Kapitel 4

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TW: Blut, Verletzungen

Zunächst war es nur ein Arm, der als erstes zum Vorschein kam. Er war ausgestreckt und die Fangwaffe befand sich noch in seiner Hand. Die herabfallenden Trümmer hatten Eraserhead überrascht und erwischt, gleich nachdem er seine Schüler und Present Mic in Sicherheit gebracht hatte. Alles war viel zu schnell passiert und er hatte keine Chance zu reagieren und sich in Sicherheit zu bringen.

Dass Hitoshi etwas zu ihm sagte, bekam Yamada gar nicht mit. Die Lippen des Jungen bewegten sich, doch kein Laut drang an die Ohren des Blonden. Auch seine Verletzung schien plötzlich nicht mehr weh zu tun. Er fühlte sich leer und betäubt, als neben dem Arm auch Aizawas Kopf endlich freigelegt wurde. Blut klebte in seinem Gesicht und seine Haare waren zerzaust und von Staub bedeckt. Der Voicehero schob Shinsou beiseite und näherte sich dem bewusstlosen Mann. Die Welt schien in diesem Augenblick stehen geblieben zu sein. Langsam hob Hizashi seine Hand und legte sie auf Shotas blut- und dreckverschmierte Wange. „Shota ...", wiederholte er leise, „Shota ... bitte ... bi ...tte." Sanft strich Yamadas Daumen die Haut. „Wach auf ..."

Der Wunsch blieb ihm allerdings verwehrt. Seine Gedanken begannen wie wild zu kreisen und er hatte das Gefühl, das alles schonmal erlebt zu haben. Natürlich hatte er das auch. Bereits vor Jahren hatte er seinen besten Freund verloren. Schon zuvor, als das ganze Chaos ausgebrochen war und die ersten Brocken sich aus dem Gebäude gelöst hatten, musste er daran denken. Bisher konnte er es verhindern, dass seine Erinnerungen daran ihn einholten, doch nun gab er diesen Kampf auf. All die Emotionen, die er bereits seit damals verdrängt hatte, drohten ihn nun nach unten zu ziehen und zu ertränken. „Komm schon ...", bat er verzweifelt, strich eine Strähne aus Shotas Gesicht, um es besser sehen zu können, „ich kann nicht noch jemanden verlieren ... nicht so ..." Tränen sammelten sich in seinen Augen.

Er hatte bereits Oboro auf diese Weise verloren. Damals hatte man den Jungen aus den Trümmern geholt, und Hizashi musste bei der Identifizierung helfen, weil Shota dafür nicht Aufnahmefähig genug gewesen war. Noch heute verfolgte ihn das leblose Gesicht seines Freundes, das makaber Weise von einem Lächeln geziert war. Nun den nächsten seiner geliebten Menschen so zu sehen, war hart. Yamada konnte fühlen, wie etwas in ihm in tausend Stücke zerbrach.

„Fuck", fluchte Bakugo leise, den der Anblick des verletzten Undergroundheros ebenso wenig kalt ließ wie seine anderen Mitschüler, die allesamt verstummt schienen. Midorya kämpfte mit den Tränen, während Todoroki versuchte weiter die Trümmer beiseite zu schaffen und nicht hinzusehen. Hingegen konnte Hitoshi seinen Blick nicht abwenden. Man hatte ihn darüber aufgeklärt, dass das Leben als Held hart sein würde, vor allem mit seiner Macke und als Undergroundhero. Das hier überstieg jedoch seine Vorstellungskraft dessen, was hätte passieren können. Sein Mentor, der ihm immer wieder erklärt hatte, wie wichtig es war, auf sich selbst achtzugeben, weil man verletzt nur selbst eine Last wurde und nicht mehr andere beschützen konnte, lag leblos vor ihnen, weil er sein Leben dafür geopfert hatte, andere zu schützen.

Ein Schluchzer entkam Izuku, der sich sofort abwandte und Katsuki dabei half, einen besonders großen Brocken wegzuheben, der Aizawas Beine eingeklemmt hatte. Das Fehlen des Gewichtes schien etwas zu bewirken. Ein leises, schmerzerfülltes, Stöhnen, drang aus Aizawas Kehle, was die Umstehenden innehalten ließ.

„Shota?" Hizashi sprach leise, hoffnungsvoll. Vielleicht war doch nicht alles verloren.

„Hmmmm?", grummelte der Angesprochene, als ob er gerade aus einem tiefen Schlaf erwacht wäre, „sind alle unverletzt?" Seine Stimme klang leise und sein Atem ging schwer. Natürlich galt seine erste Frage nach seinen Schülern. Selbst nachdem der Nomu ihn damals fast getötet hatte, waren seine ersten Gedanken sofort seine Schüler gewesen.

Auch wenn es in dieser Situation furchtbar unangebracht war, lachte Hizashi leise. Egal wie schlecht es Shota auch ging, er dachte stets zuerst an die anderen. „Allen geht es gut. Dank dir", erklärte er leise und strich weiter sanft über die Wange des Mannes, der sichtlich Probleme damit hatte, seine Augen aufzumachen und wach zu bleiben. „Aber du wurdest verletzt. Tu mir den Gefallen, und bleib wach. Ja? Bitte ...", flehte Yamada und versuchte dem Dunkelhaarigen ein Lächeln zu schenken.

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