[15] Untergehen

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Als ich meinen Blick hob, sah ich, dass Murphy bereits in den See gestiegen war. Er machte den Anschein, als interessierte ihn meine Anwesenheit nicht, doch das war eine Lüge. Und wie das eine Lüge war. Ich wusste, dass ich nicht der Einzige war, der das hier vermisst hatte. Er konnte sich seine Gelassenheit sonst wo hinstecken.
Das kalte Wasser ließ eine Gänsehaut auf meinen Armen entstehen, nichtsdestotrotz lief ich tiefer hinein. Es war ein gutes Gefühl. Dennoch war ich darauf bedacht, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Auf der Ark hatte man nie beigebracht bekommen, zu schwimmen.
"Alles klar?", fragte Murphy nach, dem das Wasser nichts auszumachen schien. Er schwamm. Wie zum Teufel hatte er das gelernt? Ich kniff die Augen zusammen und beobachtete seine gekonnten Bewegung, mit denen er sich über Wasser hielt.
Er musste längst an einer Stelle sein, an der der Grund zu tief zum Stehen war.
Mit einem leisen Lachen wandte er sich um und schwamm auf mich zu. Er wusste, dass ich nicht tiefer ins Wasser kommen würde, geschweige denn konnte.
Noch immer mit diesen triumphierenden Ausdruck auf dem Gesicht lief er um mich herum, wodurch ich mich augenblicklich umdrehte. Mir war es lieber ihm im Auge zu behalten, bevor er noch irgendeine Scheiße abzog. Sein Anblick war dabei bloß ein positiver Nebeneffekt. Zumindest versuchte ich mir das einzureden.
"Du kannst nicht schwimmen", stellte er fest.
Schweigend erwiderte ich seinen intensiven Blick, ehe er ein paar Schritte auf mich zu kam, so nah, dass ich gezwungen war, nach hinten auszuweichen.  Dieses Spiel spielte er solange, bis mir das Wasser bis zur Brust reichte.
"Und?", fragte er gelassen nach. "Kannst du noch stehen?"
Ich gab ein Schnauben von mir, doch spürte ich im nächsten Moment wie das Wasser meine Kontrolle an sich riss und eine kurze unkontrollierte Panik in mir aufkam.
"Lass den Scheiß!", stieß ich aus, bevor ich endgültig den Halt verlieren konnte.
Bevor er darauf eingehen konnte, lief ich an ihm vorbei und wollte schon den See verlassen, als ich ihn plötzlich dich hinter mir spüren konnte. Seinen nackten Körper an meinem.
"Willst du wirklich schon gehen?", raunte er mir zu. Seine feuchten Lippen streiften mein Ohr, meinen Hals. Mein Körper spannte sich an und ließ dabei kein Teil aus. Verdammt!
Kurz darauf spürte ich seine Hand an meinem Oberschenkel. Mein Atem ging schneller. Die Panik verflog. Er hatte mich so lange nicht mehr berührt. Ich hatte ihn so lange nicht gespürt. Seine Hand ruhte an dieser Stelle, ohne sich zu bewegen, ohne mir was zu geben. Es trieb mich in den Wahnsinn.
Dann umschloss er endlich meine Mitte und fuhr ein paar Mal auf und ab. Ich schloss die Augen und lehnte mich leicht gegen ihn. Meine Kontrolle gehörte ihm und dem Wasser. Doch war dieses berauschende Gefühl viel zu schnell wieder vorbei. Ich sog die Luft ein. Warum zum Teufel schaffte er es immer wieder, mich so weit zu bringen? Mit einer Mischung aus Verärgerung und Genugtuung drehte ich mich zu ihm um. Ehe er auch nur ein Ton von sich geben konnte, küsste ich ihn stürmisch. Unsere Körper berührten sich, unsere Hände wanderten über die Haut des anderen, versuchten alles gleichzeitig zu spüren, zu erreichen. Ich hatte ihn verdammt noch mal vermisst! Ich wollte ihn, hier und jetzt, auch wenn ich dabei untergehen würde. Gut, das vielleicht nicht.  Dieser Idiot würde ganz sicher nicht dafür sorgen, dass ich ertrank.
Im nächsten Moment schlang er seine Beine um mein Becken. Ich spürte seine harte Mitte und keuchte unkontrolliert in den Kuss.
Meine Hände wanderten von seinem Rücken zu seinem Arsch. Er stöhnte auf, als ich Druck ausübte und presste seinen Körper noch enger an meinen. Ich hatte Mühe auf den unebenen Boden Halt zu finden. Was taten wir hier? Wir hatten größere Probleme! Wobei...
Im nächsten Moment löste ich mich von ihm, fasste unter Wasser in seinen Schritt und begann meine Hand auf und ab zubewegen. Er keuchte. Oh und wie er mich vermisst hatte. Ich spürte seine Härte, das stärker werdene Pulsieren. Bald konnte er sein Stöhnen nicht mehr unterbinden. Sein Blick war leer und gleichzeitig voller Begierde. Doch das war mir egal.
Der Mistkerl würde noch merken, dass ich über die Bloßstellung nicht so einfach hinweg sehen würde. Dass es verdammt noch mal seine Schuld war, dass sie mir meinen Posten genommen hatten und ich nicht wusste, wie es jetzt weitergehen würde. Erst jetzt merkte ich wie viel sich in mir aufgestaut hatte.
In vielerlei Hinsicht.
Ruckartig hielt ich in meiner Bewegung inne. Murphy gab ein Geräusch von sich, dass beinahe nach einem Wimmern klang.
"Mach weiter!" Er sah mich an und krallte seine Finger in meinen Unterarm.
"Oder was?", fragte ich provokant nach.
"Bitte", fügte er nachdrücklich hinzu.
Ich sah ihn einen Moment halb amüsiert halb selbstgefällig an.
"Was willst du hören?", fragte Murphy da nach und schloss einen Moment seine Augen.
"Eine Entschuldigung wäre angemessen", raunte ich ihm zu.
"Eine Entschuldigung?" Er sah mich unverständlich an. "Wofür sollte ich mich bitte entschuldigen?"
"Dass du mich wie ein Idiot dastehen lassen hast", knurrte ich und kam ihm noch näher als zuvor.
"Dafür brauchst du mich doch gar nicht" Er grinste.
Ich ballte meine Hände zu Fäusten. "Halt den Mund, Murphy!"
Mit diesen Worten küsste ich ihn erneut und hasste mich dafür, und ihn umso mehr. Wir holten uns gegenseitig im Wasser einen runter, ohne noch ein weiteres Wort zusagen.

Mit Hilfe des Messers schafften wir es in den nächsten Tagen immer wieder Tiere zu erlegen. Auch wenn die Quote der Treffer sehr gering war. Es passierte nicht nur einmal, dass unsere einzige Waffe beinahe verloren gegangen wäre oder wir hungrig auf den nächsten Tag warten mussten.
Wir konnten von Glück reden, dass sich Murphy zumindest an ein winzigen Teil seines "Vorbereitungsunterricht" bei Pike erinnern konnte und wir es nach gefühlten Stunden schafften, ohne ein Streichholz Feuer zu erzeugen.
"Hättest du ihm zu gehört, wären wir eindeutig besser dran", stellte ich klar und versuchte das Feuer am Leben zu erhalten.
"Was hättest du getan?" Murphy sah mich an. Ich antwortete nicht, doch schien er zu wissen, was ich dachte und schien ihm meine unausgesprochene Antwort zu gefallen.
Einige Zeit saßen wir am Feuer und aßen den Rest von dem Fuchs, dann erhob er sich auf einmal.
"Wohin gehst du?" Ich sah ihn fragend an.
"Pissen" Mit diesen Wort verschwand er.
Ich warf das letzte Stück Fleisch in die Flammen. Es fühlte sich an als würde man auf Gummi herum kauen. Ich konnte nur hoffen, dass Octavia versorgt war. Dass sie... Plötzlich hörte ich hinter mir ein Knacken. Ich drehte mich um und rechnete schon damit Murphy zu sehen, doch dann bemerkte ich den großen Schatten, der auf mich zusteuerte. Das Messer trug in diesem Moment Murphy bei sich. Verdammt. Es musste ein Grounder sein. Plötzlich zielte ein Pfeil auf mich. Er kam von rechts. Ich wich ihm im letzten Moment aus. Dann folgte ein weiterer. Sie waren mehrere. Scheiße.
Diese Bastarde hatten uns aufgelauert.
Ich trat das Feuer aus, um nicht weiter unter Beobachtung zu stehen. Doch der Grounder hatte mich bereits im Visir genommen. Ich war bereit in einen Zweikampf zu gehen, nur dass ich ohne Waffen kaum etwas ausrichten konnte.
Vielleicht wäre weglaufen die bessere Option, doch hier draußen waren zu viele von ihnen.
Im nächsten Moment spannte der Grounder seinen Bogen und zielte den Pfeil auf meine Brust.
"Willst du nicht fair kämpfen?", fragte ich laut nach. "Und gleiche Bedingungen schaffen?"
Anstatt auf meine Worte einzugehen, zog er seinen Arm noch weiter zurück. Der Pfeil würde mich in binnen von Sekunden treffen. Treffen und Töten.
Ich sog die Luft ein.
"Feigling!", rief ich ihm wütend zu. Dann fiel der Grounder plötzlich reglos zur Seite.
"Wenn du mit ihm ein Problem hast, bekommst du eins mit mir!", stieß Murphy aus, zog das blutige Messer aus dem Körper und lief über ihn herüber auf mich zu.
Ich starrte ihn wortlos an und war unfähig etwas zu tun oder zu sagen. Auch wenn einer von ihnen tot war, so waren da draußen noch genug andere und sie kamen näher. Wir hatten keine Chance.

Forbidden Desire - Bellamy×Murphy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt