Da stand ich nun, wieder einmal voller Mitleid und Trauer in meinen Augen, aber ich musste lächeln. Es war früher Abend und ich war gerade nach Hause gekommen, um meiner lieben Mutter etwas zu Essen zu bringen, so wie immer. Ein Apfel und ein Brot hatten ihren Weg in meine Tasche gefunden, ich konnte für mein mickriges Gehalt von einem Taler nicht einmal noch etwas für mich kaufen, doch das würde ich meiner Mutter niemals sagen. Tag über Tag, Woche über Woche, Monat über Monat lag sie nun schon krank in ihrem Bett und litt unter Schmerzen, nur niemand wusste wieso. Ich war es seitdem, der für die Dame sorgte, ich wusch sie, ich kämmte ihr das lange, braune Haar, ich fütterte sie und las ihr etwas vor, sprach mit ihr, daraus bestand mein Leben. Nur Abends, nachdem ich bei meiner Mutter geblieben war, bis sie eingeschlafen war, da ging ich noch einmal hinaus in die Kälte und spazierte, aber mehr tat ich nicht und mehr wollte ich auch nicht tun. Meine Aufgabe war es die Person zu pflegen, welche mir mein kostbares Leben geschenkt hatte und ich würde das tun, bis es zu Ende war. Dafür wurde ich geschaffen, um zu lieben.
Ein seichtes, müdes Lächeln umspielte meine Lippen, während ich mich auf meinen alten Holzstuhl neben das Bett setzte und mich einmal räusperte, um die Aufmerksamkeit der Frau zu erlangen. „Hallo, Mama..., schau mal, ich habe dir heute einen Apfel mitgebracht und ein Brot! Geht es dir gut?", begrüßte ich die Dame ruhig und sanft, dabei beobachtete ich, wie sich ihre müden, erschöpften und glanzlosen braunen Augen öffneten und ich verkniff mir ein Seufzer. Es war nur noch sehr selten, dass meine Mutter es schaffte die Kraft zu finden, um mit mir zu sprechen und ich wollte das nicht sehen, aber ich musste. Mein Vater war den ganzen Tag nicht zuhause, er musste das Geld verdienen, damit wir beide nicht verhungerten und damit wir weiterhin in unserem alten, kleinen Häuschen leben durften, da hatte er, wenn er zurück kam nicht mehr die Kraft sich um seine Frau zu kümmern. „Hast du etwas gegessen, Patrick?", fragte mich mein Schützling mit leiser, kraftloser Stimme und ich nickte, auch wenn es nicht der Wahrheit entsprach. Sie würde ihr Essen, was ich allein für sie mitgebracht hatte, nicht mehr essen, wenn sie wüsste, dass ich dafür hungerte und litt, also musste ich lügen.
„Ja, habe ich! Ich habe ein wenig Brot gegessen, das von Madame Marie. Sie gibt mir nun immer etwas für mich auf den Weg mit, wenn ich unser Essen kaufe...", antwortete ich und etwas erleichtert schimmerten die Augen der Dame nun, sie wollte, dass es mir besser ging als ihr. Es gab keine Madame Marie, es gab nur die alte Bäckerin Marie, welche mir immer mein Brot verkaufte und mir zuweilen einen Apfel schenkte, als Belohnung dafür, dass ich so tapfer meine Mutter pflegte und für sie sorgte. Nie aß ich diesen Apfel, ich gab ihn immer meiner Mutter und genoss es zu sehen, wie ihre Augen dann immer so schön funkelten, fast wie früher, als noch alles in Ordnung war. „Dann ist gut!", sprach die Ältere und ich begann sie zu füttern, so wie immer. Ruhig erzählte ich der schwachen Dame von meinem Tag, ich erzählte von der Bäckerin Marie, für welche ich geputzt hatte, ich berichtete von dem Schmied, für welchen ich einige Werkzeuge an die Bewohner des Dorfes verteilt hatte und ich sprach davon, dass ich einem alten Herrn geholfen hatte seinen Enkel wieder zu finden. Alles hörte sich meine Mutter aufmerksam an, während sie sich füttern ließ und ich war froh darüber.
Zum Schluss lag die Brünette einfach nur noch da, mit geschlossenen Augen und ich lächelte sanft, meine Aufgabe für heute war erfüllt. Liebevoll hauchte ich der Langhaarigen noch einen Kuss auf die Schläfe, bevor ich ihr zuflüsterte, dass ich sie liebte und sie noch etwas mehr zu deckte, um danach gehen zu können. Heute war ein guter Tag gewesen, die Braunäugige hatte mit mir gesprochen, sie hatte sogar etwas lächeln können und ich war glücklich darüber. Müde schaute ich also in den Himmel hinauf, während ich aus dem Haus hinaus ging und den bereits hell leuchtenden Mond erblickte. Tauende kleine helle Punkte waren ringsherum um ihn zu sehen, es war, als würden die Sterne den Mond beschützen und ich genoss die plötzliche Ruhe des Waldes, durch welchen ich schließlich lief, es war alles so entspannend. Oft lief ich durch den Wald, wenn es Nacht war und ging meinen Gedanken nach, wer sollte mich auch daran hindern? Meine Mutter würde mich für verrückt erklären, wüsste sie davon, schließlich liefen hier draußen bei Nacht Monster herum, wie Werwölfe oder Geister, aber ich fürchtete mich nicht davor. Jedes Leben endete einmal, ob nun früher oder später war egal.
DU LIEST GERADE
Just one bite #Kürbismaske #Glpalle
FanfictionMit Mühe und Liebe kümmert sich der gerade einmal achtzehn Jahre alte Patrick um seine kranke Mutter. Zumindest, bis er durch einen unglücklichen Zufall bei einem seltsamen und gefährlichen jungen Mann landet, der ihm wohl alles andere als freundlic...