Wüste, Zelte, Fesseln

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Als ich aufwachte sah ich die aufgehende Sonne über der Wüste. Ein schöner Anblick, dachte ich benommen, dann wurde wieder alles schwarz um mich herum.
Das nächste Mal, als ich die Augen öffnete, war alles in dämmriges Licht getaucht. Mein Schädel fühlte sich an, als wäre der Mühlstein des Müllers darauf gefallen. Ein leises Stöhnen kam über meine Lippen. Ich konnte meine Hände nicht bewegen, dem entnahm ich, dass ich gefesselt war. Hinter mir drückte etwas raues, hartes in meinen Rücken und neben mir spürte ich einen zweiten Körper, gegen den ich leicht gelehnt war. Ich setzte mich auf, um mehr vom Raum sehen zu können, was jedoch wegen der Lichtverhältnisse nicht funktionierte. “Du bist wach. Ich fürchtete schon, du würdest nicht mehr aufwachen.”, erklang plötzlich die stimme des Zweiten. Ich erkannte sie als die Stimme des Pharao. “Wo sind wir, euer Hoheit?”, wagte ich zu fragen. “Lass das ‘Eure Hoheit’ bitte weg. Ich habe einen Namen und der lautet nicht ‘Eure Hoheit’”, er schien leicht gereizt. Etwas sanfter setzte er hinzu: “Und um auf deine Frage zu antworten: Ich weiß nicht, wo wir sind, aber wenn ich raten dürfte, würde ich sagen in einem Rebellenlager. Ich habe einige von ihnen reden hören. Sie wollen jemanden anderes auf dem Thron, deswegen wollen sie mich… loswerden. Soweit ich das verstanden habe, wollen sie dich auf einem Sklavenmarkt versteigern oder dich als ihre eigene Sklavin hier behalten.”, erläuterte er mir. Einen langen Moment schweigen wir. “Wie geht es eurem Arm?”, frage ich irgendwann, als mir der Schnitt wieder einfiel. “Ich weiß nicht, es tut weh, aber das könnte auch daran liegen, dass du einige Stunden darauf gelegen hast.”, ich wurde rot und rückte erschrocken ein paar Zentimeter weg, soweit das ging. “Verzeiht mir, ich wollte euch nicht verletzen!”, entschuldigte ich mich. “Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, du warst ohnmächtig.”, ich atmete auf. Plötzlich kam ein vermummter Mann durch den Zelteingang herein. Er löste das Seil, welches uns an das Fass fesselte, dann warf er mich über eine seiner, wohlbemerkt sehr breiten Schultern und zog Tutanchamun am Arm hinter sich her. Ich trat um mich und schaffte es sogar inm mein Knie in die Brust zu rammen. Doch der Mann schien es nicht einmal zu merken. Da sah ich die Messer, die der Mann sich an den Gürtel geschnallt hatte. Nicht lang und gut zu verstecken. Da ich meins verloren hatte, streckte die Hand danach aus und bekam tatsächlich eins zu fassen. Ich zog es vorsichtig aus der Scheide und drehte es so, dass ich es unter meine breit gebundenen Fesseln stecken konnte. Der einzige, der das sah, war Tutanchamun und das einzige, was von seiner Überraschung zeugte, war ein kleines Funkeln in seinen Augen. Dann setzte er wieder die halbwegs neutrale Maske auf, soweit sie neutral sein konnte, wenn man von einem Schrank von einem Mann, der zwei Köpfe größer und mindestens doppelt so breit ist wie man selbst ist, hinterher geschleift wurde. Der Schrank öffnete die Tür zu einem kleinen, baufälligen Schuppen und warf uns im wahrsten Sinne des Wortes hinein. Ich landete hart auf dem Rücken und konnte für einen Moment Sterne vor meinen Augen tanzen sehen. “Bist du in Ordnung?”, fragte Tutanchamun, nachdem er auf den Ellenbogen zu mir gerutscht war. Ich hätte gerne geantwortet, doch mein in meinem Kopf drehte sich alles noch zu stark, weswegen ich nur einen unbestimmten Laut von mir gab. Ich blieb liegen, die Hände vor dem Körper gefesselt, während das kleine Messer in mein Handgelenk stach. Vorsichtig zog er es aus meinen Fesseln und begann sie zu durchtrennen. Als meine Hände wieder frei waren begann ich mich langsam aufzusetzen. Zwischendurch hielt ich in der Bewegung inne, um den aufbrandenden Schwindel zu bewältigen. Nach dem ich mich vollständig aufgesetzt hatte und sich nicht mehr alles drehte, begann ich auch die Fesseln von Tutanchamun zu zerschneiden. Er stand auf und zog mich ebenfalls hoch. Dann lief er im Raum auf und ab. Ich wusste, er versuchte einen Weg hier herauszufinden. Ich ging zur hinteren Wand und lugte durch einen Spalt zwischen den morschen Brettern. Wüste. Nur vorne, an der Türseite konnte ich einige Zelte ausmachen. Es war dunkel und nirgendwo brannte Licht. Keine Wachen zu sehen… doch! Neben der Tür zu unserem Gefängnis. Ich lauschte eine Weile angestrengt, dann vernahm ich ein lautes Schnarchgeräusch. Ich grinste. Der Schuppen war nur aus losen, weit auseinander liegenden Brettern zusammengebaut. Nicht weit genug auseinander, um durch die Spalten zu schlüpfen, aber weit genug, um eine Hand hindurch zu schieben und der schlafenden Wachmann an seinen eigenen Posten, mit einem herumliegenden Seil, zu fesseln und zu knebeln. Als das erledigt war Versuchte ich das eine Morsche Brett mit gezielten Tritten zu durchtrennen, doch es stellte sich heraus, das es dafür doch noch nicht morsch genug war. Tutanchamun, der mir die ganze Zeit über zugeschaut hatte, bedeutete mir nun zur Seite zu treten, was ich auch bereitwillig tat. Er war eben einfach stärker als ich, das konnte ich nicht leugnen. Die Lücke in der Wand war nun so groß, das wie beide hindurch schlüpfen konnten. Wir wollten eben loslaufen, um bloß weg von hier zu kommen, als ich ein Pferd sah. Voll ausgerüstet mit Wasserschläuchen, Proviant und einer Decke, da die Nächte in der Wüste Ägyptens kalt werden konnten. Ich hielt Tutanchamun am Arm zurück und deutete stumm auf das Pferd. Er verstand sofort und schlich sich an den Schimmel heran, um den Strick zu lösen, der ihn an dem dürren Baum hielt. Das Pferd blähte die Nüstern, doch ich streichelte ihm vorsichtig über die Stirn, damit er sich beruhigte. Dann ging ich um das Pferd herum zu Tutanchamun, der bereits im Sattel saß. Er streckte mir die Hand hin, um mir auf den Pferderücken zu helfen. Dankbar ergriff ich sie und ließ mich von ihm hochziehen. “Halt dich fest!”, flüsterte er, bevor er dem Tier die Fersen in die Seiten drückte. Schnell schlang ich meine Arme um seine Mitte, um ja nicht vom Pferd zu fallen. Ich blickte zurück, hinter uns wurde das Lager der Rebellen immer kleiner. Ich atmete erleichtert aus, das Adrenalin verließ meinen Körper und jetzt, wo es weg war übermannte mich die Müdigkeit.

So! Das war das zweite Kapitel. Wie auch beim ersten und bei allen Folgenden freue ich mich über Kritik  und logischerweise auch ein bisschen Lob 😁
Eure MedeiaRona 👋

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