[14] Verlangen

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Sonnenlicht schien durch die dichten Baureihen hindurch. Ich wusste nicht, ob sie es gewesen waren, die mich geweckt hatten, oder aber die Einsicht wie dumm wir gewesen waren.
Wir hatten ohne Schutz mitten im Wald geschlafen, hatten nicht einmal daran gedacht, eine Wachenschicht einzuteilen. Meine Müdigkeit verflog und ich richtete mich auf. Es war wärmer als gestern Abend, doch die kühle Luft war nichtsdestotrotz unangenehm, am Gesicht und den Händen.
"Wach auf!" Ich rüttelte grob an Murphys Schulter.
"Was ist denn los?" Seine Augen blieben geschlossen.
"Wir müssen uns Wasser und Essen beschaffen."
Er hatte die Augen immer noch nicht geöffnet.
"Gut, dann gehe ich allein." Mit diesen Worten erhob ich mich, wissend, dass er mir ohnehin folgen würde. Einige Zeit hörte ich nichts, während ich durch den Wald lief, dann vernahm ich seine Schritte hinter mir. Ich grinste zufrieden. Nur für einen Moment. Dann wurde ich ernster.
Auf dem Weg zog ich die Seile heraus, wickelte Schlaufen hinein und fragte mich, wie sie zur Jagd genutzt werden konnten. Sie waren fest und dick. Aber was brachten sie einen ohne eine Waffe? Es müsste schon eine verdammt gute Falle werden, bei der man das Tier mit bloßen Händen töten könnte.
Murphy trat neben mich und beobachtete mich wortlos. Keine Ahnung was er sich dachte. Er wirkte noch immer tiefen entspannt.
Warum war er so unerträglich gelassen? Wir waren irgendwo im Nirgendwo, hatten keine Verpflegung, keine Waffen, gar nichts. Außer ein nicht funktionierendes Funkgerät. Ich atmete tief durch.
"Was wird das?", fragte Murphy schließlich doch nach und nickte zu den Seilen. Ob er interessiert war oder dies nur vortäusche, wusste ich nicht.
"Eine Falle, im besten Fall."
"Eine Falle?" Murphy musste scheinbar ein Auflachen unterdrücken.
"Irgendwie müssen wir ja an Essen kommen", fuhr ich ihn genervt an. Verdammt! Hätte er nicht einfach weg bleiben können?
"Vielleicht solltest du es lieber hier mit versuchen", meinte er, öffnete seine Jacke und zog ein Messer heraus. Ich starrte ihn an.
"Ist das dein Ernst?"
Murphy zuckte mit den Schultern.
"Warum hast du das nicht früher gesagt?"
"Du hast nicht gefragt." Er grinste zufrieden.
Ich wollte gar nicht wissen, woher er es hatte. Vermutlich waren die anderen einfach dumm genug, um nicht an Innentaschen zu denken. Sollte mir egal sein. Wir hatten ein Messer. Immerhin.

Wir liefen einige Zeit durch den Wald ohne zu wissen, was wir suchten. Es war zu spät zum Jagen. Die Morgenstunden waren schon vorüber gezogen.
Ich hatte Hunger, aber vor allem Durst und der Gedanke an Octavia begleitete mich wie mein Schatten.
"Bellamy", riss mich Murphy auf einmal aus den Gedanken. Er deutete nach links.
"Was?", fragte ich nach und sah halbherzig in seine angezeigte Richtung. Doch da konnte ich es auch sehen. Es war eine Art Lichtung. Die Dichte der Bäume löste sich und gab den Blick auf Wasser frei. Es war ein See. Ich wusste nicht, ob das Wasser zum Trinken geeignet war. Wir hatten keine Filter bei uns. Doch der Gedanke, den Schweiß abzuwaschen und Wasser auf meiner Haut zu spüren, war Grund genug, um schneller zu gehen.
Am See angelangt, sah ich mich um. "Hier wird ein guter Ort zum Jagen sein. Die Abenddämmerung lockt garantiert viele Tieren an", meinte ich und sah auf die Wasseroberfläche, auf der sich die Sonne spiegelte. Sie ergab eine seltsame Reflexion.
Ich sah auf und bemerkte, wie sich Murphy seine Jacke und sein Oberteil ausgezogen hatte. Mein Blick blieb an ihm haften.
"Was wird das?", fragte ich nach und verfolgte jede seiner Berührung. Seine Hände wanderten zu seiner Hose.
"Wonach sieht's denn aus?", forschte er bloß nach, ohne mich anzusehen. Er stand nur noch in Boxerhorts vor mir, mir den Rücken zu gewandt.
Als er sich auch diese abstreifte, spürte ich, dass dieser Anblick etwas mit mir machte. Verdammt!
"Du kannst mich echt nicht nackt sehen ohne geil zu werden." Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Dabei hatte er sich nicht mal umgedreht.
Ich schwieg, während sich mein Kiefer anspannte, nicht ausschließlich mein Kiefer.
Murphy drehte sich um und stand nun unmittelbar vor mir. Mein Blick traf auf seine Köpermitte, ehe ich schnell an ihm vorbei auf den Boden starrte.
"Weißt du was ich nicht verstehe", sprach er unbeirrt weiter. "Seit wann, Bellamy?"
Ich konnte ihn nicht ansehen. Es gab mir ein ungutes Gefühl. Angesehen zu werden konnte genießen, nicht aber gesehen zu werden. Die meisten hinterfragten mich nicht, sie akzeptieren mich. Doch bei Murphy war das anders.
"Ich dachte du könntest mich nicht ausstehen", ließ Murphy nicht locker.
"Da liegst du ganz richtig", gab ich von mir und fuhr mit der Zunge über meine Lippen, den Blick noch immer auf dem Boden geheftet. Ich spürte eine paradoxe Mischung aus Verärgerung und Genugtuung.
Diese unerträgliche Spannung machte sich wieder zwischen uns breit. Ich öffnete meine Jacke, beinahe beiläufig. Er beobachtete mich, das wusste ich. Langsam streifte ich auch mein Oberteil ab. Mein Verstand sagte mir, dass das eine Schwachsinnsidee war. Wir könnten angegriffen werden. Aber mein Verstand hatte schon lange nicht mehr das Sagen, nicht bei Murphy.
Meine Hand wanderte zu meiner Hose, doch da umschloss er sie plötzlich und hielt mich davon ab, weiterzumachen. Sofort verstand ich.
Er ließ sich vor mir auf dem Boden sinken. Das war der Moment, in dem ich nicht länger wegsehen konnte. Ich wollte sehen wie er vor mir kniete, ohne Kleidung, ohne Kontrolle.
Er öffnete meine Hose, während das Blut meines gesamten Körpers dort hinab zu gleiten schien. Mein Atem wurde unregelmäßiger.
Er schob meine Hose und Boxershorts leicht nach unten und küsste meinen unteren Bauch. Wenn er nicht bald aufhören würde, würde ich endgültig den Verstand verlieren. Ich sehnte mich nach seinem Mund, seiner Zunge, seinen Lippen.
Doch anstatt dass er mir das gab, was ich wollte, ließ er von mir ab und erhob sich. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, zog ich meine Schuhe und Socken aus. Den Waldboden unter meinen Füßen zu spüren, fühlte sich fremd an. Fremder als die Tatsache, dass ich mich verdammt noch mal zu John Murphy hingezogen fühlte.
Er sah dabei zu, wie ich auch den Rest meiner Kleidung auszog und neben mich legte.

Forbidden Desire - Bellamy×Murphy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt