Chapter 10

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Seit einer halben Ewigkeit, stehe ich dort und bewege mich nicht. Woher wusste sie, was ich denke? Was hat sie mit mir gemacht? Was ist sie für ein Wesen?

»Sie werden nie hier rauskommen...«
Dieser Satz hallt in meinem Kopf und die Stimme von ihr, wird immer lauter, während sie es sagt.

»Sie werden nie hier rauskommen...«
»Nie...«
Nie... Ich werde hier Enden. Ich werde hier sterben, ohne richtig glücklich gewesen zu sein. Ich werde hier meinen letzten Atemzug machen, ohne die 'wirkliche Luft' eingesogen zu haben.
Lass deine Hoffnung nicht von ihr nehmen! Du wirst es schaffen!
Meine innere Stimme versucht mir zwar Mut zu machen, aber wie soll ich es schaffen? Ich komme langsam dem Ende näher und ich werde langsam verrückt.
Ich bin bei dir! Du... Wir werden es schaffen!
Seufzend wandert mein Blick zwischen den Bäumen. Mein Herz klopft immer schneller und schneller. Als ob etwas schlimmes passieren wird...

Zögernd bewegen sich meine Beine und setzten jeweils einen Fuß nach den anderen. Verzweifelt raufe ich meine Haare und die Panik in mir, wird immer schlimmer. Meine Beine führen mich irgendwo hin, als ob sie wüssten, wo gerade etwas passiert wird. Ein mulmiges Gefühl breitet sich in mir aus und ich lasse meine Arme schlaff hinunter baumeln.

Ich nehme einen tiefen Atemzug und versuche so wenig Lärm wie möglich zu produzieren, aber bei den vielen Blättern und vertrockneten Zweigen ist es schwer. Plötzlich bleibe ich stehen. Geradeaus, kann ich wieder dieses Podium erkennen, wo ich dieses Wesen töten musste und sie mir tote Frösche serviert hat.

Ein Schauder durchflutet mich. Ich sollte nicht dahingehen, weshalb ich mich umdrehe und zurück in den Wald hineinlaufe.

»Mr Horan, sie sind doch jetzt so weit gekommen. Wollen sie jetzt wirklich gehen?« Abrupt bleibe ich stehen und ich könnte schwören, dass mein Herz für eine Sekunde aufgehört hat zu schlagen.

»Möchten sie den ihre Mutter nicht sehen?« Meine Augen weiten sich und pures Adrenalin durchflutet meinen Körper. Ohne nachzudenken, drehe ich mich schlagartig um und renne zum Podium.

Und tatsächlich, meine Mutter steht dort und sieht mich an. Eine einzelne Träne fließt von meinem Auge, doch ich wische sie energisch weg. Genau als ich auf das Podium steigen möchte, krache ich gegen irgendetwas und falle zu Boden.
Stöhnend stehe ich auf und ein stechender Schmerz von meiner Stirn entfacht.

»Na, na, na, Mr Horan. Sie sind zu übermütig, finden sie nicht? Ich mache es ihnen doch nicht so einfach.«, lacht sie, doch ich beachte sie nicht. Meine Mutter und ich blicken uns tief in die Augen. Ein kleines Glücksgefühl steigt in mir auf, doch was ist, wenn sie ihr etwas antut? Ich könnte nichts unternehmen, würde hier stehen bleiben und zusehen.

»Lass sie gehen.«, sage ich schließlich monoton.

»Aber das wäre nicht lustig.« Mein Atem stockt und ich sehe neben meiner Mutter, da sie neben ihr steht. Ihre kalten, milchig weißen Augen stechen in meine und lassen mich leicht zittern.

»Lass sie gehen!«, schreie ich nun, doch als Antwort bekomme ich nur ein fieses lachen. Plötzlich erfüllt ein entsetzlicher Schrei den Ort.

Schockiert blicke ich zu meiner Mutter und sehe wie ein Messer in ihrem Bauch steckt.

»MUM! NEIN! LASS SIE IN RUHE!« Sie holt das Messer raus, mit einem schmatzenden Geräusch und wirft es zu Boden.

»Aber es wird erst jetzt amüsant.« Sie stellt sich hinter meiner Mutter, die verängstigt zittert und fasst sie am Hals. Ihr Griff wird immer stärker, sodass sie auf keucht.

»NEIN!«
Voller Wut, versuche ich die unsichtbare Barriere zu brechen. Immer wieder schlage ich mit meiner Schulter dagegen, indem ich Anlauf nehme. Aber es bringt nichts. Als ein hässliches knacken ertönt, bleibe ich stehen und blicke Tränengefüllt auf eine zusammensackende Person.

»Nein... NEIN! MUM! NEIN!« Etliche male boxe ich gegen die Barriere, wodurch meine Knöcheln aufplatzen, bis ich auf meine Knie falle. Schluchzend raufe ich meine Haare und blicke erneut zu der leblosen Person, die in einer Blutlache, auf dem Boden liegt.

»Nein...« Endlos viele Tränen fließen hinunter und durchnässen meine Hose. Meine Mutter ist tot... Sie ist tot... Und ich konnte nichts tun...

»Ach, sie tun mir leid. Haben gesehen, wie ihre Mutter gestorben ist.«, sagt sie gespielt traurig und lacht kurze Zeit später auf. Die Tränen verschwinden und ein unendlicher Durst nach Rache erfüllt mich. Ich kann spüren, wie die Adern an meinem Hals dicker werden. Blitzartig stehe ich auf und sehe sie schwer atmend und monoton an.

»Ich werde dich umbringen!« Sie lacht und schnipst mit ihren Finger. Etwas verwirrt sehe ich sie an und blicke dann, zu meiner leblosen Mutter. Plötzlich bewegt sie sich stöhnend und steht wieder lebendig vor mir.

»M-mum?«, frage ich zitternd. Sie kommt auf mich zu, doch ihr Blick ist steht's nach unten gerichtet. Als sie ein paar Meter vor mir stehen geblieben ist, blickt sie mir in die Augen.

Mein Hertz sackt in die Hose und ich fange am ganzen Körper an zu zittern. Meine Sicht wird trüb, weshalb ich blinzele und die heiße Substanz den Weg nach unten bahnt.
Sie blickt mich mit diesen kalten Augen an, jene ich gelernt habe zu fürchten. Sie hat meine Mutter zu einem Monster gemacht.

»So, jetzt sollten sich Mutter und Sohn vereinen.« Taumelnd blicke ich stur zu meiner Mutter und setzte einen Fuß nach vorne. Es gibt keine Barriere, weshalb ich weiterlaufe. Ich bleibe wenige Zentimeter vor ihr stehen und sehe sie weiter zitternd an.

»M-mum?«
Nichts.
»M-mum? I-ich b-bin's.«
Wieder nichts.

Mein Herz kollabiert, als sie anfängt entsetzlich an zu schreien. Meine Handflächen drücke ich gegen meine Ohren, weil sie fast platzen und sehe, wie sie langsam verstummt. Vorsichtig nehme ich meine Hände von meinen Ohren. Sie fängt an zu lächeln, womit sie ihre spitze weißen Zähne entblößt. Ich bin wie angewurzelt, als sie mir immer näher kommt. Plötzlich schisst sie auf mich und ich stürze auf meinen Rücken.

Sie liegt auf mich und versucht ihre Zähne in meinem Fleisch zu bohren.

»B-bitte, h-hör auf..«, winsele ich und meine Lippen zittern. Mit meinen Händen, halte ich sie an ihren Schultern fest und blicke paralysiert in ihre Augen.

»Sie kann nicht aufhören, Mr Horan. Aber sie können es beenden.« Mein Atem stockt, als ich rechts neben mir schaue und den jenen Schraubenzieher sehe, womit ich das Wesen getötet habe.

»Nein... nein...«

»Dann sterben sie.«
Ich werde es nicht tun. Sie ist meine Mutter, mein ein und alles. Ich kann es nicht.

»Das ist nicht mehr ihre Mutter, Mr Horan.« Nein. Ich werde es nicht tun. Egal, was sie mit mir macht. Von mir aus, kann meine Mutter mich zerfleischen, ich werde trotzdem nichts machen.

Jemand seufzt und plötzlich ist meine Mutter verschwunden. Zitternd blicke ich stur nach oben und bewege mich erst, als ich mich etwas beruhigt habe. Nur das Mädchen und ich sind hier. Ich suche meine Mutter, doch finde sie nicht. Als mein Blick wieder zu dem Mädchen trifft, sehe ich wie sie lacht.

»Wissen sie, Mr Horan. Sie sollten nicht immer glauben, was sie sehen.« Damit ist sie verschwunden.
Mein Blick schweift zu der Stelle, wo meine Mutter in Blut lag, doch weder sie, sonst noch ihr Blut, ist dort.

Schluchzend knie ich auf den Boden und lege meine Hände auf das kalte Holz vom Podium.

The white Cobra Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt