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Er sah aus als hätte er mit dem Alkohol schon gut vorgelegt. Seit wann trinkt er denn? Es entstand eine peinliche Stille zwischen uns. Ich wollte mich gerade schon umdrehen und mich auf das Sofa setzen, als Liv kam und mich davon abhielt.

„Na Harry, endlich seht ihr beiden euch mal wieder. Ev freut sich richtig", sagte sie und am liebsten hätte ich ihr eine verpasst.

„Ach, was du nicht sagst", lallte Harry und zog eine Augenbraue hoch. Er lächelte mich an und legte den Arm um mich.

„Ich freue mich auch, dich zu sehen Evie. Hübsch siehst du aus." Ich spürte wie die Wärme in mein Gesicht schoss und meine Wangen rot wurden. Wie peinlich Evie, reiß dich gefälligst zusammen. Ich ermahnte mich in Gedanken und schüttelte den Kopf.

„Danke. Du auch." Das tat er wirklich. Die langen Haare standen ihm unheimlich gut und seine Locken sahen toll aus. Die braune Farbe passte perfekt zu seinen leuchtend grünen Augen. Ich trank einen Schluck aus meinem Glas und hoffte, dass der Alkohol bald zu wirken begann.

„Willst du tanzen?", fragte er und nickte in Richtung Tanzfläche.

„Ich kann gar nicht tanzen."

„Macht nichts, ich auch nicht." Er nahm meine Hand und zog mich hinter sich her. Liv warf mir ein versautes Lächeln zu.

Soviel zum Thema er kann nicht tanzen. Harry bewegte sich nahezu perfekt zum Beat der Musik und ließ sich von den Menschen um uns herum nicht stören. Etwas lustig sah es schon aus. Man merkte ihm aber auch an, dass der Alkohol daran Schuld war. Bei unseren letzten Treffen war er eher zurückhaltend und reserviert gewesen.

Nach einer 15 minütigen Tanzsession gingen wir erschöpft zu den Anderen zurück und ließen uns auf die Couch fallen. Liv war mittlerweile stark angeheitert und lachte in einer Tour. Egal ob gerade jemand was lustiges sagte oder nicht. Harry saß neben mir und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel, was mir irgendwie unangenehm war. Hilfesuchend sah ich zu Liv, diese zog allerdings nur eine Augenbraue hoch und da war wieder dieses schmutzige Lächeln.

Danke für die Hilfe, dachte ich mir. Ich trank mein Glas in einem Zug leer und schenkte mir noch mehr Sekt ein. Zum Glück brauchte ich nicht gerade viel, um angetrunken zu sein. Ein Gefühl der Wärme machte sich in meinem Körper breit und so langsam fand ich das Gefühl von Harrys Hand auf meinem Bein gar nicht mehr so übel.

Wir unterhielten uns alle gemeinsam über Gott und die Welt und lachten viel. Es war ein wirklich schöner Abend und es stellte sich heraus, dass es sich doch gelohnt hatte, das Haus zu verlassen.

„Has du mich noch lieb?", lallte Liv in mein Ohr, die sich inzwischen neben mich gesetzt hatte.

„Ja klar hab ich dich noch lieb immerhin bis du mein beste Freundn!"

„Bis du nich froh, dass er hier ist?" Wieder dieses versaute grinsen.

„Mhm." Harry stand auf und nahm die Flasche Sekt, die auf dem Tisch stand mit.

„Bin mir dann Mal 'n bissn Spaß für den Rest der Nacht suchen, ihr hübschen. Sehn uns bald", sagte er und zwinkerte mir zu, ehe er sich umdrehte und ging. Ich hatte keine Ahnung was er damit meinte. Jedenfalls hatten wir ihn den Rest des Abends nicht mehr zu Gesicht bekommen.

