Kapitel 6

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- Myra -

Das Abendessen war gestern recht gut gelaufen. Elijah mein kleiner Bruder hatte wieder eine schlechte Note geschrieben, was der Grund dafür war, dass meine Mutter nun eine Nachhilfelehrerin suchen wollte. Meine Mutter hatte stets abgelenkt, wenn das Thema um meinen Vater handelte, doch wusste ich jetzt wenigstens, dass er im Laufe des Nächsten Tages wieder kommen würde. Ob ich mich freute oder nicht, ließ sich nicht sagen.

„Myra? Myra!", wurde ich gestört und bemerkte, wie mich Cassy böse ansah. „Hast du mir überhaupt zugehört?", seufzte sie genervt, ehe sie aufstand und weg ging. Normalerweise wäre ich aufgestanden, um mich bei ihr zu entschuldigen. Doch nahm ich wahr, dass ein Name mit meiner Schrift auf meinem Blatt in der oberen Spalte stand - Connor.

Wann hatte ich ihn dort hingeschrieben? Seufzend legte ich den Stift beiseite und strich mir über die Stirn. Was war nur mit mir los? Seitdem ich Connor kannte, war irgendetwas mit mir passiert, doch wusste ich nicht, wie ich das Problem lösen sollte. Sollte ich tatsächlich einfach zu ihm rüber stolzieren und ihn mit Fragen durchlöchern? Nein, ich musste das anders anstellen.

Und wie das Schicksal es so wollte, kam Connor zu spät und der einzige Platz, welcher noch frei war, war der neben mir, da dort normalerweise Cassy gesessen hätte, die wiederum vor einigen Sekunden ab gedüst ist, aufgrund meiner dezenten Aufmerksamkeit ihres ständigen Gelabers. Ich rutschte ein wenig beiseite und sah zu Connor, welcher mich im selben Moment ansah.

Er deutete auf seinen Namen, welchen ich vergessen hatte abzudecken. Das war so ziemlich der peinlichste Moment gewesen. Der Moment mit meiner Bluse war zwar auch unangenehm gewesen, doch war das nun etwas anderes. „Ehm..", fing ich an, doch wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Groß konnte man sich nun auch nicht rausreden, da es wohl offensichtlich war. Mich überkam eine Hitze, weshalb ich aufstand - Mitten im Unterricht. Alle drehten sich zu mir um, sowie die Lehrerin. „Kann ich Ihnen helfen?", fragte sie in ihrem sarkastischen Ton, welcher mir sagen sollte, dass ich mich gefälligst hinzusetzen habe. Cassy sah mich an, doch eher besorgt als abwertend. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, verließ ich das Klassenzimmer und atmete tief durch.

Anstatt mich alleine zu lassen, ging die Tür auf, doch war es weder Cassy noch die Lehrerin. Es war Connor. „Du spürt es auch, oder?", fragte er nun in einem ernsten Tonfall, welcher mir ein Schauer über den Rücken jagte. Ich nickte. Mich überraschte es, dass er dasselbe wie ich spürte, doch kam ich mir dadurch etwas weniger komisch vor. „Ich glaube wir sollten reden.. Aber nicht in der Schule. Wie wär's wenn ich Morgen vielleicht bei dir vorbeikomme?", fragte er mich. „Ja, gleich nach der Schule? Immerhin weißt du ja nicht, wo ich wohne." „Alles klar.", bestätigte er mir.

Das Gespräch war so schnell und schlicht verlaufen, dass ich gar nicht realisieren konnte, dass ich mich mit dem Jungen mit den geheimnisvollen grünen Augen treffen würde. Was mich wunderte: Er war gar nicht darauf eingegangen, dass sein Name dort gestanden hatte, doch umso besser, dann musste ich ihn nicht anlügen. „Ich werde jetzt besser gehen. Ich kann mich da nicht noch einmal blicken lassen.", meinte ich schließlich mit einem schwachen lächeln, welches vermutlich eher verzweifelt aussah. „Kein Problem, ich werde sagen, dass dir schlecht geworden ist." „Danke."

Und somit verließ er mein Blickfeld, nachdem die Tür hinter ihm zu fiel.

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