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Sicht Atsumu

Sie war wunderschön doch schien es als wüsste sie es nicht selbst. Immer wieder musste ich sie betrachten, egal was sie tat. Und kennen, tat sie mich auch nicht. Das war ein Jackpot. Sie könnte meine neue Beste Freundin werden. Suzuki-san meinte ja ich solle mir zumindest eine Person suchen die dieselben Ansichten vertritt wie ich oder die mich nicht von der MSBY kennt. Ka-chan scheint da genau die Richtige zu sein. Ich lag gerade in meinem Bett und dachte ein wenig über sie nach. Sie war vielleicht 1.65 m groß. Eine normale Größe für eine Frau. Ihre langen dunkelbraun gelockten Haare um schmiegten ihr Gesicht und ihre Stupsnase kräuselte sich immer wenn sie einen Bissen nahm. Doch das Schönste an ihr waren ihre Augen. Die Reh braune Iris ließ ihre schwarze Pupille so wirken als gäbe es sie gar nicht. Das war wohl wahr das Schönste an ihr. Doch konnte ich noch nichts über ihren Charakter sagen. Sie hatte ihre Gründe warum sie hier war, genau wie ich. Vielleicht hatte sie auch einen Selbstmordversuch hinter sich und wurde zwangsweise eingewiesen. Nur bei ihr haben die Medien wahrscheinlich nicht so einen Trubel veranstaltet. Glücklicherweise hat mein Management alles getan um mich vor dem Shitstorm zu schützen, nur Samu hat davon Wind bekommen. Er will zwar ständig mit mir darüber reden, doch ich wollte nicht. Verunsichert schob ich den Ärmel meines Pullovers ein wenig runter und sah die längliche genähte Wunde. Spätestens wenn ich wieder auf dem Feld stehe, sehen meine Fans auch was ich mir angetan hatte. Meine Teamkollegen werden auch geschockt sein, und Angst verurteilt zu werden habe ich auch. Mein Management verbreitete zwar ich wäre auf Kur, wegen eines Bänderrisses, doch meine Wunden an den Pulsadern werde ich schwer verstecken können. Sachte atmete ich aus und dachte wieder an Kazumi. Würde sie mich verurteilen? So wie sie wirkte wahrscheinlich nicht, doch wissen tat ich es nicht. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich gleich Ergotherapie hatte und danach ein Familiengespräch mit Samu. Ohne weiter darüber nachzudenken, stand ich auf, zog mir meine Cap und meinen Mundschutz an und lief in Richtung Therapieraum. Kaito-San, die Therapeutin erwartete mich schon mit einem Tee der nach Kamille roch, dankend nahm ich ihn an und setzte mich an einen der vier herumstehenden Tische. „Miya-kun schön Sie hier zu sehen, wir haben heute eine Einzelstunde, da die anderen Patienten SKT haben." Sozial Kompetenz Training. Wäre ich kein Star in den Augen der Klinik hätten sie mich auch in SKT gesteckt, doch das war eine Stationsübergreifende Therapie in der viele jüngere dabei waren die mich wohl kannten. Mich nervte es eh schon die ganze Zeit so rumlaufen zu müssen wie Sakusa es freiwillig tat, wenn ich außerhalb meiner Station war. Glücklicherweise mussten auf der 2 alle unterschreiben keine Daten von mir weiterzugeben, naja zumindest die 1 bis 2 die mich kannten. Daher, dass die 2 als Rentnerstation galt war es hier die Sicherste für mich. Viel darüber nachdenken konnte ich aber nicht denn Kaito-san bereitete schon Mal Zeug vor, mit dem ich mich wohl heute ein wenig befassen durfte. „Ich habe mir überlegt, dass Sie heute alles was durch ihren Kopf geht aufzeichnen dürfen," sprach die ältere Japanerin und ich lächelte ihr freundlich zu. Ohne groß etwas zu sagen, nahm ich mir ein Din A 3 Blatt und fing an. Doch was geht mir denn heute so durch den Kopf. Zuviel und doch zu wenig um zu malen. Sofort bildete sich Ka-chan in meinen Gedanken ab, wie sie auf dem Balkon stand und rauchte. Ich verzog mein Gesicht bei dem Gedanken an den Gestank, doch bei ihrer Schönheit wurde ich überwältigt. Schon lange war ich nicht mehr so verstört, wenn ich an eine Frau dachte. Ich fühlte mich beachtet und doch so fern von ihr, warum ist sie auch mein Gedanke Nummer 1. Ich kannte sie doch erst seit einigen Stunden. Nannte man das Liebe auf den 1. Blick? Doch hatte ich kein Kribbeln im Bauch. Vielleicht ist es auch nur das Adrenalin, nach dem ersten Gesprächen und die Freude nach dem Verständnis, sobald man eine neue Person kennenlernte. Wie nur? Wie solle ich sie dazu bringen eine Freundin zu werden, sobald sie weiß wer ich bin. Sollte ich es ihr sofort sagen oder sollte ich es weiter verheimlichen? Ich konnte sie aber nicht anlügen. So würde unsere Freundschaft oder was auch immer sich da gerade aufbaut gleich zerbrechen. Ach das ist mir alles zu kompliziert. Verpeilt von mir selbst blickte ich auf mein Blatt und erschrak. Hatte ich das gemalt? Vor mir bildete sich eine junge Frau die aussah wie Kazumi ab, die gen Himmel schaut und versuchte nach einem Volleyball zu greifen den ich auf sie schmetterte. Ohne Furcht blickte sie mich an und lächelte, während ich sie nur traurig ansah. Der Hintergrund hinter mir war düster während ihrer hell war. Ohne weiter zu überlegen malte ich zwischen uns ein Yin und Yang Zeichen hin und fing an zu lächeln. Stolz blickte ich zu Kaito die mich ganz erstaunt musterte. „Wow, Sie überraschen mich immer wieder aufs Neue Miya-kun." – „Darf ich das mitnehmen?"- „Natürlich, natürlich, wenn Sie wollen kann ich es Ihnen noch einrahmen," freute sich Kaito-san und nahm mir mein Blatt ab, als ich nickte. Noch kurz eine Verabschiedung murmelnd stand ich dann wieder auf und verließ vermummt das Zimmer. Entgegenkommend jüngerer Frauen die mich musterten, lief ich steif weiter Richtung Aufzug und atmete einmal tief aus als sich die Türen endlich schlossen. Eine gefühlte Ewigkeit wartend fuhr der Lift dann endlich nach oben und öffnete sich auf Ebene meiner Station. Eine ältere Dame namens Kawayoshi Mizu kam mir entgegen und lächelte mich traurig an. Ihr ging es wohl heute nicht gut. „Ahh, Atsumu, fast hätte ich dich wieder mit deinem Bruder verwechselt, Suzuki-kun meinte das Gespräch heute findet 15 Minuten später statt." Dankend klopfte ich ihr auf die Schulter und sagte noch sie solle den Kopf nicht hängen lassen. Manchmal half es ihr wenn ich das sagte, doch heute schien das nicht der Fall. Sie nickte nur nachdenklich und stieg dann in den Aufzug ein. Ohne weiter einen Gedanken zu verschwenden betrat ich dann die Station und sah von weitem mein Ebenbild. Freudig lief ich zu ihm und gab meinem Zwillingsbruder eine brüderliche Umarmung. „Tsumu, hey, wie geht es dir heute." Ich konnte die Vorsicht aus seiner Stimme nur so heraushören und sein Blick galt meinen Armen. Etwas angepisst über sein Verhalten murmelte ich ein ‚ganz okay' und verschränkte beleidigt meine Arme. „Hey ich bin nur überfordert. Hätte ich dich vor 4 Wochen nicht... ach egal. Ist es immer noch so langweilig auf Station?" Sofort wurde ich wach als er fragte, denn vor meinen Augen hatte ich wieder das Bild von Kazumi. „Nein nicht mehr, wir haben einen Neuzugang in meinem Alter bekommen und sie scheint interessant zu sein. Ich hoffe wir werden Freunde," lächelte ich und blickte zu ihrer Zimmertüre. Was sie wohl machte? Ungläubig schaute mein Bruder mich an und ich verstand sofort. Ich und Freundschaft mit einer Frau. Seit ich so berühmt geworden bin, hatte ich kaum Freunde außer Hinata, Bokuto und Sakusa. Alle wollten mich ausnutzen und alle suchten in mir nur den Sugar Daddy, doch ich lies mich nicht darauf ein. Meine Depressionen die ich schon seit Oberschulzeiten hatte wurden dadurch leider nicht besser und so kam eins zum anderen. Mir tat es leid für Samu, denn er versuchte alles um mich wieder aufzumuntern. Von Onigiri mit lächelnden Gesichtern, bis hin zu Marken Klamotten die ich liebte war alles dabei, doch nie half es mir. Manchmal dachte ich, ich wäre zu undankbar, doch ich konnte nichts dafür keine Freude zu empfinden. Es war Teil meiner Krankheit und so musste ich wohl oder übel weiterleben. Samu machte sich schon in der Oberstufe Sorgen, da ich mich am Oberschenkel geritzt hatte und er es eines Tages sah, Gott gab es da Krawall. Doch mit den Jahren wurde er sanfter und verstand den Teil meiner Krankheit endlich, denn mit 18 bekam ich die Diagnose als Borderliner. Noch nie habe ich Samu seitdem so viel lesen sehen wie vor meiner Diagnose. Er war ein guter Bruder der versuchen wollte so gut mit meiner Krankheit umgehen wie möglich. Es hatte nicht lange gedauert bis er keine Berührungsängste mehr vorwies, doch ich selbst hatte immer noch welche. Ich hatte Angst nie geliebt zu werden durch meine unzähligen Narben an den Oberschenkeln und auch die an meinen Pulsadern. Ob Kazumi mich eklig finden würde? Ein Fingerschnippen vor meinem Gesicht ließ mich wieder aus den Gedanken erwachen und Samu guckte mich freundlich an. „Sie scheint ja was Besonderes zu sein, wenn du sofort in Gedanken verfällst." – „Das ist sie auch, sie teilt die selbe Weltansicht wie ich und war nur kurz sauer auf mich bis jetzt," schwärmte ich Samu vor und er hob seine linke Augenbraue. „Ich habe ihre Unterwäsche durchwühlt, mir war langweilig." Keine zwei Sekunden nachdem ich das gesagt hatte, schlug Samu mir auf den Hinterkopf und schimpfte mich wegen meines Verhaltens. „Schau, ich weiß nicht wie ich mit ihr umgehen soll, sie weiß nicht einmal, dass ich berühmt bin." – „Dann solltest du es ihr sagen," meinte mein Bruder und guckte mich aus müden Augen an. Er hatte Recht, ich sollte nicht jetzt schon mit Geheimnissen los legen wenn ich ihr nahe sein wollte. Bevor wir unser Gespräch weiterführen konnten wurden wir aber von meinem Therapeuten unterbrochen, der uns in sein Büro bat. Ich setzte mich auf einen der beiden Sessel und wartete bis Suzuki anfing zu sprechen. „Willkommen Miya-san. Wie geht es Ihnen denn heute," fragte mein Therapeut mein Abbild und dieser antwortete kurz und knapp mit ‚gut'. „Das ist heute ihr zweites Familiengespräch und ich hoffe wir kommen wieder zu einem Durchbruch. Wie fühlt es sich denn an, ihren Bruder heute zusehen Atsumu-kun?" – „Ich freue mich Samu zu sehen, es gibt mir das Gefühl von Sicherheit meinen Bruder neben mir zu wissen, egal in welcher Situation oder welche Umstände es bereitet," gab ich ehrlich zur Antwort und bekam dafür ein zustimmendes Lächeln meines Bruders. „Mir geht es auch so. Ich bin zwar immer noch geschockt, denn die Umstände waren doch sehr extrem, doch ich gebe mir alle Mühe Tsumu auf seinem Weg zu begleiten. Egal was er tut oder nicht tut meine Unterstützung hat er," sprach mein Bruder weiter und ich guckte ihn überrascht an. So etwas hatte ich noch nie aus seinem Mund gehört. Ich glaube das ist jetzt der Moment in dem ich erst realisiere, dass er erwachsen geworden ist. Mein Stolz wuchs mit jedem Wort welches er sprach mehr und am Ende hatte ich Tränen in den Augen. Das war mein Bruder und ich bin froh ihn zu haben.

Society // Atsumu Miya X OcWo Geschichten leben. Entdecke jetzt