1. Kapitel

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Ich sitze in einer Ecke. Oder besser gesagt in meiner Ecke. Hier sitze ich immer nachdem er das getan hat. Ich hasse ihn! Und doch kann ich nicht ohne ihn. Er ist mein ganzes Leben und ich bin seines.

Warum er das dennoch immer und immer wieder tat, wusste ich bis heute nicht. Ich rede mir immer ein, dass er es aus Liebe tat und mich damit vorbereiten wollte. Aufs Leben vorbereiten.

Ich halte meine Hand an meine schmerzenden Beine. Sie sind blau befleckt und voller Blut. Er hat mich wieder ausgepeitscht, weil ich seine Regeln angeblich erneut gebrochen hätte. Dabei habe ich nur für einen kurzen Moment mein Kopftuch abgenommen. In meinem eigenen Zimmer. Ich fing an zu weinen. Alles tat mir weh. Es war nicht das erste mal gewesen, dass er mir weh tat und das schlimmste war, dass ich nichts dagegen tun konnte.

Vorsichtig versuche ich mich aufzurappeln, doch meine Beine sind so geschwächt, dass sie unter mir weg knicken. Ich lehne mich gegen die Wand und starre die Decke an. Um mich herum ist es leer und dunkel und kalt. Dieser Ort hatte meinen ganzen Schmerz und all meinen Kummer aufgenommen und ich war dankbar, all das hier loslassen zu können. Und sobald ich den Raum verlassen würde, könnte ich all das hinter mir lassen und mit der Tür verschließen. Das war zumindest mein Plan.

Die Tür öffnet sich mit einem leisen Quietschen und ich gucke erschrocken hoch. Ich lehne mich enger an die Wand und hoffe, dass er mich in der Dunkelheit nicht erkennen konnte. Ich habe Angst. Ein kleiner Lichtkegel fällt auf den Boden und eine Person sieht in den Raum. Ich kann Elija erkennen und atme tief durch. Sie wird auf mich aufmerksam und betritt den Raum. Leise schließt sie die Tür hinter sich und kommt zu mir. Sie kauert sich neben mich und nimmt mich in den Arm.
„Er hat es wieder getan. Stimmt's?"
Ich nicke nur.
„Ich habe dich schreien gehört, aber er hat mir ausdrücklichst verboten, zu dir zu gehen"
Eine Träne rollt über meine Wange und sie wischt sie weg.
„Nicht doch. Alles wird gut. Pscht", flüstert sie mir ins Ohr und streicht mir sanft meine Strähnen aus dem Gesicht.
„Warte. Wo ist er jetzt?", frage ich beunruhigt.
„Er ist fortgegangen, um etwas zu besorgen. Es ist vorbei"
„Das glaube ich nicht", antworte ich und weiß, dass ich recht habe. Er wird niemals damit aufhören. Nie!

Elija hilft mir auf und auf sie gestützt bringt sie mich in mein Zimmer. Dort angekommen setze ich mich auf mein Bett und kann meine Beine nun im Licht betrachten. Meine Kniekehlen sind völlig aufgerissen und meine Waden haben viele blaue Flecken abbekommen. Ich seufze erneut und fange an, mit Elijas Hilfe einen Verband darum zu wickeln.
„Au", schreie ich und verzerre das Gesicht, als sie an eine der vielen Wunden kommt. Mit einem bedauernden Blick entschuldigt sie sich bei mir, doch das muss sie nicht. Sie konnte ja nichts dafür.

Plötzlich betritt er den Raum. Erschrocken sehen wir beide hoch und halten kurz inne. Keine von uns bewegt sich.
„Was tut ihr da?!", schreit er und reißt Elija unsanft von mir weg. Der Verband, den sie eben in der Hand hielt reißt von meinem Knie und ich schreie auf.
„Stell dich nicht so an", ruft er und reißt den anderen Verband ab. Er reißt mich nach oben, sodass ich zum stehen komme. Ich wanke und halte mich an meinem Bett fest.
„Lass das", sagt er und schubst mich aus dem Zimmer. Ich falle zu Boden und schreie auf. Meine Grinde an meinen Knien platzen auf und der Blut tropft auf den Boden.
„Igitt", sagt er angewidert, zerrt mich hoch und zieht mich in die Küche.
„Du solltest das Essen machen", sagt er und zeigt auf mich.
„Und du", sagt er und zeigt auf Elija.
„Du wischst diese Sauerei im Flur weg"
„Aber..", antwortet Elija, doch ich zeige ihr mit meinem Blick, dass sie besser nicht widersprechen sollte. Sie schweigt daraufhin und mit gesenktem Kopf läuft sie in den Flur und beginnt dort, das Blut aufzuwischen. Sie tut mir leid. Sie ist mein Kindermädchen gewesen und verbringt seitdem jeden einzelnen Tag mit mir. Sie hilft mir immer und darüber bin ich froh. Denn ohne sie hätte ich niemanden, weil er mich nie rauslässt und so lerne ich ja niemanden kennen.

Sein Wunsch ist mir BefehlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt