Kapitel 7

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Der Wecker schrillte durchs Zimmer. Heute stand ein Spaziergang am Strand und durch die Dünen an. Wir sollten die Landschaft der Nordsee kennenlernen. Also schnell frühstücken gehen und dann Lunchpaket machen. Ich hatte nicht wirklich Lust auf eine Wanderung, kämpfte meine Traurigkeit runter. Niemand durfte etwas merken. Obgleich ich wusste, dass so eine Schüler-Lehrer Beziehung gefährlich und schwierig zu führen war, wollte ich die Beziehung. In diesem Moment war mir egal was für Hürden das mit sich bringen würde. „Was ist denn los mit dir? Du bist wieder so abwesend", sagte Maja. „Sorry", erwiderte ich und zwang mir ein Lächeln auf, „alles supi." Ich spürte, dass Maja mir nicht glaubte. Aber sie hakte nicht nach. Und auch deswegen hatte ich sie so unfassbar lieb. Sie hakte nie nach, ließ die Antwort auf sich beruhen. Eine wundervolle Eigenschaft. „Ich gehe eben aufs Klo, kannst schon mal aufs Zimmer", sagte ich und stand auf. Eben noch Teller wegbringen und dann los. Als ich schon draußen war, viel mir ein, dass Maja den Schlüssel zu unserem Zimmer hatte. Zum Glück hatte die Jugendherberge auch eigene Toiletten, die jeder benutzen konnte. Komisch eigentlich, viel mir plötzlich ein, dass Herr Schäfer nie nachgefragt hatte wegen Frau Rose. Naja vielleicht hatte sie ihm schon die Geschichte angedreht. Beim Händewaschen schaute ich in den Spiegel. Ich sah nicht glücklich aus, wie denn auch? Verdammt, ich musste glücklicher Aussehen, sonst würde jeder Fragen, was los ist. „Immer schön lächeln", sagte ich mir. Ich atmete tief durch und verließ die Toilette. „Na endlich, ich dachte schon du wärst eingesperrt worden",sagte Maja mir zur Begrüßung. „Kann ein Mensch nicht einmal in Ruhe aufs Klo gehen?", fragte ich und zwang mich zu einem Grinsen. „Nein, in deinem Fall ist das leider nicht möglich", scherzte sie. „So eben noch die Tasche packen und dann geht's los", sagte ich. Ich zog wie gestern auch meinen Bikini unter meine Kalmotten. Es war sehr wahrscheinlich, dass wir heute nochmal baden gingen. Deshalb kam in meine Tasche nicht nur die Lunchbox, sondern auch mein Badetuch.

Wir würden frei nach Schnauze laufen und es ging erstmal runter ans Wasser. „Dort ist es leichter zu laufen", begründete Herr Schäfer nur. Meine Schuhe band ich an den Schnürsenkeln an meine Tasche und lief dann im Wasser. Vorne war es ganz warm. Klar, die Sonne schien mal wieder prall vom Himmel. Ich wagte ein paar Blicke zu Frau Rose hinüber. Sie schien denselben Badeanzug zu tragen wie gestern. Es war heiß, die Sonne sorgte für ausreichend Wärme. Ich hatte keinen Bock mehr, zu laufen. Offenbar erging es dem Rest der Klasse nicht besser, denn ein paar meiner Klassenkameraden gingen zu Frau Rose und Herrn Schäfer und baten um eine Badepause. Die beiden berieten sich kurz und fällten dann ihre Entscheidung: Wir würden hier erstmal Pause machen. Es war auch schon Mittagszeit. Baden zu gehen, war wie eine Erlösung. Endlich im kühlen Nass herumschwimmen. Ein bisschen mehr Wellengang war auch vorhanden, nicht groß, aber völlig ausreichend, um sich mal schieben zu lassen. Letzendlich verbrachten wir ungefähr zwei Stunden an dieser Stelle. Und dann war es auch schon so spät, dass wir den Rückweg antreten mussten. Alleine schon, um pünktlich zum Abendessen wieder da zu sein.

„So können wir?", fragte Maja. Wir beide hatten fertig gegessen. „Ja einen Moment", sagte ich und ging zu Herrn Schäfer rüber. Frau Rose war schon auf ihr Zimmer gegangen. „Ich wollte nur Bescheid geben, dass ich morgen früh joggen gehe, das heißt ich verlasse das Herbergsgelände. Ich hab dann aber das Handy mit und bin eigentlich jederzeit erreichbar", erklärte ich ihm. Er nickte nur und meinte: „Viel Spaß." „So, jetzt können wir", sagte ich zu Maja und zog sie mit aus dem Speisesaal. „Was war denn das?", fragte Maja ganz verwundert. „Gehe morgen joggen und wollte mich eben abmelden", erwiderte ich nur.

Den Wecker hatte ich dieses Mal leiser und um einiges früher gestellt. Ich wollte ja auch genügend Zeit haben. Draußen war es schon mäßig hell. Ich wollte die Gegend ein bisschen erkunden. Eigentlich hatte ich die Hoffnung irgendwo eine verlassene Bucht zu finden, wo ich dann auch baden konnte. Also stopfte ich meinen Bikini noch in die Bauchtasche und schmiss mich in Sportklamotten. Es war schon warm, deshalb nur eine kurze Hose und ein kurzes Top. Nach ein paar Kilometern wurde ich auch fündig. Eine schöne kleine Bucht, mitten im Nirgendwo. Unentdeckt, so dachte ich zumindest. Ich zog also meine Schuhe aus und lief runter zum Wasser. Erst dann bemerkte ich die Sachen, die am Strand lagen: Ein paar Schuhe, Klamotten, ein Handtuch. Ich schaute raus in die Bucht, sah aber niemanden. Vielleicht tauchte er oder sie gerade. Ich wollte auf jeden Fall hier baden gehen und mir den Schweiß abwaschen. Also schnell umziehen und nichts wie rein ins Wasser. Ich hatte den Rücken zum offenen Meer und so sah ich nicht wie die andere Person hinter mir auftauchte. Erst als ich mich umdrehte sah ich sie. Es war Antonia! „Du hier?", fragte sie. „Ja, ich ich war joggen und wollte mich eben abkühlen", antwortete ich. Wir sahen uns eine Weile einfach nur an. Mein Herz klopfte wieder so stark, dass ich Angst um meine Rippen hatte. „Verdammt Ina, das wird nichts", ermahnte ich mich selber. Sie war auf mich zugeschwommen. Ich konnte direkt in ihre wundervollen, blauen Augen sehen. Sie sahen so aus wie ein Ozean. Ihr Gesicht kam meinem immer näher bis unsere Lippen sich trafen. Aus einem zögerlichen Kuss wurde ein leidenschaftlicher. Ich umarmte sie und schlang meine Beine um Antonias Hüfte. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, als wir uns von einander lösten. „Ich habe versucht dich zu vergessen, aber es geht nicht", flüsterte mir Antonia zu, „du verzauberst mich." Diese Worte machten mich so unfassbar glücklich. „Ich liebe dich", sagte ich zärtlich und küsste sie erneut.

Doch wir mussten uns schweren Herzens von einander lösen, denn bald würde es Frühstück geben. „Bist du auch joggen", fragte ich, während ich mich umzog. „Nee einfach nur spazieren, den Kopf frei bekommen." Toni wirkte seltsam bedrückt. Wir liefen zur Jugendherberge zurück, auf eine Erklärung hatten wir uns bereits geeinigt: Wir beide hatten uns zufällig auf dem Rückweg getroffen und da musste man ja zusammen laufen. „Was ist denn los?", fragte ich sie. „Diese Beziehung kann nichts werden, obwohl ich sie so gerne hätte", sagte Antonia. Ich nickte nur traurig, wusste dass sie recht hatte. „Das war das letzte Mal, dass mir so ein Ausrutscher passiert ist", sagte Antonia fest. Wir waren an der Herberge angekommen. Ich spürte die Tränen kommen und unterband sie mit all meinen mentalen Fähigkeiten.

Heute war der letzte richtige Tag der Klassenfahrt. Daher stand eine Wattwanderung an. Anschließend würden wir zur Herberge gehen und unsere Badesachen holen. Ein letztes Mal baden quasi. Die Wanderung war sogar relativ lustig, vor allem als ein paar Jungs im Schlamm stecken blieben. Es war ein freiwilliges Lächeln, das mir in diesem Moment auf dem Gesicht lag.

Es war irgendwie traurig zu wissen, dass heute das letzte Mal baden war. Was würde ich das vermissen. Es war so schön ruhig. Außerdem war es die letzte Entspannung, denn jetzt hieß es büffeln für den Abschluss. Nach dem Abendessen gingen alle relativ früh schlafen bzw. packten noch ihre Koffer. Ich zum Beispiel hatte meinen schon gepackt, Maja auch. „Schon traurig, dass die Fahrt schon vorbei ist", meinte Maja. „Mmm", machte ich nur. Ich war zu sehr mit meinem Liebeskummer beschäftigt, den mir niemand anmerken durfte.

Spiel mit dem FeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt