Geschichte. 'Mr. Park~'
Kapitel 27. 'Du bist eine Frau?'
24. Dezember 2020 - Donnerstag
Baekhyun mochte die Stille, die ihn umhüllte, als er den Wagen verließ. Er wusste, dass es die nächsten Tage nicht bei dieser Ruhe bleiben würde und dennoch: Die Atmosphäre, die ihn umgab, war genau das, was er zu dieser Zeit gebrauchte. Es war nicht nur die Stille, welche von dieser Umgebung ausging und die er in diesem Augenblick so genoss; es war viel mehr die Stille, die sich in seinem Inneren ausbreiten, seit sie an diesen Ort angekommen waren. Das Vorkommnis der letzten Wochen hatte ihn bitter mitgenommen und so ganz hatte er es auch im Anschluss nicht verdauen können. Es war kaum eine Woche seit dem Tag vergangen und dennoch hatte Baekhyun immer noch mit all jenem zu kämpfen, was an diesem einen Tag vorgefallen war. Es hatte so viel wieder aufgewühlt. So viel, von dem er gedacht hatte, es bereits hinter sich gelassen zu haben, von dem er dachte, es überstanden zu haben und von dem er erhofft hatte, es verarbeitet zu haben.
Baekhyun erinnerte sich daran, wie Kyungsoo zu Besuch kam, zwei Tage nach dem Aufeinandertreffen mit seinen Eltern. Baekhyun hatte all seinen Frust, all seine Wut, seinen Schmerz und seine gesamte Verzweiflung offengelegt, die ihm mit einem Mal so überkommen hatten. Gefühle, die er nicht mal im Ansatz erfassen konnte, hatten ihn unvorhergesehen getroffen, aber die passenden Worte sie zu beschreiben, fand er nicht. Es war etwas, mit dem Baekhyun nicht gerechnet hatte und von dem er nicht wusste, dass es ihn dermaßen treffen würde.
Chanyeol, aber auch Kyungsoo hatte man ansehen können, dass sie überfordert mit der Situation gewesen waren. Baekhyun so aufgewühlt zu erleben, war besonders für Chanyeol eine neue Erfahrung gewesen und doch auch für Kyungsoo eine sichtlich unbekannte Situation. Und dass trotz dessen Kyungsoo und Baekhyun seit langer Zeit beste Freunde waren. Baekhyuns Verfassung hatte ausgereicht, damit auch Kyungsoo gänzlich begriff, wie toxisch die Beziehung zwischen Baekhyun und seinen Eltern war. Genau da hatte auch Kyungsoo das Bild uneingeschränkt verloren, das er noch bis zu diesem Moment von ihnen hatte. Er hatte es zuvor gewusst und Baekhyun ausreichend Vertrauen geschenkt und doch hatte ihn Baekhyuns Zustand kalt erwischt.
Chanyeol, der ihm anmerkte, dass die Situation weitaus mehr verursacht hatte als zunächst angenommen, war nicht mehr von seiner Seite gewichen. Es gab einen Moment, in dem er angedeutet hatte, dass er sich Sorgen um Baekhyun machte. Sorgen, dass Baekhyun sich in dem Chaos seiner Emotionen verlieren würde und davor, was das zu bedeuten hatte.
Es war merkwürdig gewesen. Merkwürdig, weil es sich so falsch angefühlt hatte. Baekhyun schätze die Sorge seines Freundes sehr und war dieser nicht prinzipiell abgeneigt und doch hatte sie in den vergangenen Tagen, in denen Chanyeol fast rund um die Uhr bei ihm verbrachte, einen bitteren Beigeschmack in sich getragen. Baekhyun empfand es als grundlegend falsch, dass Chanyeols Sorge aus der Angst heraus entsprang, Baekhyun allein zu lassen. Denn genau das war es, was Chanyeol ihm mit seinen Worten zu verstehen gegeben hatte. Zugleich konnte Baekhyun es ihm nicht verübeln und war Chanyeol mehr als dankbar für seine Taten. Natürlich hatte es ihm geholfen, dass sein Freund bei ihm war und für ihn da war, soweit es ihm möglich war. Zumindest ein Stückweit hatte es geholfen. Allein der Fakt, dass Chanyeols Sorge mit seiner Angst um Baekhyun verbunden war, vermittelte Baekhyun dieses unangenehme Gefühl und genau jenes war es, dass er in dem Moment verabscheute.
Sie hatten darüber gesprochen und Chanyeol beteuerte schließlich, dass es nicht seine Angst war, die ihn dazu trieb, die Tage und Nächste bei Baekhyun zu bleiben. Auch nicht seine Sorge. Sie waren da, aber nicht so, wie Baekhyun es aufgenommen und verstanden hatte. Vielmehr hatte Chanyeol versucht Baekhyun eine Stütze zu sein. Er hatte nicht gewollt, dass Baekhyun allein mit seinen Emotionen zurechtkommen musste und wollte für ihn da sein - Baekhyun einfach einen konstanten Halt geben, der da war und ihn im Falle eines "Falls" auffangen konnte. Baekhyun, der schon ohne Chanyeols Worte von seinen Gefühlen übermannt wurde, überkamen nur noch mehr Gefühle und er fin an fürchterlich zu weinen. Es war der Moment, in welchem er verstand, wie verliebt er in Chanyeol war, in dem er merkte, dass sich sein verliebt sein zu einer wahrhaften Liebe entwickelte und der Moment in dem er eindeutig erkennen konnte, dass er sein Leben nicht mehr ohne den Größeren verbringen mochte; vielleicht sogar, dass er sein Leben ohne Chanyeol nicht mehr verbringen konnte.
Chanyeol war vollkommen und perfekt und genau das, was Baekhyun in seinem Leben brauchte.
Die letzten Tage hatten seine Nerven zu sehr strapaziert und Baekhyun hatte keine Erholung finden können. Durchweg hatte er mit all den Gefühlen in seinem Inneren gekämpft und krampfhaft hatte er versucht, wieder einen Abstand zu seinen Eltern zu erlangen. Einen emotionalen Abstand, von dem er gedachte, ihn bereits erreicht zu haben.
Nun hier zu stehen, brachte eine immense Ruhe zurück in seinen Körper. Die Situation mit seinen Eltern würde ihn noch eine längere Zeit beschäftigen, doch für einen Moment fand er zurück. Er konnte endlich entspannen und schaffte es, nicht an das Vergangene zu denken. Baekhyun wusste, dass er für eine kurze Zeit an einem Ort war, bei dem er Willkommen sein würde, so wie er es gern bei seinen eigenen Eltern erlebt hätte. Es war ein Ort, an dem Baekhyun er selbst sein durfte und ein Ort, bei dem er nicht dauerhaft darüber nachdenken musste, es allen recht zu machen.
„Baekhyun! Wie schön dich zu sehen." Freudestrahlend lief Chanyeols Mutter auf sie zu. Die Stimme der älteren Frau holte ihn zurück in die Realität, die er für einige Sekunden an sich vorbei treiben gelassen hatte, um den Frieden auf sich einwirken zu lassen und den Moment der Ruhe zu genießen. Zufrieden mit der Gesamtsituation wand er sich zu ihr, ein breites Lächeln auf den Lippen, welches Chanyeol viel zu sehr in den letzten Tagen vermisst hatte.
Die ältere Frau hatte nicht darauf gewartet, dass Baekhyun und Chanyeol klingelten. Stattdessen hatten die zwei Ankömmlinge kaum das Auto verlassen, als Chanyeols Mutter bereits die Haustür öffnete, um ihren Sohn und dessen Freund in Empfang nehmen zu können; oder vielleicht auch erstmal nur den Freund ihres Sohnes. Chanyeol verdrehte lachend die Augen, während seine Mutter sich vollkommen auf Baekhyun konzentrierte und holte stattdessen ihr Gepäck aus dem Kofferraum.
„Es hat mich wirklich erfreut, als ich von meinem Sohn erfahren habe, dass du ihn über die Kompleten Feiertage hierher begleiten würdest." Ihr Gesicht strahlte immer noch und Baekhyun konnte nicht anders, als ebenfalls ein breites Lächeln zu zeigen. Schon als er Chanyeols Eltern das erste Mal getroffen hatte, konnte er erkennen, von wem sein Freund seine positive Einstellung übernommen hatte und wie bei Chanyeol, war es für das gesamte Umfeld regelrecht ansteckend.
„Der Sohn, den du vielleicht auch mal begrüßen könntest", scherzte Chanyeol, während er noch immer dabei war, den Kofferraum zu durchwühle und ihre Sachen zusammen zu suchen. Für seinen Einwurf hatte er nicht mal den Blick gehoben, um seine Mutter anzusehen. Baekhyun konnte allein eine Hand ausmachen, die kurz auftauchte, um ihnen zuzuwinken. Ein Zeichen, dass seinen Worten kein Ernst zugeschrieben werden musste.
„Ach sei still dahinten", erwiderte seine Mutter nur lachend und warf ihrem Sohn dabei einen kurzen, belustigten Blick zu, ehe sie sich wieder Baekhyun zuwandte und zwinkerte.
„Ihn habe ich neunundzwanzig Jahre ertragen müssen, davon allein achtzehn Jahre in diesem Haus. Da genieße ich es lieber noch ein paar Sekunden ohne ihn." Wieder folgte ein Lachen. Baekhyun mochte das. Er mochte diese Stimmung, diese Sticheleien und diesen ungezwungenen Umgangen miteinander und untereinander. Chanyeol, der in diesem Moment mit ihrem Gepäck bewaffnet neben Baekhyun auftauchte, gab einen unzufriedenen Laut von sich; das leichte Lächeln bestätigte jedoch, dass er die Worte seiner Mutter nicht besonders ernst nahm und eher Gefallen an der Situation hatte. Baekhyun war grundlegend von der Beziehung der beiden fasziniert, immerhin kannte er einen solch ungehemmten, lockeren Umgang nicht.
„Ist es denn wirklich okay, dass ihr über die gesamte Zeit hier seid? Oder habt ihr auch Tage eingeplant, an denen ihr noch zu deinen Eltern fahren wollt?"
Irgendwo hatte Baekhyun geahnt, dass er dem Thema auch hier nicht entkommen würde und sich besonders zu den Feiertagen mit Fragen dazu auseinandersetzen musste, doch trotzdem hatte er gehofft, dass sie nicht gestellt werden würden.
Vielleicht hatte er sogar die Hoffnung gehabt, dass Chanyeol das Thema bereits im Vorfeld mit seinen Eltern besprochen hätte, sodass es gar nicht erst zur Sprache gebracht werden würde. Zum anderen wusste Baekhyun auch, dass Chanyeol niemals etwas preisgeben würde, dass er nicht zuvor mit Baekhyun abgesprochen hätte.
„Das wird kein Problem sein. Wir haben in der Richtung nichts weiter eingeplant und ich freue mich sehr, dass ich die Feiertage hier mit Chanyeol verbringen darf."
„Sicher? Sie würden sich doch sicherlich auch darüber freuen, wenn sie ein wenig Zeit mit ihrem Sohn verbringen könne-"
„Mama." Chanyeol spannte sich ein wenig an, als er seine Mutter untergebracht. Baekhyun konnte es spüren, so nah standen sie einander. Sein Freund musste demnach auch sein Unbehagen bemerkt haben und vielleicht war das der Grund, wieso er seine eigene Mutter unterbrach. Lauter, als Baekhyun für notwendig erachtete und lauter, als Chanyeol vermutlich geplant hatte. Der Blick der älteren Frau zeigte deutliche Verwunderung. Baekhyun war sich nicht sicher, aber dieser Ausdruck auf ihrem Gesicht und das Chanyeol sich sichtlich sowie spürbar unwohl dabei fühlte, ließ die Vermutung zu, dass sie selten so angespannt miteinander umgingen.
„Schon okay, Chanyeol", flüsterte Baekhyun. Er griff nach der Hand seines Freundes, um seinen Worten mehr Ausdruck zu verleihen, zum Teil aber auch, um Halt bei ihm finden zu können. Den Halt, den Chanyeol ihm die letzten Tage immer wieder versuchte zu geben. „Ich bin sehr gerne über die Feiertage hier. Ich weiß nicht, ob meine Eltern damit ein Problem haben oder nicht, aber es ist nicht geplant, sie zu sehen."
Es war unbehaglich geworden. Die angenehme Atmosphäre war für einen Augenblick verschwunden und Baekhyun mochte nicht, dass es seine Schuld war. Wenn auch eher indirekt und ungewollt, doch es war aufgrund seiner Worte und seiner Familiensituation. Diese Thematik brachte immer diese Stimmung mit sich, wenn Baekhyun sich dazu äußerte.
Das Lächeln auf den Lippen der Frau fing an zu zittern, nachdem Baekhyun gesprochen hatte. Aus seinen Worten war deutlich herauszuhören gewesen, dass das Thema nicht leicht für Baekhyun war und eindeutig mehr hinter seinen Worten steckte. Unsicher ging ihr Blick zu Chanyeol, der nur kurz nickte. Baekhyun wusste, dass sein Freund damit bestätigte, dass alles in Ordnung sei, zugleich aber auch andeutete, dass Thema vorerst fallen zu lassen. Vielleicht sogar versprach, dass er sie in einem späteren Augenblick über die genaueren Umstände aufklären würde.
„Okay! Dann lasst uns reingehen. Deine Schwester wartet schon auf euch beide", sprach sie aus und wand sich dabei an ihren Sohn. Chanyeol lächelte und drückte für einen Moment die Hand von Baekhyun. Er tat es Chanyeol gleich und ein Gefühl der Sicherheit durchströmte seinen Körper.
Mit einem Lächeln beobachtete Chanyeol, wie Baekhyun auf dem Boden saß und eher umständlich und mit wenig Geschick versucht eine Zeichnung anzufertigen. Chanyeols Schwester saß daneben, ihre Augen strahlten und seit einigen Minuten erzählte sie Baekhyun aufgeregt von ihrer neuen Klassenlehrerin. Was genau hatte der größere Mann nicht verstehen können. Während Baekhyun der Sechsjährigen zuhörte, hatte sich seine Mimik, die bei ihm schon immer etwas ausgeprägter war, noch mal verschärft, wodurch sich sein Mund immer wieder zu einem großem „O" formte, wenn er überrascht tat. Sein Lächeln war so breit, wie Chanyeol es noch nie zuvor gesehen hatte. Es war ein herzzerreißend wundervoller Anblick und Chanyeol konnte gar nicht anders, als ein Foto davon zu machen, sodass er dieses Bild vor sich für immer aufbewahren konnte. Es musste einfach verewigt werden.
„Chanyeol? Magst du mir kurz in der Küche helfen?" Widerwillig löste Chanyeol den Blick von seinem Freund und seiner Stiefschwester, um zu seiner Mutter zu gehen. Sie trug eine rote Schürze, während sie Gemüse schnitt. Ihm war bereits bewusst, dass seine Mutter nicht wirklich seine Hilfe benötigte, schon als sie ihn gerufen hatte und ihn überkam bereits eine Vermutung. Er konnte kochen, natürlich, dennoch hatte sie noch nie gefragt, ob er ihr dabei helfen könnte – nicht an Weihnachten! Folglich war ihm klar, was die eigentliche Intention seiner Mutter war. Seine Vermutung bestätigte sich, als sie das Messer beiseitelegte und ihn intensiv betrachtete, ihr Ausdruck zeigte leichte Verunsicherung. Ein Anblick, den Chanyeol äußerst selten zu Gesicht bekam.
„Habe ich vorhin etwas falsches gesagt?"
Chanyeol wusste, worauf sie sich bezog und er hatte bereits erwartet, dieses Gespräch noch am selben Tag zu führen. „Mach dir darum keinen Kopf."
„Sicher? Baekhyun wirkte... traurig? Irgendwie betroffen und verletzt. Ich weiß nicht, wie ich es am besten beschreiben soll. Auf jeden Fall hat man gesehen, dass er sich scheinbar sehr unwohl bei meinen Worten gefühlt hat. Ich mag ihn wirklich sehr und möchte auf keinen Fall, dass er sich bei uns unwohl fühlt..."
„Das Thema Familie ist nichts, worüber Baekhyun viel oder gerne spricht. Damit habe ich bereits sehr viel Erfahrung machen dürfen. Es gab letzte Woche eine sehr unangenehme und ehrlich gesagt sehr fürchterliche Situation und erst nach dieser hat er mir zum ersten Mal mehr über seine Familienverhältnisse erzählt. Davor wusste ich so gut wie nichts über seine Familie. Er hatte nie mit mir darüber gesprochen und ich habe gemerkt, dass er auch nie darüber sprechen wollte. Aber diese Situation hat dafür gesorgt, dass die letzten Tage nicht gerade einfach für ihn waren."
Seine Mutter bekam einen geknickten Ausdruck auf dem Gesicht, sie seufzte und ließ die Schultern fallen. „Hab ich mit meiner Frage irgendeine Wunde wieder aufgerissen?"
„Nein, das ist schon letzte Woche passiert. Dafür kannst du absolut nichts. Aber glaub mir, Baekhyun fühlt sich hier keineswegs unwohl. So glücklich uns zwanglos wie hier, habe ich ihn die ganzen letzten Tage nicht mehr erlebt. Vielleicht sogar noch nie zuvor."
Chanyeol wusste, dass seine Mutter sich weiterhin darüber Gedanken machen würde. Besonders im Hinblick darauf, ob sie was Falsches gemacht hatte und Chanyeol konnte nichts sagen, dass ihr diese Gedanken nehmen würde. Dennoch würden seine Worte sie mindestens ein Stückweit beruhigen. „In Ordnung.-"
Sie hatte gerade nochmal zum Sprechen ansetzen wollen, doch die Türklingel unterbrach sie und mit einem Lächeln schüttelte sie den Kopf. Chanyeol warf ihr noch einen bestärkenden Blick zu, ehe er sich abwand. Im Wohnzimmer erblickte er erneut seinen Freund und seine Schwester, die aufgehört hatten zu malen und stattdessen gespannt den Worten seines Stiefvaters lauschten. Für eine sehr kurze Sekunde genoss Chanyeol das Bild, wie die zwei im Schneidersitz auf dem Boden saßen, während sein Stiefvater auf der Couch saß und seine Worte mit überschwänglichen Gesten untermalte, ehe Chanyeol zur Haustür trat und diese öffnete, nicht wissend, dass er damit einen Fehler begann und Baekhyun schutzlos auslieferte. Sechs Augenpaare strahlten ihn gespannt an und etwas überrumpelt so viele Personen auf einmal zu empfangen stockte Chanyeol einen Moment.
„Wo ist er?" Lucas war der erste, der das Wort ergriff, natürlich auch ohne jegliche Begrüßung. Was erwartete Chanyeol auch von seiner Familie?
Es war schwirr unmöglich nicht zu wissen, was oder viel mehr, wen Lucas mit seinen Worten meinte und da der großgewachsene Mann immer noch ein wenig überfordert war, zeigte er nichtsahnend hinter sich, sich nicht bewusst, ob er damit einen Fehler machte, Lucas und Baekhyun allein aufeinandertreffen zu lassen.
Das laute Baekhyun untermalte den Gedanken noch einmal, zeigte aber zugleich, dass er seinen Fehler zu spät bemerkte und es keine Möglichkeit mehr gab, Lucas aufzuhalten. Mit einem leicht belustigten Blick sah er seine Großeltern an. Ohne sich umdrehen zu müssen, konnte Chanyeol sich genau vorstellen, wie sein Freund gerade auf die Situation reagierte und die weit geöffneten Augen des Jüngeren waren dabei nur eine Sache, die ihm direkt in den Sinn kam.
„Ich glaube nicht, dass das so schlau von dir war."
„Ich bereue es auch schon."
Seine Großmutter lachte, während seine Tante kritisch an ihm vorbei zu ihrem Sohn und Baekhyun sah. „Er bring mich um, wenn er das erfährt", seufzte Chanyeol niedergeschlagen.
„Oh! Wenn das so ist, dann werde ich Baekhyun auch mal direkt begrüßen gehen", lachte seine Tante und quetschte sich, ebenso wie Lucas zuvor, an Chanyeol vorbei zu Baekhyun.
Chanyeol presste die Lippen aufeinander, verkniff sich zugleich ein Lachen. „Warum wollen eigentlich heute alle Baekhyun begrüßen, aber ich habe bisher nicht eine Begrüßung bekommen?" Seine Worte hatte er laut genug ausgesprochen, sodass er sich sicher sein konnte, dass ihn auch wirklich jeder in diesem Haus, seine Mutter eingeschlossen, hören konnte.
„Weil Baekhyun nun mal interessanter ist als du", entgegnete Chanyeol Mutter zugleich und auch von Lucas konnte Chanyeol eine ähnliche Rückmeldung wahrnehmen.
Chanyeol rümpfte die Nase und rollte mit den Augen. „Ich liebe euch auch."
„Na, dann komm her! Ich begrüße dich gerne." Chanyeol schüttelte lachen den Kopf, während er seinen Großvater kurz in den Arm nahm. Seine beiden Onkels, die ihm ebenso wenig Beachtung schenkten, wie der Rest seiner Familie bisher, hatten sich inzwischen auch bei Baekhyun eingefunden. Chanyeol tat es etwas leid, als er in das Wohnzimmer trat, seine Großeltern direkt hinter ihm. Baekhyun sah mehr als überfordert aus, während er von Chanyeols Familie eingekreist wurde. Ein schreckliches und zugleich amüsierendes Bild, wie Chanyeol empfand.
„Das war ein sehr großer Fehler, ihn mit hierher zu bringen."
„Irgendwann wäre es sowieso passiert. Ist doch gut, wenn er uns alle so früh wie möglich kennenlernt. Wenn er dich jetzt wegen uns verlässt, schmerzt es nicht so sehr, als wenn das erst in einigen Jahren passieren würde. Du hast dir selbst damit einen Gefallen getan."
„Danke für die aufmunternden Worte, Oma."
„Oh bitte, Baekhyun, verlass Chanyeol nicht. Du bist so niedlich."
Chanyeol konnte nicht anders, als sich die Hand gegen die Stirn zu schlagen und lauthals zu lachen. Lucas konnte grausam sein. Grausam auf einer ganz anderen Ebene. Immerhin beruhigte es ihn, dass Baekhyuns Mimik und Körperhaltung entspannte und sich ein zufriedenes Lächeln auf seinen Lippen bildete. Sein Blick huschte über die verschiedenen Leute, die ihn weiterhin einkreisten, ehe seine Augen die von Chanyeol trafen. Baekhyun grinste.
„Dann tritt einen Schritt zurück, Lucas. Er verlässt mich sonst sicherlich nur wegen dir."
„Oh, was? Chanyeol, bist du etwa eifersüchtig auf mich? Glaubst du, ich würde dir deinen Freund ausspannen? Ich mein, ich verstehe das vollkommen. Ich bin bezaubernd und eine weitaus bessere Wahl als... nun ja, du eben."
„Irgendwie hattest du letztes Jahr mehr Empathie, als ich dir von Baekhyun erzählt habe."
Lucas verzog überrascht sein Gesicht und fasste sich an die Brust. Seine Überraschung war offenkundig nicht echt und die Ironie füllte den gesamten Raum aus. „Du meinst doch nicht etwa letztes Jahr, wo du abgestritten hast, in Baekhyun verliebt zu sein, oder? Ich erinnere mich. Du warst schon immer ein grausamer Lügner und an dem Abend hast du gänzlich darin versagt. Du hast mir so innig davon erzählt, dass er verliebt in dich sei, du das aber ja nicht erwidern könntest. Eigentlich war es super offensichtlich, dass du nicht die Wahrheit gesagt hast. Aber was war da auch noch? Irgendwas hattest du noch erwähnt... irgendwas mit... was war das auch noch?"
„Wag es ja nicht!"
„Ich glaube, dass du was erwähnt hattest, im Sinne davon, dass du nicht einmal schwul wärst? Ja, ich glaube mich richtig zu erinnern, dass du felsenfest behauptet hast, dass du nicht schwul bist."
Baekhyun fing an zu lachen. Das kleine Mädchen, dass sich an sein Bein klammerte, schien er nicht bewusst zu bemerken, doch Chanyeol konnte beobachten, wie sein Freund ihr leicht über den Kopf strich. „Das war doch auch keine Lüge von Chanyeol", warf Baekhyun nun in den Raum. Chanyeol hatte direkt bemerkt, dass Baekhyun die falsche Wortwahl getroffen hatte und Lucas keinen Moment zögerte, darauf einzugehen.
„Was? Baekhyun, du bist eine Frau?"
Jetzt lachte wirklich jeder im Raum, Chanyeols Schwester ausgenommen. Chanyeol konnte nur ungläubig den Kopf über seinen Cousin schütteln, Baekhyun verzog ergeben das Gesicht. Unglaublich! Es war wirklich grausam, was er hier gerade veranstaltete, zugleich war es aber auch die beste Unterhaltung, wie Chanyeol gestehen musste. Vermutlich war es sogar die beste Möglichkeit, Baekhyun die Nervosität zu nehmen, dass er heute Chanyeols komplette Familie kennenlernte.
„Tut mir wirklich leid, Baekhyun. Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, dass ich aufgrund deines Namens glaubte, dass du ein Mann seist, aber Chanyeol hat mich dahingehend auch nie berichtigt. Also, eigentlich ist es wohl mehr seine Schuld als meine und er sollte sich bei dir entschuldigen."
„Baekhyun, hat er Recht? Muss ich mich entschuldigen, weil ich dachte, dass du ein Mann bist?" Chanyeol trat lachend an die Seite seines Freundes, während der Rest der Familie etwas Abstand von ihnen nahmen und sich im Raum verteilten, dem Gespräch aber belustigt weiter lauschten. Abgesehen von Lucas. Der war nicht von Baekhyuns Seite zu bekommen.
„Ich glaube, dass wäre dir längst aufgefallen, wenn ich kein Mann wäre. Immerhin hast du mich schon nackt gesehen. Des Öfteren."
„Ok, ok. Nein, Baekhyun! Darüber werden wir jetzt bestimmt nicht weiter vor meiner Familie sprechen! Einfach nein! Wie kannst du sowas nur aussprechen, wenn meine Eltern und Großeltern im selben Raum sind?"
Lucas hatte es bereits geschafft, die gesamte Familie zum Lachen zu bringen, Baekhyun hingegen schoss den Vogel vollkommen ab. Während Chanyeol nicht wusste, ob er lachen oder mehr beschämt über die Worte seines Freundes sein sollte, war der Rest seiner Familie in ein lautes Lachen verfallen, dass sichtlich nicht mehr aufhören wollte.
„Wäre ich schwul, hätte ich mich jetzt auf jeden Fall auch in dich verliebt." Lucas lachte immer noch, während er seinen Arm um Baekhyun legte. Baekhyun grinste.
„Guck dir Chanyeol an, es reicht aus, wenn man bisexuell ist."
„Ey! Soll das heißen, dass du vorhast mich zu verlassen, sollte Lucas tatsächlich Interesse haben?"
Baekhyun grinste immer noch, während er nach Chanyeols Hand griff. Mit einem überglücklichen Gesichtsausdruck, den Chanyeol zu sehr auf dem Gesicht seines Freundes vermisst hatte und den er über alles liebte, streckte Baekhyun seinen Kopf leicht in seine Richtung. „Keine Sorge, Yeolli, ich habe nicht vor dich jemals wieder zu verlassen."...
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#Update: 04. Februar 2023
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Mr. Park~
Fanfiction,,Ich will, dass du eine fremde Nummer anrufst und die Person an der anderen Leitung zum Telefonsex überzeugst.'' - Baekhyun hatte seine Freunde noch nie mehr in seinem Leben gehasst. Aber eine einfache Pflicht konnte etwas ganz anders bewirken. Etw...