und ihr Magen zieht sich zusammen. Was ist mit Jamie? Puh, er atmet noch. Sein regungsloser Körper liegt nur ein paar Schritte entfernt von ihr.

Was ein Glück, dass er bewusstlos ist, denkt Lea, dann muss er sich das nicht mit ansehen. Grey hatte ihn niedergeschlagen, bevor er überhaupt eine Ahnung hatte, was los war.

"Jetzt zappelt das kleine Fischlein wohl nicht mehr so heftig am Haken hm", faucht Boss sie an. "Ich hoffe, dass war dir eine Lehre.", fügt er hinzu. Obwohl er geflüstert hat, antwortet Grey aus dem Hintergrund heraus: "Natürlich war es das, schau dir das Ding doch mal an!" und lacht.

Lea bebt und versucht den Schmerz hinter zu schlucken. Ihr Körper kann sich nicht einmal entscheiden, was mehr weh tut: Ihre Handgelenke, die in den Ketten hängen, ihre Nase, die Grey blutig geschlagen hat oder ihr Rücken, der von Boss bearbeitet wurde.

"Nehmt sie mit und sucht den verdammten Hund!", herrscht er Grey und die anderen an. Er hat sich dazu entschieden, dass dies nun Strafe genug für das Mädchen ist. Grey nickt ihm zu. "Nein, nein, nicht noch einmal...", kreischt Lea. Immer wieder "Nein", aber niemanden interessiert ihr Gejammer.

"Lasst den Jungen liegen, hier kommt eh niemand her.", grunzt Grey den anderen Männern entgegen, als sie in Richtung Jamie liefen. Er löst Leas Ketten und bevor sie schluchzend zu Boden sinken kann, wird sie von ihm am Arm gepackt und hinter sich hergeschliffen.

Boss ist bereits aus der Werkstatt verschwunden. Er sucht Gonzo. Ein paar Männer folgen ihm, die übrigen sehen Lea dabei zu, wie sie hinter Grey her stolpert. Vor dem Eingangstor stemmt sie sich unter Schmerzen noch einmal mit aller Kraft gegen ihn.

Bedrohlich langsam dreht er sich zu ihr um. "Du hast jetzt noch den Mumm dich zu wehren?", fragt er mit knurrender Stimme. Lea fällt auf die Knie und fleht: "Bitte...Er wird sterben, wenn ihr ihn hier lasst."

"Das können wir auch gleich ändern", lacht einer der Männer. Sein hämisches Grinsen dreht sich in Jamies Richtung. Lea ballt die Fäuste, doch sie kann nur dabei zusehen, wie der Mann auf den reglosen Körper zustapft. "Lass ihn liegen", sagt Grey plötzlich und der Mann bleibt stehen.

Lea atmet erleichtert auf, so sehr sie ihn auch verabscheut, Jamie verdankt ihm nun zumindest eine Chance.

Ihre Empathie gegenüber Grey wird noch im selben Moment zerschlagen, als er sie wieder gewalttätig hinter sich her aus der Werkstatt zerrt. Die anderen folgen ihm.

Vor dem Eingangstor sitzt Gonzo neben Boss und wedelt mit verunsichertem Hecheln mit dem Schwanz. Die Sonne bringt sein schwarzes Fell zum leuchten. Es ist ein heller Sommertag, aber Lea kann ihn nicht genießen.

Gonzo tappst freudig auf sie zu und sie streckt ihm ihre immernoch zitternden Hände entgegen. Überschwänglich leckt er über ihre mit Tränen überströmten Wangen. Bevor sie ihn an sich drücken und ihr Gesicht in ihn vergraben kann, zieht Boss ihn am Halsband zurück. "Gehen wir", sagt er.

Doggy für den HundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt