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S I M O N S plumpes Auftreten erinnerte mich an seine Tochter. Seine Hände waren mit Motoröl verdreckt und seine Latzhose wies ebenfalls ein paar undefinierbare Flecken auf. Der Motor heulte auf. Er gab seltsame Geräusche von sich, die ihn zum Lachen brachten. »Wunderschön.« Er fuhr sich durch das verschwitzte Haar. Mir wurde mulmig bei dem Gedanken, acht Stunden mit diesem alten Truck zu fahren.
Zugegeben, äußerlich hätte ich Simon und Dina niemals für Vater und Tochter gehalten, aber sie lebten nach derselben Wird-schon-Einstellung. Das Stimmvolumen beim Lachen hatte er ebenfalls weitergegeben. Raphael stand abseits. Bis auf ein kurzes Zunicken interagierte er überhaupt nicht mit seinem Onkel. Die Hände vergrub er in seiner Hosentasche und starrte seit mehreren Minuten den Himmel an, während ich eine Einweisung bekam. Unverzeihbar, wenn ich dieses Prachtstück verschrottete.
»Die Gänge klemmen manchmal ein bisschen. Es hilft dann, wenn du die Schaltung hin und her rüttelst.« Er demonstrierte, was zu tun war. Ich hoffte nur, dass das nicht auf der Autobahn passierte.
Ich lächelte verkniffen. »Wunderbar«, wiederholte ich seine Worte.
Er beobachtete Raphael aus dem Augenwinkel – den Mund sorgenvoll verzogen. Es machte den Anschein, als war er über seinen Gesundheitszustand informiert – besser noch als ich. Gerne würde ich ihn fragen, wie es um seine Demenz stand. Was ich zu befürchten hatte. Doch mir blieben die Worte in der Kehle stecken.
Glücklicherweise lieferte er mir die perfekte Vorlage: »Weißt du über Raphael Bescheid?«
Ich schüttelte den Kopf. »Zumindest nicht richtig.«
Er nickte, als habe er mit meiner Antwort gerechnet. Fahrig zog er eine Visitenkarte aus der Latzhose. »Falls was ist, ruf einfach durch. Habe in eine verrückte Familie eingeheiratet. Es gibt kein Problem, was ich nicht lösen kann.«
Warum gab er mir die Nummer, wenn Raphael diese hatte? Was glaubte er denn, würde passieren? Zögerlich nahm ich die Karte entgegen und fasste all meinen Mut zusammen. »Von welchen Problemen sprechen Sie? Seine Demenz bereitetet mir Sorgen und er möchte mir noch nicht mitteilen, was nicht stimmt.«
»Noch?«, verdutzt zog er eine Augenbraue hoch.
Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, wenn wir uns besser kennen, so versprach er mir, würde er ehrlich sein.«
Jetzt war ich diejenige, die er besorgt musterte. »Oh je«, er strich sich mit der Hand durchs Gesicht. »Soll ich dir nen Rat geben? Such dir andere Freunde. Ist ja schön, dass er sich dir anvertrauen möchte und mit dir diesen Ausflug unternimmt, aber ... er wird wohl immer mit einem halben Fuß im Grab stehen.«
Meine Befürchtungen von Dinas Vater bestätigt zu bekommen, machte den Verrat der beiden nur schlimmer. Wer zur Hölle verkuppelte jemanden, der am Ende sowieso starb? Gönnte mir Dina die Tränen nach seinem Tod? Wollte sie nicht alleine weinen?
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Box Nr. 7
Romance»Die ganze Zeit ging ich davon aus, du wärst auch nur jemand, dem ich nicht trauen kann, aber du warst die ganze Zeit ehrlich zu mir, oder?« 𓆈 Zettelchen für einen Kummerkasten schreiben? Lennja findet, dass sie dafür längst zu alt ist. Ihr Pädagog...