Kapitel 9: Ursulas Kopf

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Die Antwort ist nicht wirklich zufriedenstellend, aber alle anderen Möglichkeiten würden noch weniger Sinn ergeben. Derweil liegt 5 Meter weiter der abgeschossene Kopf des Mädchens. Das Gesicht liegt abgewandt von den Männern, deshalb können sie nicht sehen, wie sich die Augen des Kopfes plötzlich öffnen. Sie fängt an zu kichern und wird plötzlich still. Sie lauscht, aber niemand hat sie gehört. Ihr Gesicht verzerrt sich, es scheint beinahe so, als ob sie pressen würde. Sie presst immer und immer wieder und zwischendurch atmet sie ein paar Mal tief durch, als ob sie ein Kind zur Welt bringen will. Nur fehlt ihr der Körper dazu. Aus dem abgetrennten Halsresten fahren langsam zwei winzige Beine heraus. Mit jedem Pressen schieben sie sich weiter ins Freie. Die drei Jungen bemerken es nicht. Sie schauen immer noch nach Max. Nachdem die Beine komplett sind, schnauft der Kopf ein paar Mal durch und strampelt aufgeregt mit den Beinchen. Sie lächelt zufrieden und fängt erneut an zu pressen. Ein winziger Po rutscht aus dem Kopf und es folgt auch ein Körper. Wenn man genau hinsieht, kann man sogar winzige Brüste erkennen. Die winzigen Arme erscheinen als letztes und sie atmet tief durch. Sie entspannt einen Moment und schließt die Augen. Das hat viel Kraft gekostet.

„Dann wollen wir mal. ", sagt sie sehr leise.

Die winzigen Ärmchen klatschen kurz und präsentieren ihre kaum vorhandenen Muskeln. Dann stoßen sie sich vom Boden ab, um den Kopf in die richtige Position zu bringen. Erst dann können die Beine versuchen, den viel zu großen Kopf in die Höhe zu bringen. Dabei stützen die winzigen Ärmchen den Körper und vor allem den Kopf ab, um das Gleichgewicht zu halten. Nach dieser erfolgreichen Arbeit springt sie kurz hoch.

„Juhu! ", ruft sie dabei.

Das haben die Männer gehört. Sie schauen zu dem Kopf und können nicht glauben, was sie da sehen.

„Das glaub ich jetzt nicht. ", sagt Leon.

„Na los, Anton! Ballere sie weg!!! ", schreit Jonas.

Anton ist noch geschockt, greift aber sofort sein Gewehr und zielt auf den Kopf. Er feuert, aber der Kopf springt zur Seite. Im Holzboden entsteht ein Loch, welches gut einen halben Meter groß ist und direkt in den Keller führt.

„Daneben! ", ruft der tanzende Kopf.

Dabei wackelt sie mit ihren Hüften hin und her und streckt den Jungen ihre Zunge entgegen. Anton legt erneut an, drückt ab und vernimmt nur ein Klicken. Er hat keine Munition mehr.

„Echt jetzt? ", fragt er und schaut ungläubig aufs Gewehr.

„So ein Pech aber auch. Wir machen dann einfach später weiter, Jungs.", spricht der Kopf zu ihnen.

Anton erhebt sich, packt das Gewehr am Lauf und will den Kopf mit dem Gewehr zertrümmern.

Schockiert eilt das winzige Mädchen mit dem großen Kopf zu dem am Boden befindlichen Loch.

„Bis später, Jungs. ", ruft sie und springt lachend in den Keller.

Anton, Jonas und Leon stehen vom Boden auf und gehen vorsichtig zu dem Loch im Boden. Während die drei sich um das Loch im Boden aufreihen und vorsichtig nach unten schauen, setzt sich der Körper des Mädchens wieder auf. Die Hände tasten den Boden um sie herum ab, als ob sie den Kopf suchen würden. Da sie nichts finden, erhebt sich der Körper langsam, ohne von den drei Männern bemerkt zu werden. Als er aufrecht steht, läuft er los und rennt sofort gegen die Wand neben der Tür. Das hören die drei Männer natürlich und schauen langsam zur Tür. Was sich dort abspielt, verschlägt ihnen erneut die Sprache. Der Körper des Mädchens sucht tatsächlich mit seinen Händen die Wand ab, um die Tür zu finden.

„Also wer von euch hat aus dem Buch der Toten vorgelesen? ", fragt Leon genervt.

„Der war gut. ", muss Jonas lachend zugeben.

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