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Vor ungefähr zwei Monaten

I C H hätte geweint, wenn der übergroße Plastikschnurrbart mir nicht die Luft zum Atmen genommen hätte. Durch die aufgeblasenen Muskeln an meinen Armen schaffte ich es nicht mal, mich zu kratzen. Es juckte überall und in der stickigen Luft drohte mir die Atemnot. An diesem Abend hatte ich mich immer wieder umgedreht, nach ihm Ausschau gehalten, doch bislang war er weit und breit nirgends zu sehen. Da war nur eine Ansammlung von Studenten, zertretene Plastikbecher, ein alkoholversiffter Geruch und die aufgestellte Partylampe. Lichtfunken blendeten mir in den Augen, wenn sie im richtigen Winkel zu mir standen. Der Stehtisch klebte durch das umgekippte Bier, das die Person vor mir hier verschüttet hatte.

Dina kam zurück – oder besser gesagt, sie fiel zurück. Nachdem sie irgendjemand angerempelt hatte, sorgte der Tisch in ihrem Rücken für den nötigen Halt. In ihren Händen hielt sie zwei Gläser. Das gelbe Gesöff samt Schaum schwappte gefährlich. Immer drauf auf die Holzplatte! Es schadete nicht, wenn die Finger des nächsten Tischbesuchers noch mehr klebten, spottete ich in meinen Gedanken. Ich für meinen Teil fasste die Unterlage nicht mal mit Handschuhen an.

»Du hängst hinterher«, brüllte mir Dina zu, dabei eins der Biere reichend. Über die lauten Basstöne hinweg, verstand ich sie zwar, aber nur, weil sie in einer Lautstärke schrie, die beinahe das Trommelfell platzen ließ. »Das ist der Beginn einer neuen Ära!« Spielte sie auf unser zukünftiges Zusammenleben an? Ich rieb mir das Ohr.

Sie stellte ihr Bier ab, kam direkt neben mich, knuffte kurz den Plastikbizeps und zog dann den Ausschnitt meines Leopardensportdresses bis runter zum Gürtel. Ein unbekannter Junge pfiff, obwohl er nichts weiter als die Plastikbrust zu Gesicht bekam. Ich schenkte Dina einen verärgerten Blick. Der Alkohol erlaubte ihr nicht, mich auf das Plastik nackig zu machen. Entschuldigend schlang sie einen Arm um meine Hüfte. »Neues Semester mit mir als deiner supertollen Mitbewohnerin!« Ich hoffte, die supertolle, neue Mitbewohnerin drückte mich nicht noch fester. Wo war der Sauerstoff, wenn man ihn brauchte?

»Eine Uniparty nach der anderen! Spaß ohne Ende!« Hatten wir nicht schon letztes Semester Spaß ohne Ende, als ich noch von Fallsberg nach Vielsgart gependelt war? Ich rieb mir die Schläfe. Dina schob mir hartnäckig das Bier vor die Nase, weil ich nicht trank. Da ich für mich die goldene Regel aufgestellt hatte, aufzuhören, wenn mir schwindelig wurde, verzichtete ich.

»Bist du im Seminar von Herrn Thiel?« Aus Gewohnheit, weil ich sie an diesem Abend jedem stellte, bedrängte ich auch Dina mit der Frage. Smalltalk lag mir im alkoholisierten Zustand nicht.

Sie nippte an ihrem Bier und prostete mir auffordernd zu. Ich schüttelte den Kopf und schob ihr das Getränk vor die Nase. Sie seufzte. »Dummerchen, wir haben die Kurse doch zusammen gewählt. Natürlich bin ich im Seminar von Herrn Thiel.« Sie hatte ihn mir sogar empfohlen, weil er kein theorieverliebter Dozent war, sondern ein Lehrer, der zur Uni geschickt wurde, um uns praxisnahen Stoff beizubringen. Diese Abwechslung klang vielversprechend.

Box Nr. 7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt