Kapitel 4 - Hoseok

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Regel Nr. 4: Der Morgen danach

(da solltest du schon weg sein, klassisch: kein Kuscheln, kein Einschlafen, kein Frühstück!)

Eigentlich war mir von vornherein klar, dass dieser Abend genau jenen öden Beigeschmack haben würde, den man nur mit Mühe überspielen konnte. Ja, es war ein spezielles Firmenevent und ja, mir war klar, dass ich gute Miene zum langweiligen Spiel machen musste - in dem Fall. Wenn der Chef den inneren Kreis einlud, konnte man schlecht nein sagen. Schon gar nicht, wenn der Ausflug in eins dieser überteuerten Striplokale ging, die jedem anderen außer mir in freudiges Entzücken versetzte. Mich kostete es eher einen sehr langen und sehr meditativen Atemzug. Nichts gegen schöne Frauen wirklich. Selbst ich konnte problemlos schöne Frauen kategorisieren, nur war ich nicht sonderlich begierig darauf, dass sie sich vor mir auszogen, angespornt durch möglichst viele Scheinchen, die ich ihnen zustecken musste.

Wenn sich schon jemand für Geld vor mir ausziehen sollte, dann wollte ich mir lieber selbst aussuchen, wer das war. Aber frivole Firmenevents wie diese, musste man selbst als schwuler Kerl tapfer aussitzen... und dabei lächeln und winken. Vorzugsweise mit Geld.

Ich versuchte mich nicht sinnlos zu betrinken, immerhin saß immer noch mein Chef mit am Tisch und auch wenn sich die Meute um mich herum allmählich in einen Status zurückentwickelte, der nach Keulen und Mammuts verlangte, wollte ich nicht, dass ich geifernd und grölend auf einem Video auftauchte, das in der Firma die Runde machte. Also gab ich mich entspannt, beobachtete das Mädchen, das sich auf Armlänge von uns entfernt akrobatisch um eine Stange wickelte und fragte mich insgeheim, wie viel Geld ich noch in Spitzentangas stopfen musste, bevor ich mich unauffällig verdrücken konnte. Wenigstens für eine Weile.

Dabei war das Mädchen wirklich hübsch. Sehr athletisch und schlank, fast knabenhaft, wenn auch das übertriebene Make Up kaum preisgab, was für ein Gesicht sich darunter wirklich verbarg. Vermutlich ein deutlich zu junges. Nicht illegal, entschied ich, trotzdem wohl zu jung für die Hälfte der Elite, die mich umringte. Wahrscheinlich so alt wie die ein oder andere Tochter meiner hochgeschätzten Kollegen. Ich rümpfte die Nase.

Aber noch während ich darüber nachdachte, streifte etwas anderes meine Aufmerksamkeit. Ein lautes, fröhliches Lachen, eine belustigte Stimme, deren Worte nicht zu verstehen waren. Ich drehte mich in die Richtung der Stimme und sah einen blonden Haarschopf im spärlichen Licht aufleuchten.

Lachen. Etwas war an diesem Lachen, das es mir unmöglich machte, mich wieder abzuwenden und so sah ich gerade noch, wie der Kerl mit den blonden Haaren am Ende der langen Bar durch den bogenförmigen Durchgang verschwand.

Ein Kellner? Die hatten hier Kellner? Bisher hatte ich nur bullige Security Guides, mehr oder weniger dezent platziert, gesehen und natürlich jede Menge Mädchen in kaum vorhandenen Glitzerdessous und auf schwindelerregenden Stilettos, die sich auf diesen Highheels bewegten, wie ich in Turnschuhen. Wenn sie also schon nicht anturnend waren - für mich - dann auf alle Fälle bewundernswert. Der Kellner hingegen hatte mein Interesse geweckt. Welcher Kerl arbeitete denn in so einem Laden, zwischen all den halbnackten Frauen, in deren Gegenwart sich so ziemlich jeder Mann innerhalb von Minuten in einen Neandertaler verwandelte? Oder deutlicher: Welcher Mann konnte in so einer Umgebung denn noch Kopfrechnen? Exakt.

Nach drei weiteren Scheinen beschloss ich, der Sache auf den Grund zu gehen. Mit einem schwachen Nicken entschuldigte ich mich bei meinen Kollegen, erntete vereinzelt ein dreckiges Lachen oder auch nur ein ungeduldiges Winken und machte mich auf den Weg zu eben jenem Durchgang, in welchem Blondie vorhin verschwunden und seitdem nicht mehr aufgetaucht war.

Zunächst führte mich dieser Weg zu den Toiletten und ich stieß die Tür auf, spähte in den Raum, aber er war leer, also machte ich noch ein paar Schritte in den Gang hinein und stand dann vor einem Treppenaufgang. Von oben schallte schrilles Kreischen und lautes Gelächter herunter. Frauen.

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