Hauptstadt

146 9 1
                                    

Am nächsten Morgen brachen die Krieger auf in Richtung Nubien, um meine Rückkehr zu verkünden. Währenddessen machten auch Narmer und ich uns auf den Weg zur Hauptstadt. Wir hatten Verpflegung von den Dorfbewohnern bekommen. Tale umarmte mich zum Abschied. “Pass gut auf dich auf!”, meinte sie, als wir uns aus der Umarmung gelöst hatten. Narmer saß mittlerweile auf unserem Schimmel und reichte mir die Hand, um mir hoch zu helfen. Ein leichtes Kribbeln durchfuhr die Stellen, an denen wir uns berührten. Als ich hinter ihm auf dem Rücken des Pferdes saß, ritten wir los, Richtung Norden, zur Hauptstadt.

Tagelang reisten wir am Fluss entlang. Hin und wieder sammelten wir Früchte von den zahlreichen Bäumen und Büschen, die am Nil verteilt wuchsen, um Vorräte zu sparen. Das Wasser ging uns hier am Fluss auch nicht aus.
Am vierten Tag trafen wir auf einen kleinen Hof. Auf einer Wiese weideten Ziegen, die von einem Jungen gehütet wurden. Der Junge saß im Schatten einer kleinen Hütte, doch als er uns kommen sah, sprang er auf und rannte ins Haus. Im nächsten Moment kam ein Mann, scheinbar sein Vater und eine Frau, vermutlich dann seine Mutter aus dem Haus. Die Frau hatte einen Säugling auf dem Arm und ein kleines Mädchen drückte sich an sie. “Willkommen Reisende! In meinem Haus ist es üblich Reisenden Unterkunft zu Kost für eine Nacht zu gewähren.”,sprach der Mann. “Wenn es keine Umstände macht, würden wir das Angebot gerne annehmen.”, meinte Narmer ebenso freundlich, wie der Mann. “Mein Name ist Teremun und das ist meine Frau Myrrh und unser ältester Sohn Nkosi, unsere Tochter Omorose und unsere Neugeborene Tochter Nourbese.”, stellte er sich und seine Familie vor. “Schön euch kennen zu lernen. Das ist meine Reisegefährtin Nakia und mein Name ist Narmer. Wir sind auf dem Weg zur Hauptstadt.” “Kommt herein!”, bat uns die Frau, Myrrh, in ihr Haus. Narmer stieg ab und reichte mir die Hand, um mir ebenfalls herunter zu helfen. Als ich sicheren Boden unter den Füßen hatte, lächelte ich ihn dankbar an, dann fiel mir auf, dass er meine Hand noch immer nicht losgelassen hatte. Auch er merkte es und zog schnell seine Hand weg. Täuschte ich mich, oder wurden seine Wangen rot? Schnell wandte er sich ab. Nkosi, der ältere Junge, er war vielleicht zwölf, griff nach den Zügeln unseres Pferdes und führte es in einen nahegelegenen Stall. Wir folgten Myrrh und ihrem Mann währenddessen in das Haus.

Es gab köstliches Essen, vor allem war das Essen warm. Ich genoss es auch mich mit anderen Menschen, als Narmer zu unterhalten. Natürlich war das im Dorf bereits der Fall gewesen, aber danach waren wir bereits wieder vier Tage gereist. Nicht, dass ich es nicht mochte, mich mit Narmer zu unterhalten, aber es war alles andere als abwechslungsreich. Meist unterhielten wir uns darüber, wie viel Essen und Wasser wir noch übrig hatten, oder wann das Pferd eine Pause brauchte, oder wir debattierten über unseren nächsten Rastplatz. Solche Momente, wie nach dem Fest kamen leider nicht mehr vor.

Später am Abend half Myrrh noch beim Abwasch, obwohl sie beteuerte, dass ihr nicht helfen müsse. Nach einer Weile ließ sie den Lappen sinken und schaute mich von der Seite an. “Du bist sehr hübsch.”, meinte sie plötzlich vollkommen unerwartet. “Ähm...Danke” “Ich kann verstehen, dass Narmer dich mag.” “Wie bitte?”, fragte ich überrascht. Sie war bereits die zweite, die das behauptete. Ja, er hatte mich geküsst, aber danach kein Wort mehr darüber verloren. “Ich bitte dich! Das ist doch offensichtlich. Du bist hübsch und freundlich und tüchtig. Ich habe keine Ahnung, was ihr auf eurer Reise alles erlebt habt, aber er vertraut dir und du bist ihm wichtig. Geht es dir nicht genauso?”, fragte sie. Ich dachte über das Gesagte nach, was jedoch dazu führte, dass ich rot wurde. Myrrh nahm das als Bestätigung. Und auch ich musste mir eingestehen, dass ich seine Nähe durchaus genoss.