Als ich am nächsten Morgen in meinem Bett aufwachte, dröhnte mir der Schädel. Oh man, tut mir der Kopf weh. Nie wieder Alkohol. Haha – die gute alte „Ich trinke nie wieder Alkohol" - Lüge schlich sich in meinen Kopf. Natürlich wusste ich genau, dass das nicht der Wahrheit entsprechen würde.

„Guten Morgen Schlafmütze" rief Liv laut und begann zu lachen. Liv? Was macht sie in meiner Wohnung? Nachdem ich einen zweiten Blick auf meine Umgebung geworfen hatte fiel mir auf, dass das weder mein Zimmer, noch mein Bett war in dem ich lag.

„Geht das auch etwas leiser?" Ich verdrehte die Augen und zog mir die Decke über den Kopf.

„Komm. Es gibt Frühstück", sagte Liv und zottelte an meiner Bedeckung. Ich verdrehte die Augen und warf ein Kissen nach ihr. Nach einigen Minuten grummelte jedoch mein Magen und ich beschloss aufzustehen. Ich warf noch einen kurzen Blick in den Spiegel. Mein Spiegelbild verriet mir, dass ich mich weder abgeschminkt, noch meine Haare gekämmt hatte. Ich sah aus wie ein Panda nach einer Schlägerei.

Ich ging ins Wohnzimmer von Nialls Wohnung, in der ich mich befand, und setzte mich an den Esstisch. Niall und Liv saßen bereits am Tisch, welcher mit Pancakes, frischem Obst und anderen Leckereien gedeckt war. Wortlos ließ ich mich auf einen Stuhl fallen und nahm mir ein Croissant.

„Da hat wohl jemand letzte Nacht ein bisschen zu tief ins Glas geschaut, was?" lachte Niall. Ich warf ihm nur einen genervten Blick zu und widmete mich meinem Essen.

„Tschüss Baby, komm gut nach Hause." Wer ist das denn? Die Stimme kam mir bekannt vor, aber mein dröhnender Schädel konnte sie niemandem zuordnen. Eine junge Frau, etwas knapp bekleidet, lief am Wohnzimmer vorbei, gefolgt von Harry. Ach ja, die Wohnung gehörte ja auch ihm.

Er hat eine mit nach Hause genommen? Ich dachte er wollte von Frauen nichts mehr wissen? Nachdem er seiner nächtlichen Gesellschaft einen Kuss zum Abschied gab verschwand er wieder in seinem Zimmer. Ein leichtes Gefühl von Eifersucht machte sich in mir breit. Warum auch immer. Immerhin – wie bereits erwähnt – hatte ich kaum etwas mit ihm zu tun und kannte ihn nur vage. Wollte ich auch gar nicht. Dachte ich.

„Das geht ständig so seit ein paar Monaten. Wir – oder er – gehen feiern, er nimmt eine mit nach Hause und ruft sie dann nie wieder an. Wenn es gut läuft erinnert er sich am Morgen noch an ihren Namen. Manche sind schon wütend raus gestürmt, weil er ihn nicht mehr wusste. Ein Mann hat eben seine Bedürfnisse, meint er. Aber ich glaube, er hat die Trennung der Band noch nicht ganz verarbeitet" erklärte Niall, als er meinen schockierten Gesichtsausdruck sah.

Hm. Klingt ja nicht gerade nach einer gesunden Art um das alles zu verarbeiten. Und immerhin haben die Jungs 5 Jahre so viel Zeit zusammen verbracht. Verständlich, dass man das nicht von heute auf morgen vergessen kann.

Am Nachmittag ging ich nach Hause und versuchte nicht weiter über Harry und diese Frau nachzudenken. Oder über seine Probleme. Warum macht er das alles? Er war immer so sympathisch und ruhig. Das rückt ihn in ein schlechtes Licht... Niall und Liv sollten sich wirklich mehr sorgen um ihn machen. So kann das ja nicht weiter gehen. Wie gesagt, ich versuchte nicht weiter darüber nachzudenken. Wirklich erfolgreich war ich nicht.

Through The Dark | h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt