Kapitel 24. 'Die Bindung einer Beziehung'

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Geschichte. 'Mr. Park~'

Kapitel 24. 'Die Bindung einer Beziehung'



27. November 2020 - Freitag


Zunächst war es ihm nicht aufgefallen und es vergingen einige Tage, die er in Unwissenheit verbrachte. Es traf ihn wie ein Schlag, der ihn vollkommen aus der Bahn riss. Baekhyun wusste nicht, was passiert war und was es zu bedeuten hatte. Es verunsicherte ihn.
Chanyeol hörte damit auf, nach der Arbeit in Baekhyuns Wohnung aufzutauchen. Nicht, dass er jeden Tag bei Baekhyun verbrachte. Natürlich war auch Baekhyun oft genug in der Wohnung seines Freundes anzutreffen und natürlich gab es auch Tage, an denen sie sich gar nicht sahen, was auch der Grund war, weshalb es Baekhyun nicht direkt aufgefallen war. Es waren die kurz angebundenen Nachrichten und letztlich die Absage, die Baekhyun direkt von Chanyeol erhielt, bei der Baekhyun bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Statt wie sonst, dass sie auch ohne Ankündigung beieinander aufkreuzten, war an diesem Abend tatsächlich geplant gewesen, dass er zu Chanyeol kommen würde. Stattdessen bat Chanyeol darum, dass Treffen zu verschieben, er wollte allein sein.

In diesem Moment registrierte er, dass Chanyeol nicht nur an diesem Abend abgesagt hatte, sondern auch nicht mehr bei ihm aufgetaucht war. Auf einmal fielen ihm die Nachrichten auf, die er in den vergangenen Tagen von seinem Freund erhalten hatte. Wieso er bei diesen nicht schon eher bemerkt hatte, dass Chanyeol kaum antwortete und wenn, dann nur das Nötigste schrieb, konnte Baekhyun sich nicht erklären. Wobei, eigentlich stimmt das nicht. Baekhyun hatte vermutet, dass Chanyeol zu gestresst und am Ende des Tages auch einfach zu müde war, um noch groß mit ihm zu schreiben.

Auch das Verhalten auf der Arbeit, hatte Baekhyun bisher nicht angezweifelt. Wieso denn auch? Immerhin hatte er gewusst, dass Chanyeol in einem wichtigen Projekt steckte. Seit einiger Zeit schon war er dafür immer länger auf der Arbeit geblieben, hatte die Pausen nicht mit Baekhyun und Jongdae verbracht und auch die Zeit zwischendurch nach ihnen zu sehen, hatte er reduziert. Das war aber schon weitaus länger der Fall gewesen. Baekhyun wusste, wieso Chanyeol so wenig Zeit auf der Arbeit für ihn und auch Jongdae hatte. Das er Chanyeol tatsächlich gar nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte, war in dem untergegangen. Schlichtweg hatte Baekhyun all die Zeichen übersehen, die ihm andeuteten, dass etwas nicht stimmte.

Er hatte für alles eine logische Erklärung gehabt. Sein Kopf hatte all die Verhaltensänderungen nicht wahrgenommen, sie vollkommen ignoriert oder eine Schlussfolgerung dafür gefunden. Erst diese Nachricht, in der Chanyeol ihr Treffen absagte, wieder nur als kurze und knappe Nachricht, brachte Baekhyun dazu, es zu bemerken. Zu bemerken, dass die Nachrichten plötzlich auf das Nötigste reduziert wurden, dass die Treffen ausfielen und dass er auf der Arbeit nur noch eine schlichte Begrüßung erhielt, wenn sie sich doch über den Weg gelaufen waren.

Letztlich respektierte Baekhyun Chanyeols Wunsch, hatte dennoch zur Sicherheit gefragt, ob alles in Ordnung sei und bot ihm an, sich jeder Zeit zu melden, wenn er sprechen möchte oder wenn sonst etwas sein sollte. In seinem Angebot schwang eine aufdringliche Bitte mit, doch kein Zwang.

Am nächsten Tag war Chanyeol nicht auf der Arbeit aufgetaucht. Jongdae war verblüfft, als Baekhyun ihn darauf ansprach und nicht weniger überrascht war Baekhyun, als Jongdae ihm mitteilte, dass Chanyeol nicht nur diesen einen Tag nicht da sein würde, sondern sich einige Tage Frei genommen hatte. Es war anzusehen gewesen, dass Jongdae nicht verstand, wieso Chanyeol Baekhyun nichts von seinem Vorhaben erzählt hatte und auch, dass er selbst nicht wusste, was Chanyeols Grund dafür sein könnte. Mit einem Blick, der jegliches Mitgefühl zeigte und irgendwo auch eine Art von Entschuldigung in sich trug, beteuerte Jongdae ihm, dass er auch nicht wüsste, was zur Zeit mit Chanyeol war. Er wusste nur das Chanyeol einige Tage nicht zur Arbeit kommen würde, da er die Stellvertretung übernehmen würde.

Es vergingen weitere drei Tage, in denen Chanyeol sich nicht blicken ließ. Seine Nachrichten waren weiterhin nur kurz angebunden und wirkten fast schon unpersönlich. Baekhyun hatte angeboten, dass er vorbeikommen könnte, doch auch das lehnte sein Freund ungehemmt ab.
Baekhyun fing an sich Sorgen zu machen. Er wusste nicht, ob es Chanyeol schlichtweg nicht gut ging; Ob er krank war, oder vielleicht hatte er gerade eine schlechte Phase in seinem Leben, bei welcher er alleine sein wollte. Doch irgendwo in Baekhyun kam auch die Angst auf, dass es an ihm oder ihrer Beziehung lag. Hatte er etwas Falsches gemacht? War sein Freund sauer auf ihn? Oder hatte Chanyeol aufgehört ihn zu lieben?
Das waren Fragen, die er sich nicht stellen wollte. Denn Baekhyun konnte sich nicht vorstellen, dass Chanyeol eine Situation zwischen ihnen so handhaben würde, konnte es aber auch nicht verhindern.

Am vierten Tag hatte Baekhyun sich dazu entschieden, Chanyeol den Freiraum zu lassen, den er scheinbar benötigte. Nicht, dass er Chanyeol diesen vorher nicht schon gegeben hätte, doch Baekhyun, so groß seine Sorge auch war, stellte seine Nachrichten ein. Es war keine Trotzreaktion oder Enttäuschung. Viel mehr merkte er an dem Verhalten des anderen, dass dieser Abstand benötigte. Ob von Baekhyun selbst oder einfach allem immer noch unklar, doch er respektierte und liebte Chanyeol zu sehr, als dass er sich weiter aufdrängen wollte. Und wenn das nur über Nachrichten war, bei denen Baekhyun bereits merkte, dass Chanyeol darauf nicht reagieren wollte. Wenn Chanyeol bereit war, wofür auch immer, würde er auf Baekhyun zukommen. Das hoffte Baekhyun zu mindestens.
Jongdae bemerkte, dass Baekhyun sichtlich schlecht mit dem Verhalten von Chanyeol klar kam und sprach ihm gut zu. Sein eigener verunsicherte Blick brachte Baekhyun jedoch mehr das Gegenteil von dem, was Jongdae eigentlich erreichen wollte.

Der fünfte Tag machte ihn verrückt. Schon auf der Arbeit hatte er sich nicht konzentrieren können und Jongdae hatte ihm angeboten, dass er früher gehen könnte. Er belieb.
Nichts von seinem Freund zu hören und nicht zu wissen, was ihn plagte, war schrecklich und erinnerte ihn zu sehr an eine Situation, die sie bereits erlebt hatten. Damals als sie sich eigentlich zum ersten Mal, seit ihrem Kennenlernen treffen wollten und Chanyeol nicht aufgetaucht war. Die Erinnerung daran gab ihm etwas Hoffnung.
Baekhyun traf sich mit seinen Freunden, die ihm, ebenso wie Jongdae bereits, alle gut zusprachen. Keiner von ihnen konnte sich vorstellen, dass Chanyeol nicht mit ihm sprechen würde, wäre es ein Problem innerhalb ihrer Beziehung. Im Gegensatz zu Jongdae schafften sie es tatsächlich auch, ihn etwas aufzuheitern. Besonders Kyungsoo schien sich an dieselbe Situation zu erinnern, an die auch Baekhyun schon hatte denken müssen. Damals hatte es eine verständliche Erklärung gegeben, wieso Chanyeol nicht aufgetaucht war und sich auch nicht mehr bei ihm meldete. Kyungsoo erinnerte sich weiter an die Situation zwischen Baekhyun und Chanyeol, als sie ihren Kontakt über Wochen verloren hatten. Auch da gab es eine Erklärung, wieso Chanyeol sich nicht mehr bei Baekhyun gemeldet hatte. Kyungsoo war es, der ihn auf den Boden der Tatsachen zurückholte und seine Angst milderte. Er beteuerte, dass Chanyeol einen Grund hätte. Kyungsoo gab Preis, dass Chanyeol auf Baekhyun zukommen und immerzu in eine offene Kommunikation gehen würde, ebenso wie es bereits Baekhyuns Gedanke war. Sie waren sich beide sicher, gäbe es ein Problem zwischen Baekhyun und Chanyeol, würde der Ältere sich nicht von Baekhyun zurückziehen. Es beruhigte Baekhyun, dass auch Kyungsoo so dachte.

Baekhyun hatte all seine Sorgen und Ängste so weit wie möglich klein gehalten und diese Chanyeol gegenüber nicht geäußert. Sie waren damit nicht verschwunden, aber er wollte seinen Freund damit nicht belästigen und besonders wollte er nicht, dass Chanyeol sich genötigt fühlte, mit Baekhyun zu sprechen. Er hatte Baekhyun mitgeteilt, dass er Zeit allein brauchte und das war okay für Baekhyun. Natürlich war es okay für Baekhyun, ohne Frage.
An seinem Vorhaben änderte er nichts, sodass ein weiterer Tag verstrich, in der sie nicht einmal eine Nachricht miteinander austauschten. Das war damit der dritte Tag, an dem sie regelrecht keinen Kontakt zueinander hatten.

Er wusste nicht, dass er damit einen Fehler begangen hatte. Baekhyun hatte die Zeichen eindeutig falsch gedeutet und Chanyeol geradezu missverstanden. Bei seiner Entscheidung, Chanyeol nicht mehr zu schreiben, hatte er gedacht, diesem einen Gefallen zu tun und ihm den Freiraum zu geben, den er benötigte; Er hatte gedacht, dass es das sei, was Chanyeol in jenem Moment brauchte. Wie hätte er denn auch damit rechnen können, dass es die falsche Reaktion auf Chanyeols Verhalten war?

Erst das tränenüberströmte Gesicht und die pure Angst in Chanyeols Augen teilten ihm mit, dass er falsch gehandelt hatte. Sein Freund brach vor ihm zusammen, noch ehe er überhaupt wirklich realisiert hatte, dass Chanyeol in seinem Wohnzimmer aufgetaucht war. Baekhyun hatte nicht mit dem plötzlichen Besuch gerechnet, weshalb er auf der Couch lag, eine Serie auf dem Fernseher laufend, die ihn eigentlich nicht interessierte, während er dabei war einzuschlafen.

Mit einem Mal war er wieder hellwach, als er mit einem Schrecken Chanyeol erblickte. In der nächsten Sekunde brach der größere auch schon zusammen. Baekhyun hatte Mühe ihn wieder auf die Beine zu bekommen. Mit einer krächzenden Stimme hatte Chanyeol sich immer wieder bei ihm entschuldigt und unter Schluchzern darum gebeten, dass Baekhyun nicht mehr sauer auf ihn sein sollte. Baekhyun selbst war mehr als nur überfordert mit der Situation.

Davon abgesehen, dass Baekhyun nicht einmal sauer auf Chanyeol gewesen war, hätte er es ab dem Augenblick auch nicht mehr sein können. Nein. Er war niemals sauer auf Chanyeol gewesen. Er hatte sich nur Sorgen gemacht und sich erhofft, dass sein Freund mit ihm reden würde, damit er es verstehen könnte. Ansonsten aber brachte er Verständnis auf.

Chanyeol hatte sich weiter bei ihm entschuldigt, während Baekhyun sie zum Sofa führte. Sofort hatte Chanyeol seine Nähe gesucht. Baekhyun fragte sich, was passiert sein musste, dass Chanyeol so verzweifelt bei seinen Entschuldigungen klang und es zerbrach ihm fast das Herz, als er Chanyeols Bitte hörte, dass Baekhyun ihn nicht verlassen solle. Es war so leise ausgesprochen worden, dass er es beinahe überhört hätte. Aber er hatte es gehört und es schmerzte, diese Worte zu hören und seinen Freund so zu sehen. Er wollte unbedingt wissen, was seinen Freund so sehr belastete, denn Baekhyun war sich mehr als sicher, dass es nicht allein die Angst war, dass er sauer sein könnte. Wieso auch immer Chanyeol das überhaupt dachte. „Ich bin doch gar nicht sauer auf dich", hatte Baekhyun daher erwidert. Chanyeol wirkte verwundert über seine Aussage.

Es waren die Nachrichten. Baekhyun hatte aufgehört Chanyeol zu schreiben und eben das hatte ihn dazu gebracht, zu glauben, Baekhyun könnte sauer sein. Baekhyuns Blick wurde weicher, als er die Worte hörte. Er hatte Chanyeol missverstanden, was aber wohl auch kein Wunder war. Mit ruhiger und leiser Stimme erklärte Baekhyun seinem Freund, dass er nicht aufgehört hatte zu schreiben, weil er sauer war, sondern weil er dachte, dass Chanyeol genau das gebraucht hätte. Der Kopf seines Freundes lag inzwischen auf seinen Beinen und Baekhyun strich beruhigend durch das Haar. Er erklärte, dass er es besser gefunden hätte, wenn Chanyeol mit ihm gesprochen hätte, wenn er gewusst hätte, was los sei, dass er sich Sorgen gemacht hatte und auch das er Angst hatte. Chanyeol hatte sich für wenige Sekunden bei seinen Worten angespannt. Weiterhin ruhig und zugleich auch mit einer unglaublich liebevollen Stimme erklärte Baekhyun ihm weiter, dass es für ihn nicht einfach gewesen war, weil er auch nicht wusste, wie er mit dem Verhalten von seinem Freund umgehen sollte. Er beteuerte noch einmal, dass er nicht sauer war, sondern, dass er Verständnis aufgebracht hatte. Dass er Verständnis dafür hatte, dass Chanyeol, aus welchem Grund auch immer, Zeit für sich allein brauchte und dass er aus eben diesem Anlass heraus, dachte, dass es besser wäre, ihm nicht zu schreiben und Chanyeol selbst zu überlassen, wann er bereit dazu war, mit seinem Problem zu Baekhyun zu kommen.
Baekhyun merkte, dass sein Freund wieder zur Ruhe kam und sich langsam entspannte.

Heute, fast vier Wochen später und an Chanyeols Geburtstag, wusste Baekhyun immer noch nicht, was genau passiert war, denn sein Freund hatte noch nicht darüber reden wollen und Baekhyun hatte es wieder respektiert. Immerhin hatte Chanyeol ihm erklärt, dass es nichts war, worum Baekhyun sich Sorgen machen müsste. Es wäre etwas gewesen, was nicht leicht für ihn war und dass er Zeit gebraucht hatte, darüber in Ruhe nachzudenken, einfach mit etwas Abstand zu allem. Aber es war ihm nicht schlecht ergangen und es war nichts, erwähnenswertes. Schuldbewusst hatte Chanyeol sich noch mal bei Baekhyun für sein merkwürdiges Verhalten entschuldigt und ihm versprochen, dass sie noch darüber sprechen würde und dass er in Zukunft eine solche Situation besser handhaben würde.

„Wer kommt heute eigentlich?", fragte Baekhyun beiläufig, während er dabei zusah, wie Chanyeol das Geschirr vom Wohnzimmertisch räumte, dass sie am Abend zuvor benutzt und nicht weggeräumt hatten, da sie viel zu müde gewesen waren. Seit dem Vorfall, hatte Chanyeol sich nicht mehr zurückgezogen. Sie trafen sich wieder regelmäßig, Chanyeol reagierte auf seine Nachrichten, wie er es immer gemacht hatte und auch ansonsten bemerkte Baekhyun nichts ungewöhnliches mehr an dem Verhalten des Älteren.
„Ich hatte Jongdae vorhin gefragt, ob er kommen möchte. Minseok wusste noch nicht, ob er es schaffen wird."
„Und was ist mit-"
„Ansonsten kommt keiner."

Baekhyun horchte auf, als er so plötzlich unterbrochen wurde und mit einem eindringlichen, prüfenden Blick bedachte er Chanyeol. Einige Sekunden vergingen, in denen Baekhyun ihn nur beobachtete, bis er sich dazu entschied auf Chanyeol zuzugehen. Vorsichtig griff Baekhyun nach dem Arm seines Freundes und drehte ihn richtig zu sich. Ein fragender Ausdruck breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Es ist doch dein Geburtstag. Du bist jetzt 29! Wieso kommen nur die beiden? Mal davon abgesehen, dass es sogar sein kann, dass nur Jongdae kommt, wenn ich das richtig verstanden habe?"

„Minseok weiß noch nicht, wie es mit der Arbeit passt, will aber kommen."
„Und warum kommt sonst keiner?"
„Jongdae kommt doch."
Baekhyun guckte seinen Freund auffordernd an, unzufrieden mit der Antwort, die er erhalten hatte. „Du hast versprochen, dass du mit mir reden willst, wenn was ist. Du weichst mir gerade aus. Was ist mit deinem besten Freund? Wieso kommt er nicht?"

„Wie gehabt, Jongdae kommt."
Baekhyun verzog das Gesicht und merkte, dass er anfing sauer zu werden. Es war in Ordnung für ihn, wenn Chanyeol nicht immer über alles mit ihm reden wollte und es war auch für ihn in Ordnung, wenn Chanyeol auch mal Zeit für sich allein brauchte. Eigentlich wäre Baekhyun mit jeder Entscheidung zufrieden, die sein Freund treffen würde. Besonders, weil er nichts von seinem Freund verlangen wollte und auch weil er nicht wollte, dass Chanyeol sich zu irgendwas gezwungen fühlte. Baekhyun war der Meinung, dass er kein Anrecht hatte, Chanyeol zu irgendwas Aufzufordern oder etwas von ihm zu erwarten, nur weil er sein Freund war. Das Einzige, was Baekhyun sich wünschte und was Chanyeol ihm versprochen hatte, war ehrlich mit ihm zu sein. Ehrlich, auch in dem Sinne, dass er Baekhyun sagen würde, wenn ein solcher Fall auftreten sollte.

„Yeol. Du weichst mir immer noch aus. Wenn du darüber nicht reden möchtest, dann ist das okay. Wirklich! Aber dann sag mir das bitte."
Chanyeol atmete einmal tief durch, dann nahm er Baekhyun in den Arm. „Entschuldige. Ich mag da tatsächlich gerade immer noch nicht drüber reden."
„Ist es immer noch das gleiche? Bist du wirklich okay damit? Du meintest, es wäre nicht so schlimm, aber es scheint dich immer noch zu belasten."
„Es ist nicht schlimm. Es ist einfach nur dumm. So sinnlos. Nichts, worüber es sich zu reden lohnt und nichts, was mich wirklich beschäftigt, so wie du glaubst."
„Hast du mit Jongdae darüber gesprochen? Über diese ganze Situation?"
„Ja."

Baekhyun nickte und löste die Umarmung. „Dann ist wirklich alles in Ordnung? Das, was vor ein paar Wochen war und dass du jetzt auch so merkwürdig reagierst scheint, als wäre es noch nicht in Ordnung?"
„Das Einzige, was mich wirklich belastet hat, war die Angst, dass du sauer auf mich sein könntest."
Baekhyun lachte. „Gut rausgeredet."
„Wirklich Baekie. Ich habe nur ein paar Tage Zeit gebraucht, um darüber nachzudenken. Und das habe ich dir gegenüber nicht gut gehandhabt. Es ist kein Wunder, dass du glaubst, dass etwas schlimmes vorgefallen ist. Und dass ich dann auch noch weinend bei dir aufgetaucht bin, hat es wohl nicht besser gemacht."
„Hat es denn etwas mit deinem besten Freund zu tun?"
„Es lohnt sich wirklich nicht, weiter darüber zu sprechen. Es hat sich nur... auseinandergelebt."

Verstehend nickte Baekhyun. Die Worte beruhigten ihn ungemein. Nicht, weil er die Tatsache die Chanyeol ihm gerade vorgelegt hatte als beruhigend empfand, sondern mehr, weil er jetzt wusste, was eigentlich passiert war. Mehr oder weniger. Baekhyun konnte es sich zu mindestens vorstellen. Und Baekhyun war dankbar, dass Chanyeol es gesagt hatte.

„Okay! Dann werde ich jetzt dafür sorgen, dass du einen schönen Geburtstag hast." Damit wechselte Baekhyun das Thema. Er wackelte mit den Augenbrauen und brachte sein Handy zum Vorschein.
„Was hast du vor?"
„Was wohl? Wenn du so einen traurigen Geburtstag planst, bei dem nur zwei Personen kommen und bei dem nicht mal sicher ist, ob auch wirklich beide kommen, dann muss ich wohl ganz schnell ein paar Leute einladen. Mit Jongin hattest du dich doch ganz gut verstanden, erinnere ich mich richtig? Ah! Und Kyungsoo und Junmyeon würden sich auch bestimmt freuen, dich mal wieder zu sehen. Sie waren traurig, dass du letztens nicht zum Essen mit rübergekommen bist. Und Sehuns Freundin wird ihn uns wohl für einen Abend überlassen, damit er herkommen kann."
„Du bist unmöglich."
„Deswegen liebst du mich."
„Nein."
„Nicht?"
„Nein. Ich liebe dich, weil du wundervoll bist. Hab ich dir das eigentlich jemals gesagt? Danke dir. Für alles."
Baekhyuns Lachen wurde zu einem liebevollen Lächeln. Das hier war perfekt!



„Baekhyun." Erschrocken zuckte Baekhyun zusammen und drehte sich etwas zu schnell herum. Kurz drehte sich alles vor seinen Augen, was ihm noch mal bestätigte, dass er sich zu schnell bewegt hatte. So plötzlich angesprochen zu werden, hatte er nicht erwartet. Jongdae lachte über den Anblick seines Arbeitskollegen, ehe er weiter in den Raum trat. „Ich wollte eigentlich nur fragen, ob ich dir irgendwie helfen kann."
„Lachst du mich etwa aus?"
„Ein wenig."
„Gut. Dann kann ich unbedenklich sagen, dass ich dich nicht in die Nähe dieses Essens lasse." Diesmal lachte Baekhyun. Mit einer Handbewegung lud er den anderen dazu ein, dennoch Platz auf einen der Stühle zu nehmen. Jongdae kam dem Angebot nach. Zweifelnd blickte Baekhyun zu ihm. „Nein. ich wüsste wirklich nicht, wie du mir helfen könntest. Ich werde sowieso nicht mehr so lange brauchen."
„Übertreibst du es nicht gerade ein wenig?"
„Nö." Baekhyun lachte erneut. „Ich habe einmal beobachtet, wie du versucht hast zu kochen. Und da hat es sich nur um ein Frühstück gehandelt. Aber ich schätze es wirklich sehr, dass du gefragt hast."
„Ich bin mir ja nicht sicher, ob ich dich wirklich leiden kann."

Erstaunt wand Baekhyun sich wieder zu seinem Arbeitskollegen herum und machte ein schockiertes Gesicht. Seine Hand legte er dabei auf seine Brust. „Das verletzt mich", sagte er mit weinerlicher Stimme. Ein paar Sekunden verblieb er in dieser Szene, währende Jongdae ihn sichtlich belustigt ansah, ehe beide anfingen zu lachen. Nachdem sie sich wieder beruhigt hatten, kümmerte Baekhyun sich weiter um das Essen und um sie herum kehrte eine Stille ein, die ungewöhnlich und leicht unangenehm war. Abgesehen von der Arbeit und den einen Morgen in Jongdaes Zuhause, hatte er noch keine Zeit allein mit Jongdae verbracht.

Im Wohnzimmer ertönte immer wieder lautes Lachen, wenn nicht gerade die lauten Stimmen von Sehun und Jongin ertönten. Immer wieder mischte sich das Lachen seines Freundes unter und ein zufriedenes Lächeln bereitet sich auf Baekhyuns Gesicht aus. Es tat gut zu hören, dass Chanyeol Spaß hatte.
Währenddessen hatte Baekhyun sich einverstanden erklärt, dass Kochen zu übernehmen, um sie alle mit etwas Nahrhaften zu versorgen, besonders nachdem er die Mengen an Alkohol gesehen hatte, die seine Freunde mitgebracht hatten. Kyungsoo hatte ihm noch angeboten, schon fast darauf bestanden, ihm zu helfen, doch Baekhyun hatte vehement abgelehnt.

