Mr. O

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Sie hielten in einem kleinen, überschaulichen Ort in Roarhaven, wo die pulsierende Ader der Großstadt kaum spürbar war.

Das Haus, an dessen Klingel „Mr. O“ stand, war hellgrün und hatte ein rotes Ziegeldach. Im Garten davor sah man einen muskulösen, braunhaarigen Mann, der gerade eines der Beete bearbeitete. Sein Oberkörper war nackt und er trug eine Jeans, die ihm bis knapp über die Knie reichte. Die Arbeitsschuhe, die er trug, waren schlammverkrustet und der Schweiß, der ihm in Strömen über den Körper lief, ließ seine Haut in der Sonne glänzen.

Skulduggery klingelte und der Mann richtete sich auf und blickte zu uns herüber. Jetzt sah Madison auch den Drei-Tage-Bart, der sein Gesicht männlicher erscheinen ließ.

„Sind Sie Mr.O?“, fragte Walküre.

Er nickte, legte seinen Spaten beiseite und lief zum Eingang, um ihnen das Tor zu öffnen.

„Ah, der berühmte Skelettdetektiv und seine Partnerin Walküre Unruh“, begrüßte er sie.

Er hatte eine tiefe, aber angenehme Stimme. „Nur leider weiß ich nicht, wie die beiden anderen hübschen Damen heißen.“

Madison spürte wie das Kompliment sie erröten ließ und sah zu Cen herüber, um zu wissen, ob es ihr genauso erging. Doch diese antwortete nur in einem kühlen Ton:“Das ist Madison Young und ich bin Cen Romancy.“

Er nickte und Madison bemerkte in seinen Augen leichte Verwirrung.

„Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte er.
„Wir wollen nur mit Ihnen reden, Mr.O“, erklärte Skulduggery, „Dürfen wir hereinkommen?“

„Aber sicher doch“, antwortete er und ließ sie in sein Haus eintreten. „Ich ziehe mir nur ein T-Shirt an und bin gleich wieder da.“

Mit den Worten ließ er sie allein. Seine Wohnung war sauber und ordentlich, die Möbel waren modern und nur ein paar Pizzakartons in der hintersten Ecke der Küche deuteten darauf hin, dass er allein wohnte.

„Ist es nicht potenziell gefährlich ihn allein zu lassen?“, hakte Cen nach.

„Schon“, antwortete Skulduggery, „aber er soll uns vertrauen und es gibt noch kein Anzeichen, dass er gefährlich werden könnte - wir dürfen die Möglichkeit natürlich auf gar keinen Fall ausschließen. Aber wenn er es wäre, würde er sich selbst verraten, wenn er uns jetzt angreift.“

„Okay, das ergibt Sinn“, bestätigte Cen.

Skulduggery und Walküre begannen sich im Wohnzimmer umzusehen und die Gegenstände auf den Schränken zu inspizieren. Cen und Madison gingen in die Küche, um dort ebenfalls nach etwas Auffälligem oder einem Hinweis zu suchen.

„Aber mal im Ernst“, begann Madison, „dafür, dass er sich einen ziemlich albernen Namen gegeben hat, sieht er verdammt gut aus.“

Cen schüttelte energisch den Kopf. „Oh nein, Maddie. Ich finde ihn total unsympathisch.“

„Wieso?!“, fragte Madison entrüstet.

„Ich weiß es nicht. Er hat etwas an sich, dass… mir irgendwie ein komisches Gefühl gibt. Ich fühle mich unwohl…“, antwortete sie.

Sie hörten wie Mr. O die Treppe herunterlief und gesellten sich wieder zu Skulduggery und Walküre ins Wohnzimmer.

„Ich nehme an, Sie wissen bereits, worum es geht“, begann Skulduggery.

Mr. O runzelte die Stirn. „Nein, woher sollte ich?“

„Es geht um den Bombenanschlag heute morgen in Roarhaven“, erklärte Skulduggery.

„Was? Einen Bombenanschlag?“, harkte Mr. O entsetzt nach.

„Sie wissen also nichts davon? Warum nicht? Man könnte meinen, die ganze irische Magiergesellschaft weiß davon…“, sagte Walküre.

„Sicherlich“, gab Mr. O zur Antwort, „aber ich habe hier niemandem mit dem ich über solche präsenten Dinge reden kann. Die meisten Zauberer wollen mit mir als Sterblicher nichts zu tun haben und das Amt hat mir den Zugriff zum ‚Global Link‘ gesperrt, so dass ich nur die normalen Nachrichten empfangen kann.“

Skulduggery nickte. „Okay, wir verstehen. Im Laufe der Ermittlungen sind wir auf die Magic Heroes gestoßen. Vier Mitglieder dieser Organisation sind durch die Bombe gestorben. Es handelte sich hierbei um Riverlin Boswell, Charlie Gardner, Eilesh Grey und Juniper Murrell. Kommen Ihnen diese Namen bekannt vor?“

„Nein“, antwortet Mr. O „es tut mir leid, aber ich habe nie etwas von ihnen gehört.“

Cen und Madison warfen sich einen Blick zu.

„Ihre Eltern Avery und Hunter Whittle gehörten zu der Organisation“, sagte Madison.

Mr. O seufzte. „Auch diesmal muss ich mich entschuldigen. Meine Eltern sind beide seit drei Monaten tot. Sie kamen bei einem Autounfall ums Leben.“

„Dass Ihre Eltern tot sind ist uns bekannt“, sagte Madison, „aber Sie leben noch. Und wir dachten, Sie wüssten etwas über die Freunde ihrer Eltern.“

„Nein. Meine Eltern und ihre Freunde sorgten immer dafür, dass ich bei den Treffen nie dabei war. Ich bin schließlich kein Magier…“ Seine Stimme klang verbittert.

„Sind Sie enttäuscht?“, erkundigte sich Walküre.

Mr. O lächelte. „Nein. Früher, als Kind, war ich es. Ich konnte ja nichts dafür, dass ich keine magischen Kräfte hatte. Doch heute bin ich froh, ein normaler Sterblicher zu sein, wie ihr es wahrscheinlich ausdrücken würdet.“

„Warum sind Sie froh darüber?“, wollte Madison wissen.

„Nichts für ungut, aber die meisten Zauberer sind ziemlich arrogant. Sicherlich, Sie haben Kräfte, die wir Normalen nicht haben, was sie vielleicht besser macht… Naja, egal… Wäre ich auch einer, wäre ich wahrscheinlich genauso arrogant und egoistisch wie sie“, erklärte Mr. O.
Skulduggery neigte seinen Kopf nach rechts. „Wo waren Sie heute morgen gegen Acht?“

Mr. O lachte. „Glauben Sie etwa, ich sei der Täter?“

„Nein“, antwortete er, „ aber ich muss nach ihrem Alibi fragen und es dann überprüfen.“

Mr. O nickte. „Okay, wenn es sein muss... Ich war auf der Arbeit schon seit um sechs.“

„Und warum sind Sie dann schon sieben Stunden später wieder zu Hause?“, harkte Madison skeptisch nach.

„Ich bin um zwölf gegangen, um Überstunden abzuarbeiten“, erklärte Mr. O.

Skulduggery nickte und steckte seine Hände in die Hosentaschen. „Gut, dann sind wir hier fertig. Lasst uns gehen.“

Sie verabschiedeten sich von Mr. O und fuhren wieder zurück ins Sanktuarium. Skulduggery schwieg über die ganze Fahrt, was kein gutes Zeichen war.

„Was machen wir denn jetzt?“, brach es irgendwann aus Madison heraus.

„Sagt ihr es mir“, verlangte Walküre.

„Wir könnten uns die alten Fälle der Magic Heroes ansehen. Vielleicht haben sie sich einen Feind gemacht ohne es zu wissen“, antwortete Cen.

„Ja, sehr gut“, lobte Walküre.

Madison bekam eine Idee: „Der Täter war nicht professionell, wusste aber dennoch, was er tat. Ich nehme an, er hat die Teile, die er benötigte in verschiedenen Supermärkten und im Internet gekauft. Vielleicht finden wir da etwas.“

„Auch eine gute Idee“, sagte Skulduggery. „Wir teilen uns auf. Walküre und ich durchsuchen die alten Fälle und ihr beide schaut mal in der Übersicht Roarhavens nach, ob es da Auffälligkeiten gibt…“

Skulduggery Pleasant - 156Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt