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Die nächsten Tage verliefen immer gleich. Malfoy holte mich zum Essen und brachte mich anschließend wieder auf mein Zimmer, wo ich sonst die restliche Zeit verbrachte. Mittlerweile hatten sich alle an meine farbenfrohe Kleidung gewöhnt, Malfoy musterte mich jeden Tag aufs Neue, seine Mutter sah ich ab und an sogar lächeln, wenn sie mich kommen sah. Dennoch war mir die meiste Zeit langweilig, meine Bücher hatte ich schon mehrere Male gelesen. Ob sie selber Bücher hatten? Die meisten großen Häuser, die ich von Freunden oder Bekannten kannte, hatten alle eine eigene kleine Bibliothek. Doch ich traute mich nicht zu fragen. Bei Narzissa hätte ich es vielleicht gemacht, aber ich war seitdem nie wieder mit ihr alleine gewesen. Und Malfoy selbst würde ich niemals fragen, er war ein schlecht gelaunter, grimmiger Troll, für welchen Ich lediglich eine riesen Last zu sein schien. Er hatte mich eben immer an der Backe, auch wenn es nur für die paar Minuten vom Zimmer zum Speisesaal war, aber ich merkte deutlich, wie ihm dies missfiel.

Mein Muggelwecker leuchtete auf und spielte leise entspannte Musik. Ich hatte nicht viel mit Muggelsachen am Hut, aber diese lustigen Kugeln, welche einen mit einem Licht weckten, fand ich einfach faszinierend. Ich setzte mich auf und war unglaublich genervt. Meine Laune war so schlecht, diese Gefühle kannte ich gar nicht von mir. Ich stellte den Wecker aus, stapfte ins Bad und ein missgelauntes Gesicht blickte mir im Spiegel entgegen. Ich war sehr, sehr selten so schlecht gelaunt, ich konnte es gar nicht richtig zuordnen. Ich setzte an, um mir die Zähne zu putzen, doch mir fiel alles aus der Hand. Entnervt stieß ich einen kleinen Schrei aus. Meine Halsschlagader pulsierte, am liebsten hätte ich irgendwas gegen die Wand geschmissen. Was war nur los mit mir?

Ich lief ein paar mal im Kreis und versuchte meine Gedanken zu ordnen, es musste für diesen Gefühlswandel eine Erklärung geben. Ich schloss meine Augen, dachte am meinen Vater und dann an meine Mutter. Mein Herz zog sich zusammen. Ich hatte ihnen damals nicht helfen können, ich war unterwegs gewesen. Aber selbst als ich zu Hause ankam, hatte ich meinem Vater nicht helfen können. Den mir ging es selbst nicht besser. Meine Schläfe fing an zu brennen, mein Magen verkrampfte sich. Ich war damals ohnmächtig geworden, weil ich verletzt war. Verletzt wegen ihm. Verletzt durch einen Muggel. Ich riss meine Augen wieder auf und starrte mich erneut im Spiegel an. Hass. Ich spürte eine riesengroße Welle an Hass über mich kommen.
Es war alles die Schuld von dem Muggel gewesen. Diese Gruppe an Jungs, die mich seit meiner Kindheit schikanierten, mich ärgerten, beleidigten und sogar handgreiflich wurden. Ihretwegen war ich verletzte gewesen, wegen ihnen konnte ich meinem Vater nicht helfen. Es war alles nur ihre Schuld gewesen. Und ich wollte Rache. Ich wollte ihnen heimzahlen, was sie mir angetan hatten.
Mir und meiner Familie.

Schon damals als kleine Kinder, hatten sie mich von der Schaukel geschubst, sodass ich es irgendwann mied auf den Spielplatz zu gehen. Mit sieben hatte ich ein neues Kleid an, welches ich zum Geburtstag bekommen hatte. Sie hatten mir damals mein Eis geklaut und es über meinem Kleid verteilt, mich durch die Gegend geschubst und ausgelacht. Vor ein paar Jahren hatten sich mich ebenfalls beleidigt und geschubst, damals brachte ich den Mut auf, mich zur Wehr zu setzten. Natürlich nur verbal, aber das hatte schon ausgereicht und den ‚Anführer' der Gruppe so sauer gemacht, dass er mir einen heftigen Hieb mit seiner Faust in den Bauch versetzte. Daraufhin war ich zusammengesackt, was ein paar neugierige Blicke auf sich zog und die Gruppe damals wegrennen ließ. Über all diese Geschehnisse hatte ich nie mit meinen Eltern geredet. Aus einem - mir unerklärlichen Grund - schämte ich mich deswegen. Natürlich wusste ich, es war verboten Magie gegen Muggel einzusetzen, aber trotzdem fühlte ich mich so erbärmlich, dass ich mich als Hexe, nicht gegen ein paar einfache Muggel wehren konnte. Und nun waren sie zu weit gegangen, alleine die Tatsache, dass eine Gruppe Jugendlicher auf ein einzelnes Mädchen einschlug, war schlimm genug. Aber dass er mir sein dreckiges Taschenmesser in dem Magen rammte, war einfach unverzeihlich. Die anderen hatten sich zwar erschrocken, nachdem sie die ersten Blutstropfen gesehen hatten, aber dennoch waren sie alle weggerannt, während ich unter Schmerzen auf den Boden sank. Es dauerte eine Ewigkeit, bis ich mich qualvoll nach Hause geschleppt hatte. Und das war alles ihre Schuld. Ich wollte sie leiden sehen, ich wollte sie ebensolche Qualen spüren lassen, wie sie mir welche angetan hatten.

Der Gedanke daran ließ mich erschaudern, ich hätte niemals gedacht, dass ich solche Gefühle und Gedanken haben könnte. Ich war gegen Gewalt, Drohungen und allem, was man irgendwie als schlecht bezeichnete oder was andere Menschen verletzen könnte. Aber ich hatte mich in der Vergangenheit viel zu wenig gewehrt, denn so ein Verhalten musste ich mir nicht bieten lassen. Und wer weiß, ich müsste ja nicht mal selber etwas machen. Es kam wie ein Geistesblitz über mich. Ich war in einem Haus voller Todesser, bösartigen Leuten, die kein Gewissen oder ähnliches hatten. Und sie alle hassten Muggelstämmige Zauberer, da hatten sie für die Muggel selber bestimmt auch nicht viel übrig. Ich musste nur jemanden finden, der diese Aufgabe für mich erledigen würde. Malfoy konnte ich nicht fragen, er war viel zu weich für sowas, dessen war ich mir sicher. Seine Eltern würden mir nicht einmal zu hören und der Gedanke erschien mir auch komisch. Bellatrix würde bestimmt liebend gerne ein paar Muggel foltern und töten, aber vor ihr hatte ich zu viel Angst. Außerdem war ich ihre Gefangenen und konnte sie nicht einfach um einen Gefallen bitten. Aber ich hatte hier schon einmal andere maskierte Personen gesehen, vielleicht würde es mir gelingen, irgendwie einen von den Außenstehenden für meinen Plan zu begeistern. Doch solange ich in diesem Zimmer festsaß, würde ich eh zu nichts kommen. Heute müsste ich all meinen Mut zusammen nehmen und die Malfoys fragen, ob ich mein Zimmer verlassen durfte. Ich musste es einfach riskieren, anders würde ich diese mich verzehrende Wut nicht loswerden.

Doch das Glück hatte mich erhört und diesen Morgen war es Narzissa, welche mich zum Frühstück abholte. Wir liefen schweigend die Treppe hinunter, ehe ich mir ein Herz fasste. Ich wusste nicht wirklich, was ich sagen wollte und mein Kopf war wie leer gefegt. „Mrs. Malfoy", fing ich an leise vor mich hin zu stammeln. Fragend sah sie mich an. „Ich . . wollte fragen, ob es . . Naja, vielleicht . . ob sie hier sowas wie eine Bibliothek oder einen Leseraum haben und ich halt . . eventuell, vielleicht dorthin dürfte", ich gestikulierte wild mit meinen Armen, das hatte ich mir definitiv anders vorgestellt, „Es ist einfach so schrecklich langweilig auf dem Zimmer", endete ich meinen Satz und sah sie gespannt an. Meine holprige Frage schien sie dennoch zu überrumpeln, sie brauchte einen Moment, ehe sie antwortet. „Ich muss das mit den Anderen besprechen", trotzdem schenkte sie mir ein Lächeln. Welches ich prompt erwiderte. Je netter ich war, desto einfacher wäre es vielleicht meiner Bitte nachzukommen. Wir betraten den Speisesaal und einmal mehr verbrachte ich ein schweigsames Essen.

HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt