[9] Selbstgefälligkeiten

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Ich hatte mich die halbe Nacht hin und her gewälzt und versucht, nicht an Murphys derzeitige Lage zu denken. Nicht daran zu denken, wie er da lag, ausgeliefert, allein. Dann hielt ich es nicht mehr aus und ließ meine Hand in meine Boxershorts gleiten.
Es musste schon bald morgens sein, als ich mich durch die Dämmerung auf den Weg machte. Der Wald war zu dieser Zeit ruhig. Alle schliefen, vermutlich selbst die Wachen, wenn sie nicht gerade schweigend an den Baumstämmen lehnten und auf ihre Ablösung warteten. Seit des Grounderangriffs hatten wir versucht höhere Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Das Problem dabei war, dass man die Dinge schleifen ließ, wenn sie in Vergesssenheit gerieten. Und auch wenn ich versucht hatte, die anderen davon zu überzeugen, dass wir hier alles andere als sicher waren, vor uns und vor denen, wollten sie mir nicht ihr Gehör schenken. Die meisten zumindest. Sie hatten es satt sich an Regeln zu halten. Sie hatten es satt auf mich zu hören. Sie hatten es satt ins Nichts zu warten.
Mein Blick traf auf Murphys Zelt. Kurz sah ich mich um, um zu prüfen, ob mich jemand beobachte, dann schlug ich die Plane um. Der Anblick, der sich mir bot, ließ das Gefühl in mir nur noch stärker werden.
Er lag da. Ein Bein angewinkelt, das andere ausgestreckt. Seine Hände noch immer gefesselt. Kaum, dass er mich bemerkt hatte, drehte er seinen Kopf in meine Richtung.
"Was willst du hier?", fragte er mit einem gleichgültigen Unterton nach. Die Tatsache, dass er wach gewesen war, ließ eine Genugtuung in mir aufkommen.
Sein Blick wanderte von meinem Gesicht zu meinem T-Shirt bishin zu meiner Hose. Er zeigte es offen, wenn er jemand beobachtete, auf die gleiche Art und Weise, wie er jemand zeigen würde, dass er ihn nicht ausstehen konnte.
"Nach dir sehen", antwortete ich verspätet.
"Nach mir sehen" Es klang so als würde er jedes dieser Worte auskosten wollen. Vielleicht weil sie von mir kamen, vielleicht weil er alles von mir nehmen wollte, was er bekommen konnte, auch wenn es nur Satz war. Ein Satz war mehr als nichts. Die Spannung war deutlich zu spüren. Er wollte es. Ich wollte es. Keiner sprach es aus.
"Weißt du", fing ich anzusagen, "ich könnte jetzt auf der Stelle wieder gehen."
Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und betrachtete ihn. "Ich könnte dich hier einfach weiter liegenlassen."
"Dann geh doch!", erwiderte er betont lässig, doch wusste ich, dass es das letzte war, was er jetzt wollte. Er wurde ja schon bei meinem Anblick wieder steif. Ich steuerte auf seine Liege zu und löste meinen Blick von seinem Schritt. Kurz blieb ich stehen, ehe ich mich über ihn beugte und mich auf ihn sinken ließ. Sein Körper zuckte unter der Berührung zusammen, ganz so als wäre es das erste Mal, dass er überhaupt berührt wurde. Ich bewegte mich. Er tat es mir gleich, soweit ihm das möglich war.
Noch immer auf ihm liegend, löste ich die Fesseln. Ich hätte es noch weiter auskosten können, doch ich konnte nicht mehr. Ich wollte nicht mehr.
"Das wurde auch mal Zeit", gab Murphy von sich und kreiste seine Handgelenke.
"Das merke ich" Ein selbstgefälliges Grinsen schlich sich über mein Gesicht, während ich in seinen Schritt fasste.
Er stöhnte auf. So unkontrolliert wie nie zuvor. Er musste echt gelitten haben.
"Schnauze", zischte ich und bewegte meine Hand, immer schneller. "Oder willst du gleich alle wecken?"
"Du warst vorhin lauter", brachte er über die Lippen, "Falls du es noch nicht wusstest: Zelte sind nicht schalldicht."
Der Gedanke, dass er mir hatte zuhören müssen, ohne es selbst tun zu können,  löste mehr in mir aus als gut für mich war.
Ich öffnete seine Hose und streifte sie ihn von den Beinen, dann zog ich ihm mein Oberteil aus, das ihm an den Armen zu weit war. Murphy reagierte darauf. Er hatte genau darauf gewartet. Sein Blick verriet es mir. Er sah benommen, sehnsüchtig aus.
"Dreh dich um!", befahl ich und öffnete meinen Reißverschluss. "Na wird's bald!"
Er sah zu mir auf, ehe er kommentarlos meinen Worten folge leistete. Betont langsam streifte ich ihm seine Boxershorts ab und zog meine eigene ein Stück nach unten. Dann drang ich weniger langsam in ihn ein. Murphy keuchte auf und krallte sich an der Liege fest. Er hatte sich noch immer nicht daran gewöhnt. An dieses Gefühl. Er stöhnte immer und immer wieder, ob vor Lust oder Schmerz wusste ich nicht. Was ich wusste war: Er genoss es. Ich konnte nicht anders als es verdammt noch mal auch zu tun. Das war so viel besser als meine Hand. Besser als alles.

"Alles klar bei dir? Du siehst fertig aus", stellte Clarke fest und sah mich von der Seite an.
"Ja alles bestens", gab ich von mir. Wir saßen Seite an Seite vor der Feuerstelle und aßen von dem Hirsch. Er schmeckte nicht. Es war ein altes zerbrechliches Tier gewesen. Eins, das niemand freiwillig schießen würde, wenn er es nicht dringend gebraucht hätte. Wir konnten nur hoffen, dass es keine Krankheiten gehabt hatte. Die unterlaufenden Augen des Tiers hatten nicht gesund ausgesehen. Aber wir hatten keine andere Wahl. Ich war froh, dass Octavia noch etwas von dem Hasen abbekommen hatte.
"Hier", hörte ich auf einmal eine Stimme. Finn war neben uns aufgetaucht und hielt Clarke eine Wasserflasche hin.
"Danke", meinte sie und nahm sie entgegen. Sie strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr, was sie sonst nie tat.
"Gerne." Finn lächelte und machte auf dem Absatz kehrt.
"Er steht auf dich" Ich sah Clarke amüsiert an.
"Tut er nicht", winkte sie ab und kaute auf dem Fleisch herum. Lange behielt sie es jedoch nicht im Mund, da sie es kurze Zeit später neben ihre Schuhe spuckte.
"Dir ist bewusst, dass er es tut", kam ich zum Thema zurück. Es tat gut ein anderes Thema als letzte Nacht im Kopf zu haben. "Und du genießt seine Aufmerksamkeit"
"Kann schon sein." Sie zuckte mit den Schultern und warf ihr Frühstück in die Flammen des Lagerfeuers. Mir war ebenfalls der Appetit vergangen. Besser gesagt: Ich hatte ohnehin keinen. Mein Körper fühlte sich ausgelaugt an, auf eine irritierend angenehme Art und Weise.
"Sag mal", fing Clarke auf einmal an zusagen. "Warum starrt dich Murphy die ganze Zeit an?"
Ich folgte ihrem Blick und sah ihn etwas abseits auf dem Boden an einem Baumstamm gelehnt sitzend oder vielmehr liegend. Er sah noch fertiger aus als ich mich fühlte. Ein kurzes Grinsen schlich sich über meine Lippen.
"Keine Ahnung", gab ich von mir und machte Anstalten, mich zu erheben.
"Warte, bevor ich es vergesse", fing sie anzusagen und griff in ihre Jackentasche. Sie fischte den Schlüssel heraus, der zu dem Dropship führte. Zu dem Ort, an dem vorläufig unsere Waffen gelagert wurden. Er war groß und lag schwer in meiner Hand, als sie ihn mir übergab. Dieser Schlüssel stellte das da, was er war: Verantwortung.
"Pass gut auf ihn auf."
"Mache ich." Ich nickte, steckte ihn in einen meiner hinteren Hosentaschen und erhob mich. Ich sollte mich jetzt wirklich dringend waschen. Die letzte Nacht haftete noch immer an meiner Haut.
"Kann es sein, dass da etwas zwischen dir und Murphy läuft?", fragte Clarke wie aus dem Nichts nach.
"Wie kommst du darauf?", forschte ich nach und spürte mein Herz stark gegen meinen Brustkorb schlagen. Sie stand ebenfalls auf und zuckte mit den Schultern. "Ich kenne dich, Bel."
Nach einiger Zeit fügte sie hinzu: "Du genießt seine Aufmerksamkeit."
Damit ließ sie mich allein.

Forbidden Desire - Bellamy×Murphy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt