Regel Nr. 5: Er will Sie wiedersehen?
(keine Telefonnummer dalassen, Schicksal, wenn er dich wiedersehen will, wird er einen Weg finden.)
Jimin war Tänzer und das erkannte man auch sofort, wenn man ihn sah. Es war die Art wie er ging, seine Haltung, wie er stand. Man sah es daran, wie er den Kopf neigte, die Schultern straffte oder auch nur nach einem Glas griff. Alles an ihm war elegant, jede Bewegung, jedes Stillhalten. Und diese Eleganz wurde von dem zerbrechlichen Körper noch unterstrichen, den großen, schimmernden Augen, dem schmalen Gesicht, dem sonnenblonden Haar. Sein Erscheinungsbild war... filigran, dennoch konnte man eine Energie in ihm fühlen, die beinahe summend über seine Haut kroch. Aber das alles war etwas, das ich erst viel später wahrnahm, als wir allein waren.
Meinen ersten Blick auf Jimin erhaschte ich auf der Bühne, als Premier danseur étoile, wie das Programmheft verriet, und das auch nur weil ich zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Oder nein, weil ich mich zur richtigen Zeit an den richtigen Ort hatte verschleppen lassen. In diesem Fall ins Theater. Nichts gegen Kunst und Kultur, aber Ballett war normalerweise nicht mein Steckenpferd und wenn überhaupt, dann bitte klassisch. Vielleicht sowas wie... Schwanensee? An dieser Stelle hätte mich wohl ein lautes Seufzen verraten können. Nein, ich konnte das nur schwer verbergen, ich hatte nicht wirklich Ahnung und welches Spektakel auf der Bühne auch stattfinden mochte - wiederum das Programmheft verriet etwas von einem verzauberten Prinzen und einem Feuervogel - oder war es ein Phoenix? - ich konnte bestenfalls versuchen mich darauf einzulassen.
Zu meiner eigenen Überraschung fiel mir das dann ausgesprochen leicht und ja, ehrlicherweise musste ich zugegeben, das lag hauptsächlich an dem halbnackten Kerl dort oben, der nicht sehr viel mehr als eine knielange enge Hose trug, die auf und auf mit roten Federn bestickt war, dazu eine wilde Körperbemalung in Rot und Gold sowie eine Halbmaske und einen leuchtenden Kopfputz, der jeden Sambatänzer beim Rio Carnival vor Neid hätte tot umfallen lassen.
Wie konnte ein Mensch allein so eine unfassbare Präsenz haben? Plötzlich war die Musik egal, die Geschichte ebenfalls und der Rest der Tänzerinnen und Tänzer sowieso. Ich starrte wie paralysiert auf das wilde Konstrukt einer nicht greifbaren Fantasie und war... hingerissen.
Ja, das war die richtige Bezeichnung.
Ich war sprachlos, ertappte mich immer wieder dabei, dass ich unbemerkt den Atem anhielt und bekam irgendwie überhaupt nichts mehr so richtig mit. Erst als das Licht anging und man mich fragte, ob ich denn einen Teil des Ensembles kennenlernen wollte, kam ich wieder in der Realität an und nickte schwach. Da begriff ich noch gar nicht, welche Chance sich hier gerade auftat. Diese Erkenntnis folge in etwa zehn Minuten später, als jemand den Namen des wunderschönen Feuervogels nannte.
Jimin also.
Der stand vor mir und lächelte. Immer noch halbnackt, immer noch bemalt, über seine Schultern hing ein Seidenmantel, den zu schließen er sich nicht die Mühe gemacht hatte. Und deswegen konnte ich, aus der Entfernung einer Armlänge, auch einen ausführlichen Blick auf den wunderschönen Körper erhaschen, mit oder ohne Farbe. Der Kopfputz fehlte mittlerweile ebenfalls, aber seine Haare waren zurückgegelt und so mit Glitzer in Rot und Gold bestäubt, dass ich noch nicht mal erkennen konnte, welche Haarfarbe er wirklich hatte. Auch sein Gesicht wirkte, unter dem übertriebenen Make Up, fremdartig und kaum menschlich. Allein die Augen, in einem warmen schokoladenbraun, glitzerten vergnügt.
„Das war... beeindruckend", murmelte ich, selbst verunsichert, ob ich damit die Aufführung oder doch nur einfach Jimin meinte und wurde mit einem hellen Lachen belohnt.
„Danke."
War das ein Knicks? Auf alle Fälle war es etwas in der Art, eine grazile Bewegung, ein leichtes Neigen seines Kopfes, ein Lächeln. Und wieder traf mich dieser Blick, intensiver jetzt, wenn es denn mit den stark geschminkten Augen überhaupt noch intensiver werden konnte. Ein leiser Schauer jagte meinen Rücken hinab. Die Unterhaltung ging weiter, plätscherte seicht an der Oberfläche dahin mit den üblichen Fragen zu weiteren Auftritten und Programmen, dies und das, doch wirklich spannend war im Grunde nur, was sehr subtil hinter all diesen Worten vonstattenging. Die Art womöglich, wie er den Kopf neigte, lächelte, wie sein Blick immer wieder auf meinen Mund abrutschte, wie er sich die Lippen leckte oder sich mit einer geschickten Drehung ein Stückchen näher schob.
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One Night Stand
Fanfiction[BTS- AU] Yoongi ist eingefleischter Single und sieht überhaupt keine Veranlassung, daran etwas zu ändern. Seine letzte, richtige Beziehung ist ewig her und die Erinnerung daran schürt auch keine Sehnsüchte, nach einer neuen. Seine Bedürfnisse nach...