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Nach einigen Minuten nahm ich die Hand von seiner Wunde. Es hatte aufgehört zu bluten.

„Sieht gut aus." Er drehte seinen Kopf wieder zu mir und sah mir direkt in die Augen. Das grün wirkte dunkler, als es sonst war. Harrys Gesichtsausdruck wurde weicher, sobald sein Blick meinen traf. 

„Verdammt Evie." 

„Was?" fragte ich und sah auf den Boden. Die mit Blut verschmierten Kompressen warf ich in den Mülleimer, der hinter mir stand. 

„Ich weiß doch selbst nicht was ich will." 

„Dann solltest du dir vielleicht mal Gedanken darüber machen. Denn auf dieses Hin und Her hab ich wirklich keine Lust. Du machst mich verrückt."

„Und du mich erst. Ich kann kaum einen klaren Gedanken fassen, wenn du hier bist. Ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat. Wir kennen uns doch kaum."

„Denkst du, das weiß ich nicht? Vielleicht sollten wir eine Weile erst mal Abstand zueinander halten, um uns darüber klar zu werden." 

Im Grunde fragte ich mich, was uns überhaupt klar werden sollte. Zwischen uns lief ja nichts. Außer ein paar Blicken und harmlosen Berührungen, war noch gar nichts passiert. Ich hatte keine Ahnung, was ich von ihm wollte. Scheinbar wusste er das auch nicht. Mir fiel wieder ein, dass er weiblichen Besuch hatte und ich spürte einen Stich in meinem Herzen. Er hatte noch nichts auf meine letzte Aussage geantwortet. 

„Es ist wirklich schwer, dich zu durchschauen", fügte ich noch hinzu. Wieder keine Antwort. Ich hatte wirklich keinen Plan, was in ihm vorging. 

„Vielleicht solltest du so langsam nach deinem Besuch schauen, meinst du nicht?" Sein Blick traf erneut meinen und verharrte dort einige Sekunden, bevor er stumm nickte. 

Er stand auf und ging aus dem Raum. Mir stiegen Tränen in die Augen und sie kullerten langsam meine Wangen herunter. 

„Scheiße", flüsterte ich leise und versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken. Irgendwie wünschte ich mir, er wäre nicht gegangen. Bereits eine Sekunde nachdem er den Raum verlassen hatte. Ich beseitigte den Rest der Sauerei auf dem Boden und ging kurz ins Badezimmer. Auf dem Weg dorthin begegnete ich der Frau, die bei Harry war. Sie sah ziemlich wütend aus und sie brabbelte irgendwas vor sich hin.

„So ein Idiot! Soll sich ja nie wieder bei mir melden.. Bin eh viel zu gut...." Ich konnte nicht alles verstehen, aber angesichts der Tatsache, dass sie sauer die Tür hinaus stürmte, konnte das Gespräch zwischen den Beiden wohl nicht so gut gewesen sein. Ich öffnete die Tür zum Badezimmer und wusch mir die Hände. Ich sah in den Spiegel.

Wie sehe ich nur aus? Augenringe, verweinte Augen, rote Wangen.. Was macht dieser Kerl mit mir?

Ich entschied, dass ich definitiv wieder zurück in meine eigene Wohnung musste. In Harrys Gegenwart konnte ich keinen klaren Gedanken fassen. Außerdem wollte ich nach dem Vorfall in dem Club sowieso nichts mit einem Mann anfangen. Erstrecht nicht mit Harry. Ich sollte mich einfach wieder auf den Plan konzentrieren, ihm zu helfen. Ich hatte immer noch nicht wirklich eine gute Idee, wie ich das anstellen sollte. Wie dem auch sei. Ich ging in den Flur und stieß ausgerechnet mit Harry zusammen. Mir war aufgefallen, dass ich wieder nur ein Shirt und eine Unterhose anhatte. Eigentlich war das egal, denn er hatte mich ja eh schon so gesehen.

Das ist mir wirklich zu viel heute abend..

„Oh sorry", sagte er nur knapp und drängte sich an mir vorbei. Seine Wange war gerötet und seine Augen glasig. Sofort bekam ich ein schlechtes Gewissen, dass ich so mit ihm geredet hatte. Was war nur mit ihm los? Er sah wirklich schrecklich aus. Als hätte er...geweint? Nein, das konnte nicht sein. Schließlich gab es da keinen Grund dazu, dachte ich. Trotzdem beschloss ich, ihm zu folgen und zu fragen, was mit ihm los war.

Through The Dark | h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt