Die Routine hielt sich. Jeden Morgen tötete Heidi meine – aber immerhin auch Isabelles – Lungen beim Joggen. Dann saß ich eine Weile unter dem Wasserfall, oder machte andere bescheuerte Atemübungen. Immerhin durfte ich nachmittags machen, was ich wollte. Die Aufgaben, die meine Lehrer mir fleißig per Mail schickten, ignorierte ich gewissenhaft. Sollten sie doch denken, ich hätte hier kein Internet oder so.
Nachmittags hockte ich meistens in unserem Zimmer oder draußen auf der Weide, nachdem ich festgestellt hatte, dass das WLAN bis zu genau einem Baum auf der Koppel reichte. Ich gab es nicht gerne zu, aber ich begann, Eda wirklich zu mögen. Immer wieder kam sie zu mir, streckte mir ihre warme Schnauze ins Gesicht und schleckte mir über die Hände.
Auch den schwarzen Wallach bekam ich immer wieder zu sehen. Mein Baum war recht nah an der Litze und so sah ich ihn hin und wieder, wie er zwischen den Bäumen hindurchtrottete und die Ohren neugierig, aber skeptisch in meine Richtung spitzte. Immer wieder versuchte ich, an ihn heran zu kommen. Aber auch, wenn ich jedes Mal ein bisschen näherkam, ließ er sich nicht wirklich anfassen. Manchmal ließ er sich einen kleinen Streichler über die Nase gefallen, mehr aber dann auch nicht. Damit blieb mein bescheuerter Ostwindtraum genau das. Zum Glück. Zwar wäre mir der große Wallach deutlich lieber gewesen, als die Haflingerstute, andererseits würde mir das nur wieder Flashbacks an Dancer geben. Und von denen hatte ich eh schon genug.
Und viel zu oft saß ich auf dem Geländer der Brücke über dem Wasserfall. Starrte in die Tiefe. Und dachte darüber nach, wie es wohl wäre, wenn ich einfach loslassen würde. Wie ich unten auf den Steinen aufkommen würde. Wie der Fluss mein Blut davonspülen würde und wie dann endlich alles vorbei wäre. Kein Asthma mehr. Kein pfeifendes Atmen. Kein Spray. Keine Notfalltropfen. Kein Krankenhaus.
Vielleicht musste ich gar nicht darauf warten, dass mich ein Anfall erledigen würde. Vielleicht konnte ich das auch selber...
Knappe zwei Wochen nach meiner Ankunft begannen die Südtiroler Sommerferien. Das machte sich vor allem dadurch bemerkbar, dass Ilona mit einem lauten „Mama! Ich hab die drei in Mathe bekommen!" durch die Tür polterte, während ich gerade mitten in der Küche auf dem Boden lag und in Ruhe atmen sollte.
Ich setzte mich auf und sah zu, wie Tobi, Ilona und Moritz die Treppe nach oben rannten. Vorbei an Isabelle, die gerade an einer Turnstange ihren Rücken streckte.
„Ein Mal noch, dann bist du erlöst für heut'"
Widerwillig legte ich meinen Rücken auf dem Boden ab und presste erneut alle Luft aus meinen Lungen. Während Heidi von zehn langsam nach unten zählte, ließ ich die Luft langsam wieder hineinströmen.
„Eins... Null."
Ich öffnete die Augen wieder.
„Super. Mittlerweile klappt das echt gut." Meinetwegen konnte sich Heidi ihr Lob sonst wo hinschieben. Fürs Atmen musste man mich nicht loben. „Isy, du kannst auch runterkomm'n."
Beim Mittagessen eröffnete Ilona uns die Pläne für den Nachmittag.
„Greta und Sophie kommen in einer halben Stunde. Dann gehen wir mit den Ponys zum Schwimmen zum Wasserfall. Heut is so warm, das wird super!" Die Begeisterung schien ihr förmlich aus den Ohren zu sprudeln.
„Darf ich mit?" Isabelles Frage wandte sich anscheinend an Heidi. Diese nickte.
„Du auch?" Ihr fragender Blick galt jetzt mir.
Ich zuckte nur die Schultern. „Hab kein Badezeug dabei."
„Egal." Tobias malträtierte seinen Reibekuchen mit der Gabel, anstatt einfach ein Messer zu nehmen. „Wir geh'n eh immer mit Klamott'n rein."
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Tamaluk - zwölf Wochen Südtirol
Dla nastolatkówJana ist ein Großstadtkind. Durch und durch. Gerade deshalb geht es ihr ordentlich gegen den Strich, dass ihre Mutter und ihr Lungenarzt sie auf eine Kur in die tiroler Alpen schicken wollen. Noch dazu auf einen Ponyhof. Schlimmer kann es ja gar ni...