▪︎ Kapitel Zehn ▪︎

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Entzückt von mir selbst betrachtete ich mich im Spiegel.

Für den heutigen Abend hatte ich mich besonders schick gemacht und freute mich bereits auf eine schöne Zeit mit Emma und Louis.

Das weinrote Kleid mit quadratischen Ausschnitt und Taillengürtel, hatte mich zwar gefühlt ein kleines Vermögen gekostet, war aber vor der Besatzung nicht allzu tragisch. Es war das einzige feierliche Kleid welches ich besaß, es kam aber selten dazu, dass es auch getragen wurde.
Da aber auch kein Budget mehr für neue Hüte seit dem Krieg zur Verfügung stand, hatte ich meine bereits aus der Mode gekommenen Hüte einfach wiederverwendet, mit ein paar Abänderung.
Eine Modezeitschrift brachte mich vor einem Jahr auf die Idee.
Der Hut der es heute Abend sein würde, war ein schwarzer flacher Filzhut. Ich hatte ein paar unauffällige Blumen, aus ebenfalls schwarzen Filz, an die Seite meines Hutes genäht und sehr dezent beschmückt mit ein wenig Netzschleier. Der Hut sah aus wie neu gekauft, ich hatte mich selbst übertroffen.

Und mein einziges und eher schlichteres Paar Schuhe, waren schwarze Stöckelschuhe, welche an den Fersen die Täuschung weckte, eins zu sein mit meiner Feinstrumpfhose mit hinterer Naht.

Den letzten Schliff verpasste ich mir noch, indem ich mir einen kräftig roten Lippenstift, geliehen von Alice, auf die Lippen malte.

Bereit zu gehen, drehte ich mich noch einmal um meine eigene Achse um jeden Winkel im Spiegel erfassen zu können.

Aus dem Wohnzimmer war Gelächter zu hören. Ich beschloss mich noch kurz bei meiner Familie zu verabschieden. Ich sagte ihnen ich würde mit Emma und Louis ausgehen und dass sie nicht auf mich warten sollten.

,,Mon cœur ", sagte Mutter ganz lang gezogen und ein paar Oktaven höher als sonst. Sie schien wohl begeistert von meinem Aussehen zu sein.
Alice saß auf Papás Sessel und streckte ihre Hand nach meiner.
,,Meine kleine Schwester ist ja zu einer richtigen Frau erblüht." Es klang fast schon traurig wie sie es sagte.

Alice fuhr meine Hand auf ihren Bauch. ,,Na, was denkst du Anaelle? Junge oder Mädchen?"

,,Ich bete für einen Jungen" Warf Nathan ein.

,,Ach ja, warum?" , wollte seine Zukünftige wissen. Er erklärte, dass sein Sohn seinen Familiennamen weiter geben würde. Eine Frau nimmt schließlich nur Namen an.

Ich musste schmunzeln bei dem Gedanken, dass Papá nur Töchter hatte.

,,Aber mein Gefühl sagt mir es wird ganz bestimmt ein Mädchen!" , behauptete ich, aber mein Gefühl verriet mir rein gar nichts über das Geschlecht des Kindes. Es war ja noch nicht einmal ein Babybäuchlein zusehen. Ich wollte nur Nathan etwas ärgern.

Draußen warteten bereits Emma, ihr Freund Rémy und Louis in einem schicken Wagen. Ich setzte mich auf die Rückbank zu Louis, welcher sehr erfreut darüber war mich zu sehen. Emma hatte ein breites Lächeln im Gesicht und versuchte mir eine Umarmung zu geben, obwohl sie vorne saß. Rémy fuhr den Wagen.
Emma hatte nie erwähnt, dass er nicht gerade aus armen Verhältnissen stammt. Seine Eltern hatten ihm wahrscheinlich diesen Luxus hier finanziert.

Zum ersten mal traf ich Rémy den ich nur aus Emmas romantischen Erzählungen kannte.
Wir grüßten uns nicht wirklich und er sagte die ganze Fahrt lang auch gar nichts. Mir entgingen jedoch nicht die verstohlenen Blicke, welche er durch den Rückspiegel auf mich warf.

,,Schau mal" , sagte Emma als wir in der Bar waren und strich sich ihre Haare hinters Ohr. ,,Hat Rémy für mich gekauft. Echte Perlen."
Zusehen waren goldene ohrstecker mit weißen Perlen. Sie schaute mit heiterem Gesicht zu ihrem Freund.
Ich sagte wie gut sie zu einander passen würden, dachte aber auch, dass sie ihn um seines Geldes willen mochte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 10, 2023 ⏰

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