Kapitel 7

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Am nächsten Morgen jedoch, war meine spärliche Hoffnung und Motivation schon wieder verschwunden. Joggen und wieder hinter dem Wasserfall sitzen. Dieses Mal zwar nicht so lange, aber es nervte trotzdem. Vor allem das Joggen. Immerhin fand ich dieses Mal den Weg zurück etwas schneller. Beziehungsweise den Weg zum Zaun.

Mit einem genervten Seufzer kletterte ich über die Latten und latschte über die leicht matschige Weide an der Litze entlang. Es war nicht mehr so warm wie gestern, aber die Feuchtigkeit des Gewitters von Gestern hing noch schwer in der Luft und machte das Atmen zwar angenehmer, aber nicht unbedingt leichter.

Trottendes Hufklopfen drang an meine Ohren und wenige Sekunden später schob sich eine Haflingerschnauze unter meine Hand. Es war Gouda. Ich erkannte ihn nur an seiner Größe und dem etwas misslichen Körperbau. Entschieden schob ich ihn weg. Ich hatte absolut keinen Bock darauf, kleinen Krüppelponys Streicheleinheiten zu geben. Goudas dunkle Augen musterten mich etwas verwirrt, bevor er sich umdrehte und wieder verschwand. Sollte mir recht sein.

Tamaluk bekam ich heute nicht zu Gesicht. Ob es Glück oder Unglück war wusste ich nicht, aber es war auf jeden Fall kein Glück, dass Ilona mir beim Mittagessen verkündete, dass ich heute Nachmittag endlich Eda reiten durfte.

Eine dünne graue Wolkendecke blockierte die Sonnenstrahlen, als ich Edas Strick in einen Anbindehaken an der Scheune knotete. Ilona stellte mir einen schwarzen Putzkoffer vor die Füße mit den Worten: „Pony putzen kannst ja, od'r?"

Ich nickte nur, während ich mir eine Wurzelbürste aus dem Putzkoffer angelte. Es war erstaunlich, wie schnell meine Routine zurückkehrte, als ich Eda die Grasflecken aus dem Fell bürstete. Nur, dass ich mich nicht auf die Zehenspitzen stellen musste, um an ihren Rücken zu kommen. Ich rechnete fast schon damit, sie immer wieder zum Stehen bringen zu müssen, wie bei Dancer damals, aber die Stute schloss entspannt die Augen und schnaubte leise, während ich sie striegelte.

Gerade, als ich ihren letzten Huf wieder auf das Pflaster setzte, kam Ilona mit einem merkwürdig aussehenden Teil über dem Arm aus der Scheune. Erst auf den zweiten Blick erkannte ich, dass es eine Art Sattel war. Aber eher wie eine dicke Satteldecke mit Steigbügeln daran.

„Was ist das denn jetzt für Ostwindkram?", rutschte es mir heraus.

Ilona zuckte nur die Schultern. „Ist für ihren Rücken besser. Die meisten and'ren hier werd'n auch mit Sattel g'ritt'n."

Ich verdrehte innerlich die Augen. Jetzt bekam ich auch noch das Krüppelpferd ab. Doch ein Blick auf Eda änderte meine Gedanken kurz. So ruhig, wie sie stehen blieb, als ich ihr den nicht-wirklich-Sattel auf den Rücken legte. Auch das Gurten schien sie nicht zu stören, obwohl sie natürlich wie jedes andere Pferd ordentlich den Bauch aufplusterte.

„Na dann komm mal mit, Mika 2.0.", sagte Ilona nur trocken, nachdem ich der Stute die Trense über die Ohren gestreift hatte. Ihr hatte ich das Gebiss nicht zwischen die Zähne schieben müssen. Im Gegenteil. Fast schon erwartend hatte sie es mir aus der Hand genommen.

Es fühlte sich wie ein Sprung in die Vergangenheit an, als ich den sandigen Boden der Halle betrat. Als wäre ich drei Jahre zurückkatapultiert worden. In eine Zeit, in die ich aber eigentlich gar nicht zurück wollte.

Nach zwei Runden auf dem Hufschlag stand ich schließlich vor dem blau angemalten Ikea-Trittstuhl, der als Aufstieghilfe diente. Eda war nicht nervös. Ich musste sie nicht festhalten. Völlig gelassen, aber mit gespitzten Ohren wartete sie darauf, dass ich meine inneren Blockaden überwinden würde. Ich spürte, wie meine Hände um die Zügel leicht zitterten und wie mein Hals unangenehm kribbelte, als ich den linken Fuß in den Steigbügel setzte. Mit einem tiefen Atemzug schwang ich mich auf Edas Rücken.

Tamaluk - zwölf Wochen SüdtirolWo Geschichten leben. Entdecke jetzt