Schwach und kaputt lag ich auf dem Sofa in seinem Arbeitszimmer. Mein ganzer Körper zitterte immer noch und jede kleinste Bewegung versetzte mir ein schmerzhaftes Brennen und Stechen.
Sef war zwar nicht mehr in diesem Raum, aber den Geruch, den er hinterließ reichte mir schon eine Mischung aus Gefühlen von Angst, Wut und Ekel zu spüren. Es war, als wenn er noch immer bei mir wäre und auf mir Schlug. Jeder einzelne Knall schallte noch in meinem Ohr, selbst, wenn nichts geschah.
Tränen vergoss ich nicht mehr in seiner Gegenwart, beziehungsweise in seinem "Reich", denn er hasste Gefühle und wenn er dies mitbekommen würde, dann würde er noch eine Schippe drauflegen, vielleicht würde er auch so weit gehen, dass er mich schwängern würde, damit ich mein ganzes Leben sein Gesicht sehen würde.
Genau das war etwas, vor dem ich am meisten Angst hatte. Dass er mein ganzes Leben mit einem kleinen Schwups zerstören konnte. Bisher war es ja auch nicht gerade schön, doch wenn es soweit kommen würde, dann gäbe es kein Zurück mehr oder kein besseres Leben. Entweder ich würde die ganze Zeit ein schlechtes Gewissen mit mir mitschleppen müssen, dass ich das Leben eines vielleicht wundervollen Kindes genommen hatte, oder ich müsste mich immer an Sef erinnern und was er mir alles angetan hatte, wenn das hier alles endlich ein Ende hat. Ich hatte zwar viel Kraft verloren, um zu kämpfen und meinen Willen durchzusetzen, jedoch hatte ich nie meine Hoffnung verloren, eines Tages hier herauszukommen. Ich wusste nicht wie und wann, doch ich wusste innerlich, dass es irgendwann vorbei sein würde.
Mein Atem beruhigte sich langsam wieder etwas. Und auch wenn mein Körper noch am Zittern war und ich kaum Halt in meinen Beinen fand, stand ich auf und gab mein Bestes mich so schnell wie möglich wieder anzuziehen. Es dauerte eine Weile bis ich hinaus gehen konnte und mit vorsichtigen Schritten wieder zurück in sein Zimmer, wo meine ganzen Sachen noch lagen.
Es war jetzt der Moment zu gehen. Ich würde von Sef nach Hause gebracht werden, als wäre nichts gewesen und er mich einfach nur zurückfuhr, damit ich nicht den Zug nehmen musste. Er spielte einen echten Gentleman, den er aber nun mal nicht in sich hatte. Doch meine Eltern waren zu blind es zu sehen. Sie sahen nur das Geld. Selbst fremde Leute auf der Straße drehten sich manchmal verwundert zu uns um, wenn er harsch mit mir redete, mich ins Auto mit voller Kraft drückte oder mich beleidigte. Doch meine Eltern...
Ich wollte seufzen und aufschreien vor lauter Schmerzen, während ich meine Sachen zusammenpackte. Auch wenn ich sie schon gewöhnt sein müsste, fühlte es sich jedes Mal an wie eine Maus in einer Mausefalle. Als wäre jedes Mal mein erstes Mal...
"Beeil dich doch mal! Ich habe nicht allezeit der Welt.", rief Sef zu mir, als ich mit langsamen Schritten zur Haustür ging, wo er ebenfalls stand und auf mich wartete. Er musste den Nachbarn ja wohl vergewissern, dass er mich stützte und mir liebevoll zur Seite stand, wenn es mir schlecht ging, weshalb er extra auf mich wartete. Ich hatte seine Spielchen langsam echt satt, denn er hörte auch nie auf. Jedes Mal dasselbe.
"Sei froh, dass ich meine Zeit überhaupt für dich verschwende!", zischte er. Wie erwartete, packte er nach meinem Arm, als ich an der Tür ankam, und tat so, als würde er mir ins Auto helfen. Doch ging er mit größeren Schritten, sodass ich es mir schwer machte ihm zu folgen. Am liebsten würde ich ihn anschreien und in seinen Arm mit all meiner Kraft beißen dafür...
~
Zu Hause legte ich mich direkt hin, nachdem Sef mich vor der Tür rausgelassen hatte. Er wusste, dass meine Eltern gerade nicht im Haus waren und dass ich also auch ganz alleine reingehen konnte. War mir aber auch lieber, als sein Spielchen weiterhin mitspielen zu müssen, auch wenn ich ihn am liebsten umbringen wollte.
Gerade hatte ich meine Augen geschlossen, da vibrierte mein Handy. Jay hatte mir wieder eine Nachricht geschrieben. "Hey, hast du die nächsten Tage mal Zeit?"
Sofort schaltete ich mein Handy wieder aus. Sosehr es mir auch weh tat, ich hatte doch viel zu sehr Angst vor Sef. Irgendwie würde er es dann wieder schaffen das Alles zu erfahren und mich wieder so zu misshandeln.
Es machte mich traurig zu wissen, dass ich Jay nie wieder sehen konnte. Ich mochte ihn irgendwie gerne, auch wenn er ein komplett anderes Leben als ich führte. Aber das war es, was ihn auch so angenehm, so sympathisch machte, er hatte keine zu hohen Ansprüche auf mich oder wollte mein Leben irgendwie unter Kontrolle bringen. Er schien wirklich an mir interessiert zu sein und was anderes zeigte er auch nicht.
Ich wollte ihn unbedingt wieder sehen und wenn ich sowas dachte, dann hatte es was zu bedeuten. Schon seit meiner Kindheit vertraute ich Menschen nicht wirklich. Ich merkte sofort, dass sie an etwas anderes interessiert waren, als meine echte Persönlichkeit. Sie sahen immer nur das nette, höfliche, reiche Mädchen von Eltern mit Geld. Nach was anderen fragten sie mich auch nicht oder sie überhäuften mich mit Geschenken, um einen guten Eindruck bei meinen Eltern zu hinterlassen.
Doch Jay...ihm hatte ich Sachen erzählt, die ich bisher nur meiner verstorbenen Oma erzählt hatte, beziehungsweise es noch immer vor ihrem Grabstein heimlich tat.
Ich hörte ein weiteres vibrieren, doch ich traute mich nicht auf das Display zu schauen. Nicht, dass ich mich dann doch nicht unter Kontrolle bringen konnte und zusagte.
Um mich abzulenken schaltete ich das Radio an und machte mich bereit zum Einschlafen...
DU LIEST GERADE
Hard To Love // Enhypen Jay FF
Short StoryLorea ist einem toxischen Leben mit ihren Eltern und ihrem gewalttätigen Freund gefangen. Bis ein junger Mann zufällig auf sie eintrifft...