Nachdem es weitere Minuten ruhig geblieben war und Baekhyun mit dem Essen fertig geworden war, drehte er sich nachdenklich herum. Jongdae saß immer noch in der Küche und beobachtete ihn aufmerksam. „Okay", fing Baekhyun schließlich an und nahm auf einem anderen Stuhl platz. Den Herd hatte er zuvor noch heruntergestellt, sodass das Essen zwar weiterhin warm blieb, jedoch nur noch eine geringe Gefahr bestand, dass es anbrannte. „Wieso bist du hier?"
Verwirrt zog Jongdae die Augenbrauen zusammen. „Weil Chanyeol Geburtstag hat."
Lachend schüttelte Baekhyun mit dem Kopf. „Ich meine hier in der Küche und nicht bei den anderen im Wohnzimmer. Du bist bestimmt nicht hergekommen, um mir beim Kochen zu helfen. Und damit bezieh ich mich diesmal nicht auf deine Kochkünste. Du hast mitbekommen, dass ich bereits Kyungsoos Hilfe abgelehnt habe, also konntest du damit rechnen, dass ich auch deine Hilfe ablehne. Du hast nur einen Vorwand gebraucht, um hier in die Küche zu kommen und mich anzusprechen."
„Eventuell."
„Und eventuell bedeutet was?"

Jongdae überlegte und für einen Moment versuchte er in die Richtung zu blicken, in der sich das Wohnzimmer befand. Einen Blick hinein wurde ihm jedoch durch die Wände verwehrt. Baekhyun konnte anhand von Jongdaes Körpersprache deutlich ablesen, dass er sich nicht sicher war, ob er seine Gedanken wirklich aussprechen sollte. Jongdae wirkte, als habe er Angst, dass jemand sie hören könnte, so wie sein Blick immer wieder zu der Tür schweifte und das Jongdae an seinen Fingern spielte, zeigte eine gewisse Hemmung.

„Hör zu", sprach Baekhyun nach wenigen Sekunden und fing damit das Gespräch an. Besonders aus dem Grund, weil er sich sicher war, dass Jongdae das Bedürfnis hatte, seine Gedanken in Worte zu fassen, sich aber nicht ganz gewiss darüber war, ob er damit die richtige Entscheidung treffen würde. Die Zurückhaltung jedoch verursachte jedoch, dass Baekhyun nicht wirklich interessiert daran war, zu wissen, was genau in Jongdaes Kopf gerade vorging.

„Wenn du mit mir über irgendwas reden möchtest, dann kannst du jeder Zeit gerne auf mich zukommen. Und du kannst wirklich frei über fast alles mit mir sprechen. Auch wenn es etwas mit Chanyeol zu tun hat. Er ist zwar mein Freund, aber wenn du mir etwas im Vertrauen erzählst, dann ist es auch im Vertrauen. Wenn du nicht möchtest, dass er etwas weiß, dann werde ich es ihm auch nicht sagen. Darum brauchst du dir wirklich keine Gedanken zu machen. Aber wenn es etwas ist, was direkt mit meinem Freund zu tun hat und es ein Gespräch wird, an dem er teilhaben sollte, dann bitte ich dich darum, es mir nicht zu sagen. Alles, was mit dir zu tun hat, werde ich ihm nicht sagen. Aber wenn es etwas direkt mit ihm zu tun hat, dann soll er entweder dabei sein, oder ich bekomme die Erlaubnis von dir, mit ihm darüber zu sprechen. Und sollte es etwa sein, was er dir im Vertrauen erzählt hat, dann will ich es erst recht nicht hören."

„Chanyeol hat wirklich Glück und er hat wirklich nicht übertrieben, als er sagte, dass du verständnisvoll wärest. Wobei er das mit weitaus mehr Worten beschrieben hat und auch um einiges ausgeschmückter und wundervoller, als ich es jetzt noch wiederholen könnte."

Baekhyun fühlte sich unwohl, bei den Worten. Nicht, weil sie ein unterschwelliges Gefühl bei ihm auslösten, viel mehr, weil er nicht damit umgehen konnte, solche Art von Komplimenten zu bekommen. Zudem hatte er nicht gewusst und auch nicht damit gerechnet, dass Chanyeol derart über ihn sprechen würde. Es zu hören, war merkwürdig und Baekhyun wusste nicht, wie er darauf reagieren sollte, zugleich jagte es ein unglaubliches Kribbeln durch seinen Körper. War wirklich Chanyeol derjenige, der Glück hatte? War es nicht eher Baekhyun? Waren es nicht gerade sie beide?

„Es ist nichts, was du ihm gegenüber verschweigen musst. Ich möchte nur wissen, ob du der Meinung bist, dass es Chanyeol wieder gut geht?"
„Das wäre ein Thema, bei dem du Chanyeol vielleicht direkt ansprechen solltest, statt mit mir hinter seinem Rücken darüber zu sprechen. Aber, ja vielleicht. Er sagte, dass er mit dir darüber gesprochen hätte und von daher wirst du besser einschätzen können, ob es ihm gut geht oder nicht."

„Keine Sorge. Ich rede mit ihm. Ich rede sehr viel in letzter Zeit mit ihm darüber und ich mache das hier nicht, um hinter seinem Rücken mit dir über das Thema zu sprechen. Mich interessiert eigentlich mehr, wie es dir momentan geht. Ich weiß, dass es für dich viel schlimmer war, als es für Chanyeol tatsächlich war und ich weiß auch, dass es dir immer noch schwerfällt, damit umzugehen, wenn er nicht mit dir redet. Du bringst unglaubliches Verständnis für die Situation auf, aber das bedeutet nicht, dass es dadurch leicht für dich wäre. Wie geht es dir? Möchtest du darüber sprechen?"

„Chanyeol hat wirklich Glück", bemerkte Baekhyun und lächelte.
„Mir geht es gut."
„Chanyeol hat mir die Erlaubnis gegeben, mit dir darüber zu sprechen. Wenn du möchtest, können wir darüber reden."

„Nein."
Baekhyun hatte das Interesse zu wissen, was mit seinem Freund in der letzten Zeit war. Aber er vertraute darauf, dass Chanyeol von sich aus auf ihn zukommen würde, um es ihm zu erzählen und Baekhyun wollte, dass Chanyeol derjenige ist, der mit ihm über das Thema sprechen möchte. So wie die Situation zurzeit aussah, war es für Baekhyun vollkommen in Ordnung. Es erinnerte ihn, an seine Familiensituation, über die Baekhyun auch nicht sprechen vermag und was Chanyeol ohne zu hinterfragen akzeptierte.

„Ich weiß, wieso Chanyeol mit dir redet. Immerhin bist du die Person, zu der er immer geht, wenn ihn etwas belastet. Es ist genauso wie mit Kyungsoo und mir. Ihr beide seid beste Freunde, dass verstehe ich auch. Wieso Chanyeol dir sagt, dass du mit mir über das Thema reden darfst und wieso du das ansprichst, verstehe ich auch. Ich weiß, dass Chanyeol zu mir kommt, wenn es wichtig ist und wenn es ihm wirklich nicht gut gehen sollte, was bedeutet, dass ich auch weiß, dass ich mir keine Sorgen machen brauche. Was nicht bedeutet, dass ich mir keine mache, aber ich weiß, dass alles in Ordnung ist und dass er mit mir darüber reden wird, wenn er es mir erzählen will."

„Du bist einmalig, Baekhyun."
„Sag mir nur eine Sache, bitte. Ich vertraue auf mein Gefühl und noch mehr auf Chanyeols Worte. Also darauf, dass es nicht so schlimm ist, wie ich im ersten Moment angenommen habe. Aber hat es einen emotionalen Grund, dass er darüber nicht spricht?"
„Ich denke nicht, dass man das einen emotionalen Grund nennen kann. Das ist einfach Chanyeol. Es gibt Situationen, in denen er sich zurückzieht und allein sein möchte. Manchmal sogar, ohne dass es einen Grund gibt, sondern mehr, weil er die Zeit für sich allein braucht. Mich wunderte es nur, dass du davon nichts wusstest und er darüber bisher nicht mit dir gesprochen hat."
„Hätte ich das eher gewusst, wäre die Situation mit Sicherheit einfacher für mich gewesen."
Jongdae lächelte leicht.
„Aber schon okay. Ich weiß jetzt davon und in Zukunft wird es dafür leichter sein. Und wir sollten jetzt nicht weiter darüber sprechen. Es ist Chanyeols Geburtstag und da sollten wir nicht in der Küche sitzen und über so ernste Themen sprechen. Außerdem sollten wir die anderen endlich mal mit Essen versorgen, bevor die mit dem Alkohol beginnen."
„Oh glaub mir, die haben schon längst damit angefangen", lachte Jongdae.



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#Update: 14. Januar 2023

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