Als der nächste Morgen anbrach, brachen wir wieder auf. Die Reise verlief ereignislos. Die Sonne stand schon tief, als wir unser Lager aufschlugen. Ich ging mit unseren Wasserschläuchen zum Flussufer, um sie aufzufüllen. Die orange-rote Sonne glitzerte wunderschön auf dem Fluss und das Wasser war blutrot. Ich konnte mich von dem Anblick einfach nicht losreißen. Plötzlich legten sich zwei Arme von hinten um meine Taille und zogen mich an sich. Ich spürte Narmers warmen Atem an meinem Ohr. Wir standen einige Minuten einfach da und genossen den Moment. Irgendwann drehte ich mich zu ihm um und blickte in seine wunderschönen Augen. Auch er blickte mich einfach an, ein kleines Lächeln auf dem Gesicht. Myrrh hatte recht gehabt! Er war mir wichtig, sehr sogar. “Die Königin von Nubien ist wunderschön. Sie weiß es zwar nicht, aber sie wird geliebt. Eines Tages wird sie auch von ihrem Volk geliebt werden.”, flüsterte Narmer. Ich blickte zu Boden, doch Narmer zwang mich ihn anzusehen. Ich reckte mich hoch und küsste ihn. Sanft erwiderte er meinen Kuss, doch nach kurzer Zeit wurde der Kuss leidenschaftlicher.

Das zwitschern der Vögel weckte mich. Unter meinem Kopf hob und senkte sich etwas und als ich den Kopf leicht drehte, sah ich in Narmers Gesicht. Ich hatte meinen Kopf auf seine Brust gebettet und er hatte seinen Arm um mich gelegt, was mich wieder an den vorherigen Abend denken ließ. Ich seufzte tief. In diesem Moment öffnete Narmer die Augen “Was ist los?”, fragte er mich besorgt. Ich blickte ihn an. “Nichts.”, antwortete ich und er atmete fast erleichtert auf.

Das Pferd lief zügig den holprigen Pfad entlang. Wir wollten morgen den Palast erreichen und dafür mussten wir uns beeilen. Die Sonne strahlte von oben herab und die Luft war heiß und stickig. Unsere Wasserschläuche waren leer und auch das Pferd war durchgeschwitzt. “Wie werden wir vorgehen? Wir können schlecht einfach in den Palast reinspazieren.”, frage ich. Narmer dreht seinen Kopf nach hinten. “Wir gehen durch den Boteneingang, dann suchen wir Pentu, meinen Wesir. Wenn er weiß, dass ich wieder da bin, kann er gegen mögliche Rebellen im Palast vorgehen.”, erläutert er den Plan. Ich überlege. Der Plan war gar nicht so schlecht. Der Palast war noch nicht in Sicht, weshalb wir die Nacht ebenfalls durch ritten.

Langsam ging die Sonne über der Hauptstadt auf. Ein orange glühender Ball, der das Land in sein Licht tauchte. Es war ein atemberaubender Anblick. Aus der Decke hatte ich geschickt zwei Kopftücher gemacht. Damit Narmer nicht erkannt wurde, zusätzlich verstärkte es den Eindruck von zwei einfachen Reisenden. Am Tor wurden wir einfach durchgewunken. Scheinbar hatte die Verkleidung sein Ziel nicht verfehlt.
Das Pferd stand angepflockt vor dem Boteneingang und wir schlichen uns hindurch. Ich kannte einige Schleichwege, wodurch es uns leicht fiel niemandem über den Weg zu laufen. Zwei Stockwerke höher war das Zimmer des Wesirs. Leise klopfte Narmer, wir hörten Schritte, dann ging die Tür auf und eine junge Frau schaute uns an. Scheinbar war sie die Kammerzofe von Wesir Pentu. Sie schaute uns überrascht an, bis Narmer sein Tuch vom Gesicht zog. “Euer Majestät!”, rief die Zofe aus. Narmer bedeutete ihr leise zu sein. Nervös blickte ich mich um, ob jemand kam, doch der Gang war Menschenleer. “Wo ist Pentu?”, fragt er die Frau. “Er kommt erst morgen abend zurück, Hoheit.”, antwortete sie. “Gut, dann kommen wir morgen wieder. Bis dahin, kein Wort darüber, verstanden?”, sie nickte, dann schloss sie die Tür wieder. “Und wo sollen wir uns solange verstecken?”, fragte Narmer mich. Kurz dachte ich nach, dann fiel mir etwas ein und ich zog ihn an der Hand hinter mir her.

Sorry, dass so lange nichts kam. Ich hoffe, dass euch auch dieses Kapitel gefällt!
Eure MedeiaRona 👋

Queen of Egypt Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt