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Blair POV:
Die Zeit verging und die Bäume vor meinem Fenster hatten alle Blätter verloren. Malfoy hatte sich verändert. Seine Anwesenheit strahlte keine Kälte, Abneigung oder abgrundtiefen Hass mehr aus. Es war anders als davor, irgendetwas an ihm war anders, doch so richtig konnte ich es nicht zuordnen.
An manchen Tagen kam er ebenfalls in die Bibliothek und nervte mit Fragen über das Buch, welches ich dann las. An anderen Tagen schaute er mich nicht einmal an. Er verwirrte mich und ich machte mich sauer auf mich selbst, da ich ständig an ihn dachte und an sein Verhalten. Wahrscheinlich war ihm einfach nur langweilig, schließlich hockten wir im Manor fest und besuchten weder die Schule, noch sahen wir Freunde oder sonst wen. Doch aus einem mir unerklärlichen Grund, gab es etwas an ihm, was mich nicht los ließ.

Immerhin, seit dem er mehr mit mir redete, wurden die Alpträume weniger. Ich sah ständig nur seine kalten, ausdruckslosen silbernen Augen, die mich dennoch auf ihre ganz eigene Art und Weise musterten. Doch auch genau diese Augen hielten mich ständig vom Schlafen ab. Und so saß ich wieder einmal auf dem Fensterbrett und starrte auf den Garten vor dem Anwesen. Der Mond schien hell, die Äste der Bäume bewegten sich leicht. In meinem fliederfarbenen Nachthemd kuschelte ich mich in die Kissen und verlor mich in meinen Gedanken.

Ginny, Harry, Hermine und Ron. Wie es ihnen wohl erging, was sie wohl alles durchmachen mussten. Ob es Ginny in Hogwarts wohl gut gehen würde? Schließlich war Snape nun Schulleiter, es hatte sich bestimmt vieles geändert.
Ein Klopfen riss mich zurück ins Hier und Jetzt. Mein Blick wanderte zur Tür. Ich hatte es mir nicht eingebildet, aber es war mitten in der Nacht, wer sollte jetzt noch wach sein. Die Klinke bewegte sich nach unten, mein Herz schlug immer schneller. Leise öffnete sich die Tür und vor mir stand niemand geringeres als Draco Malfoy persönlich. Er trug nur ein T-Shirt und eine Jogginghose, seine Haare waren leicht zerzaust. Er sah unglaublich gut aus.

Sein Blick haftete auf mir, er stand einfach da, vor der mittlerweile verschlossenen Tür und starrte mich an. Ich stand ebenfalls auf und zog mein Nachthemd nach unten, es war leider sehr kurz. „Was willst du?", meine Stimme klang unsicher. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. Wieso war er noch wach und was wollte er mitten in der Nacht in meinem Zimmer.
„Ich . . Keine Ahnung." Seine Stimme war leise, fast schon zart. Jeglicher Hohn, Zorn, selbst der überhebliche Tonfall war aus ihr verschwunden. Langsam kam er auf mich zu. Ich spürte meinen Puls immer schneller werden.
Kurz vor mir kam er zum Stehen. Seine Augen hatten meine gefesselt, ich fühlte mich unfähig mich zu bewegen. „Malfoy . .", hauchte ich, doch mir fiel nichts weiter ein. „Du machst irgendwas mit mir", flüsterte er mir ins Gesicht, eher er seine Hand an mein Kinn legte. Die Stelle, wo seine Finger meine Haut berührten, fing an zu kribbeln. Ganz sanft hob er mein Kinn ein Stück hoch und schon lagen seine Lippen auf Meinen. Meine Gedanken überschlugen sich, in mir drin entfachte ein Feuerwerk. Ich wusste nicht, wie mir geschah. Meine Hände wanderten wie von selbst zu seinem Hals, Richtung Nacken und ich hielt mich an ihm fest, als wäre er mein letzter Halt. So sanft wie der Kuss begann, so gierig und fordernd wurde er.
Mit seinem anderen Arm zog er mich enger an sich heran, unsere Lippen passten perfekt aufeinander. Ich wusste schier nicht mehr wo oben und unten war, jeglicher Verstand hatte komplett ausgesetzt, mein Herz pochte wie verrückt in meiner Brust. Doch zum ersten Mal seit langem war es nicht des Schmerzes wegen. Ich fühlte mich so frei und unbeschwert wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr.
Es gab nur Draco und mich.

Er hob mich hoch, setzte sich in Bewegung und ließ mich aufs Bett fallen, sodass die Matratze mich ein Stück zurück federte. Er war über mir, seine leuchtenden Augen musterten mich mit einem undenklichen Verlangen. Dann vergrub er seine Hände unter meinem Kopf in meinen Haaren, meine Hände wanderten wieder in seinen Nacken und ich zog ihn zu mir. Unsere Lippen trafen erneut aufeinander und ein weiteres Feuerwerk explodiert in mir. Mir war so heiß, er wusste genau was er tat. Er liebkoste meine Lippen mit seinen, welche so unbeschreiblich weich waren, mal schneller, mal langsamer, mit mehr Druck und dann wieder ganz sanft. Es fühlte sich an, als würde die Welt für einen Moment stehen bleiben. Völlig außer Atem ließen wir voneinander ab, wir waren beide außer Atem, mein Brustkorb senkte sich schnell auf und ab, ebenso seiner. Seine Arme neben meinem Kopf stützen ihn, eher sie wieder unter meinen Kopf wanderten. Aus den Augenwinkeln sah ich etwas Dunkles auf seiner hellen Haut. Ich rang nach Luft, doch schon küsste er mich erneut.
Ich spürte einen unglaublichen Schmerz in meinem Herzen.

Was machte ich hier? Er war ein Todesser und ich eine Entführte, er gehörte zu Voldemort, ich zu Harry. Wegen diesen Leuten hatte ich meine Mutter verloren und war in einem fremden Haus eingesperrt. Abrupt ließ ich seinen Nacken los, meine Hände legte ich schützend über meine Brust. Er ließ von mir ab, eine leichte Verunsicherung blitzte kurz in seinen Augen auf. „Das ist falsch", hauchte ich. Malfoy schaute mich nun irritiert und leicht geschockt an.
„Blair . .", der Klang meines Namens aus seinem Mund war so wunderschön. Er sprach ihn aus, als würde ich zerbrechen, wenn er zu viel Kraft in seiner Stimme hätte. Ich schüttelte wie hypnotisiert den Kopf und wiederholte mich. „Das ist falsch." Sein Blick wurde kalt wie immer, er erhob sich, stieg von meinem Bett und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer.

Ich drehte mich auf die Seite, rollte mich ein wie eine Katze ein und fing an zu weinen. Diese Gefühle, waren die Schönsten, die ich in meinem Leben jemals gespürt hatte und doch waren sie so falsch. Ich wusste nicht, ob ich weinte, weil das alles passiert war oder ob ich meine Tränen vergaß, weil er gegangen war. Er war gegangen, weil ich ihn abgewiesen hatte. Weil es sich falsch anfühlte und trotzdem fühlte ich mich jetzt nicht besser. Ich war so verwirrt und wollte einfach gar nichts mehr fühlen. Doch meine Träume hatten andere Pläne und somit erlebte ich diesen Moment immer und immer wieder, bis mein Kissen nass war und meine Augen schmerzten. Ich bekam kaum noch Luft. Wie konnte etwas so gut und gleichzeitig so schlecht sein? Es war mein erster richtiger Kuss gewesen. Ich hatte schon einige Jungs beim Flaschendrehen küssen müssen, aber dies konnte man überhaupt nicht miteinander vergleichen.

Damals fragte ich Ginny, woran man die wahre Liebe erkannte. Ihre Antwort war nicht zufriedenstellend, sie meinte, man wüsste es einfach, es fühle sich super und richtig an. Bei den Jungen damals hatte ich rein gar nichts Gespürt. Doch bei Malfoy - es fühlte sich extrem super an, doch eben auch falsch. Und es zerriss mein Herz.

HopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt