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Sicht Atsumu

Noch nie hat mein Herz so geschmerzt wie bei dem Abschied von Kazumi. Doch gleichzeitig freute ich mich solche Gefühle in ihr auslösen zu können. Samu blickte mich von der Seite an, als wir ins Auto stiegen. „Die Kleine mag dich ja wirklich." Osamus Worte waren Musik in meinen Ohren. Ja, ich hatte die Bestätigung gemocht zu werden. Mich machte das sehr glücklich. Doch ich vermisste Kazumi jetzt schon. Wie ihr die Tränen runter gekullert sind ist dermaßen schmerzend gewesen. So traurig hatte ich sie noch nie erlebt. Doch weiter darüber nachdenken konnte ich nicht, denn Samu suchte das Gespräch. „Soll ich dich zuerst ins Dorm fahren oder willst du noch was essen." – „Soweit ich weiß sind die Jungs noch im Training, eine Kleinigkeit essen bevor ich sie wieder treffe und ihnen 'ne Geschichte von Kur auftische, ist gar nicht verkehrt," antwortete ich ehrlich und schon waren wir auf dem Weg zu dem Laden meines Bruders. Angekommen parkte er auf dem Parkplatz direkt vor dem Laden und stieg ohne ein Wort aus. Auch ich stieg aus und betrachtete den Toyota Celsior meines Bruders. Er war schwarz lackiert und sah sehr gepflegt aus. Seine Felgen waren auch schwarz, was das Auto noch edler wirken ließ. Ich hatte ihn ihm damals zu Weihnachten geschenkt kurz nachdem wir 20 geworden sind. Ich selber hatte zu dieser Zeit noch einen alten Mazda, doch nachdem ich zu MSBY gewechselt war und ein Black Jackal geworden bin habe ich mir selbst ein JDM Car gekauft. Auch wenn die Meinungen gespalten sind fahre ich gerne mit meinem Supra MK5. Es war ein schöner Wagen den ich sehr schätzte, und doch auch fürchtete. Ich bin nämlich auf die grandiose Idee gekommen ihn zu tunen und die PS die ich unterm Hintern habe sind nicht zu unterschätzen. Was wohl Ka-chan darüber denken wird, dass ich so eine Karre fahre. Aber ich denke nichts Negatives denn es war ja ein Toyota und sie arbeitete ja bei Toyota. Vielleicht sollte ich ihr eine Überraschung machen und mit ihr privat nach Hyogo fahren. Nicht im Zug. „Sag mal willst du jetzt was essen oder nicht," unterbrach Samu meine Gedanken. Ich schüttelte kurz den Kopf um wieder zurück in die Realität zu finden und folgte meinem Bruder in seinen Laden. Er hatte mir schon ein paar Tunfisch Onigiri bereitgestellt. Sofort platzte ich mich hin und biss genüsslich hinein. Gott liebte ich das Essen von meinem Bruder. „Und schmeckt es dir." – „Ja, voll lecker," schmatzte ich woraufhin er nur angewidert das Gesicht verzog. „Wie können die Frauen nur auf dich stehen?" Empört schaute ich ihn an. So eine Gemeinheit. Wie konnte er nur so fies sein. Außerdem haben wir dasselbe Gesicht. Es war auch eine Beleidigung gegen ihn. „Du und Kazumi passen echt zusammen, sie hat auch keine Manieren bei Tisch," schlussfolgerte er und lächelte sehr verschmitzt in meine Richtung. Gott, wie er mich manchmal aufregte. Und dann sagen die Leute ich bin der Provokante. Stimmt nicht einmal. Okay selten. Okay vielleicht öfter, aber nicht mit Absicht. Okay bei dieser Gesellschaft mit Absicht, aber ich kann auch nett sein. „Komm du hast fertig gegessen, ich fahr dich jetzt heim." Wow, sehr nett Osamu. Es kommt mir so vor als wolle er mich loswerden. Langsam aber sicher stand ich auf und lief Richtung Türe. Wir stiegen beide in den Wagen meines Bruders und fuhren letztendlich in die Wohnung, die ich mir mit Hinata, Bokuto und Sakusa teilte. Unser Management machte keine halben Sachen weshalb diese Wohnung eher Penthouse genannt werden konnte, obwohl sie nicht ganz oben war. Wir brauchten nur ein paar Minuten und schon waren wir da. Zu meinem Bedauern sah ich die Autos von meinen Jungs auf ihren Parkplätzen stehen, weshalb ich davon ausgehen konnte, dass diese auch da waren. Wenn ich ehrlich war hatte ich eigentlich nicht den Nerv ihnen unter die Augen zu treten. Es war so plötzlich als ich sie verließ. Samu und ich waren damals in meinem eigenen Apartment, welches ich mir gemietet hatte um allein zu sein.

Flashback TW

Alles fühlte sich taub an. Nicht einmal der Blick in den Spiegel verriet mir ob ich noch am Leben war, denn was ich dort sah konnte einer Leiche leicht Konkurrenz machen. Geschwollene rote Augen die sich mein Seelenspiegel nannten. Tiefe Augenringe die dunkler waren als das schwärzeste schwarz. Ein Lächeln, welches die Seele nicht zu berühren schien und Tränen die liefen wie Bäche. Ja, ich war definitiv kaputt, und ich wusste, dass ich Hilfe brauchte, doch wollte ich keine annehmen. Ich hatte Angst als Versager da zu stehen, denn ich sollte mit meinen Dämonen doch selbst klarkommen können. Es wäre nur verhöhnend, wenn ich mich der Gesellschaft so unterwerfen würde und mir von ihnen helfen ließ. Das kam nicht in Frage. Es musste anders gehen. ‚Aber du musst' nein ich muss nicht. Ich muss gar nichts. Ich muss einfach nur wieder glücklich werden. Die letzte Zeit nahm mich einfach zu sehr mit. Das ganze Gestalke meiner Fans, das Training, die Menschen im Allgemeinen, die immer besser wussten wie es dir geht und was du zu tun hast. Das alles war mir zu viel. Die ganzen Normen der Gesellschaft einzuhalten, widerlich. Ich konnte nicht mehr. Ich war fertig. Bitterlich fing ich an zu heulen, so schlimm, dass ich am Boden zusammenbrach. Gab es denn nicht auch andere Wege, konnte ich denn nicht einfach... verschwinden. Immer noch heulend, krampfend und wimmernd lag ich auf dem Boden. Auf dem Boden der Tatsachen. Denn ich fühlte Stück für Stück immer mehr Taubheit. Die Dämonen wurden leiser und durch meinen Kopf sprach eine helle weibliche Stimme. ‚Steh auf' Ich stand auf. ‚Sieh dir in die Augen' Ich sah mir in die Augen. ‚Lass es enden'. Die Stimme war so klar. Lass es enden. Ohne wirklich nachzudenken, griff ich nach dem Spiegelschrank und öffnete ihn. Ich sah nach kurzer Zeit was ich suchte und hatte zwischen Zeigefinger und Daumen eine kleine silberne Klinge. Ich betrachtete dieses kleine Ding, das so unscheinbar schien und doch so viel anstellen konnte. ‚Tu es' Ich tat es. Ich legte die Klinge am Unterarm an und drückte sie erst leicht in mein Fleisch. Der Druck wurde immer größer und dann...zog ich sie nach unten. Am anderen Arm tat ich dasselbe. Ein Schmerz durchzog beide Arme und irgendwie machte er mich Glücklich. Freudig lächelte ich mein Spiegelbild an und sah zu wie das Blut lief, bis plötzlich Samu rasant die Tür öffnete.

Er schrie mich damals an und fing selbst an zu weinen. Wenn ich heute so darüber nachdachte tat es mir total leid, meinen Bruder so leidend zu sehen. Doch jetzt war alles irgendwie wieder im Lot. Ich guckte noch einmal zu ihm bevor er losfuhr, packte meine Reisetasche und lief Richtung Eingang vom Haus. Zu meinem Überraschen sah ich an den Briefkästen Shoyo der mich ganz perplex musterte. „Hey Tsumu-kun. Du bist wieder da?" – „Ja, der Bänderriss ist verheilt," lächelte ich ihm zu und er fing an über beide Ohren zu grinsen. „Das ist super, dann kannst du morgen gleich wieder mit zum Training kommen, ich habe die Zuspiele vermisst, das sag ich dir." Zum Glück hinterfragte der Junge nichts und ging freudig neben mir her nach oben in die Wohnung. Dort waren die Blicke von Kiyoomi und Kotarou nicht anders. „Bist also wieder da." Sakusa wie er leibt und lebt. Ich nickte nur und versuchte zu erklären, dass ich in mein Zimmer gehen werde um mich ein wenig von der Fahrt auszuruhen. Klar die Klinik war nicht wirklich so weit von meinem Zuhause entfernt, aber sie mussten ja nicht wissen, dass ich noch im Lande war und nicht irgendwo auf Ehrholungskur. In meinem Zimmer angekommen, setzte ich mich erst einmal auf mein Kingsize Bett und schnaufte durch. Warte, Kazumi hat mir doch einen Brief mitgegeben. Sofort suchte ich in meiner Tasche nach diesem Brief und fand ihn leider nicht. Hatte ich ihn vorhin irgendwo abgelegt ohne es wirklich zu realisieren. Ich verließ kurz mein Zimmer um in den Eingangsbereich zu gehen und Tatsache ich hatte den Brief neben meine Schuhe gelegt. Schnurstracks tapste ich zurück in den Raum und öffnete den Brief.

Lieber Tsumu,

danke, dass du mir die Zeit in der Klinik so vereinfacht hast. Noch nie habe ich einen Menschen kennengelernt, der mir in so vielerlei Hinsicht ebenbürtig ist. Ich weiß eigentlich gar nicht was ich Groß schreiben soll und ich bin schon wieder am Heulen. Weißt du ich zähle dich zu meinem Besten Freund und ich hatte noch nie Freunde weshalb das für mich so besonders ist gleich einen so guten zu bekommen. Wir haben meiner Meinung nach definitiv zu wenig gemacht, weil du eine Zeit auch deinen Abstand wolltest aber ich denke genug um sagen zu können die Zeit war wunderbar. Ich bin auch ganz schlecht in sowas, also Briefe zu schreiben mit Gefühlen und so, yk. Deswegen beende ich das hier. Ich hab dich lieb Tsumu und wir sehen uns bald wieder.

In Liebe

Kazumi

Sie hat mich lieb. Vor Freude machte mein Herz einen Sprung, und als wäre ich ein kleines Mädchen, schmiss ich mich in mein Bett, strampelte mit meinen Füßen und schrie in mein Kissen. Ups, hoffentlich haben die anderen das nicht gehört. Zu meinem Bedauern klopfte es aber genau 20 Sekunden nachdem ich meinen Schrei losgelassen habe. Ich stand auf und öffnete die Türe und sah, dass Sakusa dort sehr angespannt zu stehen schien. „Was ist das?" In seinen Händen war mein Arztbrief von der Klinik. Hatte ich ihn nicht mit in mein Zimmer genommen. Nein nur Kazumis Brief lag neben meinen Schuhen. Vielleicht hatte ich ihn dort genau so liegen lassen, nur Sakusa hat ihn vor mir gefunden. Alle meine Muskeln hatten sich angespannt. Wie konnte er nur den Brief lesen. „Du bist Borderliner?" – „Geht dich 'nen feuchten Scheißdreck an. Du hattest nicht das Recht meinen Brief zu lesen!", schrie ich den Mann vor mir an, riss ihm den Brief aus der Hand und knallte ihm die Türe vor der Nase zu. Sakusa ließ sich davon aber nicht beeindrucken und kam einfach in mein Zimmer. „Du warst nicht auf Kur. Aber warum warst du in der Psychiatrie?"

Society // Atsumu Miya X OcWo Geschichten leben. Entdecke jetzt