Das Dorf am Nil

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Als meine Wunden genug verheilt waren, ritten wir weiter. Wir brauchten noch etwa drei Tage bis zum Nildelta. In einem kleinen Dorf direkt am Fluss wollten wir uns erkundigen, wo die Hauptstadt war.
Als wir in das Dorf kamen gab es eine kleine Aufruhr. Die Bewohner, das merkte man, waren Besucher nicht gewohnt. Ich saß auf dem Pferd und Narmer, so würde ich Tutanchamun von nun an immer nennen, führte es am Zügel. Wir wurden herzlich begrüßt und eingeladen für ein paar Nächte bei ihnen zu bleiben. Eine junge Frau namens Tale bat mich in ihre Hütte, damit ich mir neue Kleidung anziehen konnte. Als sie mir aus meinem alten Kleid half, entdeckte sie den abgewetzten Verband, den sie sogleich ersetzte. “Woher stammen diese Wunden?”, fragt sie, während sie vorsichtig mit den Fingerspitzen über den Schorf strich. Ich erzählte ihr die Geschichte, ließ jedoch einige Details aus. Wie zum Beispiel wer Narmer wirklich war und warum wir in der Wüste gewesen waren. Währenddessen legte Tale einen neuen Verband an.
“Und Narmer, ist er dein…”, begann sie, doch ich unterbrach sie.
“Um der Götter willen! Nein! Wir sind bloß… Weggefährten. ”
“Ich meine ja nur. Er schaut dich immer so an, als wärst du das allerwichtigste, was er hat.” 
“Echt?” 
“Ich weiß ja nicht, wie lange eure Reise bereits dauert, aber das muss dir doch aufgefallen sein. Wo guckst du bitte die ganze Zeit hin?” 
“Auf den Bestand unserer Vorräte und den Weg und darauf die nächste Möglichkeit zu sterben zu umgehen.”, murmelte ich abwesend.
“Wie dem auch sei… heute Abend feiern wir ein Fest zu ehren von Qeb dem Vater der Erde, um uns für die reiche Ernte zu bedanken. Da ist es Tradition, sich hübsch zu machen.”
Eine viertel Stunde später hatte ich mehr unterschiedliche Kleider anprobiert, als ich in meinem ganzen Leben besessen habe. Letztendlich entschied ich mich, oder genau genommen Tale sich für ein türkises Kleid. Kleine Perlen zierten den Gürtel um meine Taille und den Saum. eine hübsche Blütenstickerei zog sich über die Schultern und den Rücken bis hinunter zu der kleinen Schleppe. Die Blüten leuchteten in einem zarten Rosa und hatten große Ähnlichkeit mit Pfirsichblüten. Das Kleid war umwerfend. Tale steckte die vordere Partie meiner Haare kunstvoll hoch und ließ den Rest einfach in meinen natürlichen Wellen über meine Schultern fallen. In einzelne Strähnen flocht sie mir Perlen und kleinen Silber Schmuck. Ein Kopfschmuck aus Muscheln klimperte bei jeder Bewegung meines Kopfes. Tale Trug ein rotes Kleid, welches jedoch sehr viel mehr von ihrer braunen Haut entblößte. Ihr schmuck war, im gegensatz zu meinem silbernen, vollständig in Gold gehalten. Sie war wunderschön. Sie hatte volle Lippen und große dunkle Augen, sie hatte eine hübsche Statur, war mittelgroß und hatte an den richtigen Stellen Rundungen. Ich hingegen hatte zwar eine sportliche Figur von der vielen körperlichen Arbeit, hatte aber weniger weibliche Rundungen und war ungewöhnlich groß. Wir traten aus der Hütte, das Fest war schon in vollem Gange und doch drehten sich alle zu uns um. Die anderen Frauen waren ähnlich kunstvoll gekleidet und auch die Männer hatten ich alle mit Perlenketten behängt und manche hatten sich ebenfalls Perlen in die Haare geflochten. Einige der Männer waren auffallend groß und kräftig. Plötzlich stand Narmer vor mir. “Du siehst… wunderschön aus.” Mein Gesicht nahm dieselbe Farbe, wie Tales Kleid an. “Danke”, murmelte ich verlegen. Tale stieß mir grinsend den Ellenbogen in die Seite. Ich sah sie an und wenn Blicke töten könnten, wäre sie unter meinem Blick auf der Stelle tot umgefallen. Wir setzten uns an die festlich gedeckte Tafel. Ich saß eingeklemmt zwischen Tale und Narmer, gegenüber von einem der größeren Männer. Unangenehm fiel mir auf, dass ich selbst im sitzen größer war als alle Frauen und auch größer als viele Männer. Tale überragte ich um eineinhalb Köpfe, Narmer war glücklicherweise, zwar weniger als einen halben Kopf, aber immerhin größer als ich. Der Mann mir gegenüber war jedoch locker einen ganzen Kopf größer als ich. Er sah mich einen Augenblick lang seltsam an, dann schüttelte er den Kopf als würde er sich über sich selber wundern.
Der Abend wurde lang und es wurde viel gelacht, gegessen und getanzt. Die Sonne war vor Stunden untergegangen, als sich die ersten verabschiedeten. Auch Narmer und ich gingen irgendwann in die Hütte, die uns zugeteilt worden war. Dort fand ich ein schlichtes, weißes und sehr bequemes Reisekleid. Ich dankte den Göttern, für Menschen, wie Tale. Eine Ecke des Raumes war mit einem großen Tuch vom Rest abgetrennt. Ich schlüpfte dahinter um mich umzuziehen. Leider bekam ich die langen Haarnadeln nicht aus dem Knoten an meinem Hinterkopf. Das Kleid, welches ich nun trug, war mir etwas zu klein, weswegen es sich sehr an meine Figur anpasste und mir auch nur bis knapp auf die Knöchel ging. Ich ging zu dem kleinen Fenster und drückte die Fensterläden auf. Der Mond warf sein silbernes Licht auf das schlafende Dorf. Plötzlich spürte ich Narmer direkt hinter mir stehen. Vorsichtig zog er die Haarnadeln aus meiner Frisur, wodurch sie sich löste. Mein Schwarzes Haar fiel über meine Brust bis auf die Höhe meiner Hüften ungefähr. Sie waren so ordentlich gekämmt, dass das Mondlicht darin glänzte. Da spürte ich Narmers Hand, wie sie durch meine Haare strich. Ich drehte mich zu ihm um und meine beinahe schwarzen Augen trafen das dunkle Blau der seinen. Seine Hand wanderte zu meinem Nacken, die Zweite umfasste sanft meine Taille. Ganz langsam näherten sich unsere Gesichter. Instinktiv schloss ich die Augen und als seine Lippen sanft die meinen berühren, wünschte ich mir, dieser Moment wäre niemals zu Ende. Doch wie alles andere, so war auch dieser Moment vergänglich und irgendwann lösten wir uns voneinander. “Du warst heute Abend wunderschön!”, flüsterte er in mein Ohr. Ich errötete und hoffte, er würde es in der Dunkelheit nicht sehen. Erneut strich er mir durch die Haare und küsste mich. In meinem Bauch kribbelte es und ich genoss dieses Gefühl in vollen Zügen.

So langsam kommen wir zum romantischen Teil der Geschichte! 🙂❤️Ich hoffe es gefällt euch!
Eure MedeiaRona 👋

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