Ganz still fragte Mutter wie es ihr ging. Ich war gerade aus Alices Schlafzimmer gegangen, da traf ich Mutter im Treppenhaus an. Sie war vor kurzem angekommen und war auf den Weg nach oben zu ihr.
Ich seufzte ,,Besser als gestern."
Mutter nickte nur verständlich ,,Das hoffe ich mal. Sie sah gestern Nacht nämlich gar nicht gut aus."
Gar nicht gut? Wohl eher verstört.
Ich verabschiedete mich mit einem Küsschen von ihr. Von Morgens bis Mittags hatte ich bei Alice verbracht. Sie wollte nicht allein sein während Nathan arbeiten musste. Nun hatte ich Schichtwechsel mit Mutter und musste mich beeilen Nachhause zu kommen, um Vater bei der Arbeit zu entlasten.
Ohne zu fragen lieh ich mir erneut Nathans Fahrrad aus und radelte los. Er hatte sicher nichts dagegen.
Angekommen ging ich durch den Hintereingang und stellte es in den schmalen Gang zwischen Treppenhaus und Küche. Dann band ich mir meine Schürze um und ging in die Küche, wo Vater schon drinn stand und fleißig am kochen war.,,Salut mein Schatz. Wie geht es deiner Schwester?" , fragte er gleich.
Erneut antwortete ich mit ,,Besser" und machte mich gleich an die Arbeit. Ich füllte kleine Porzellanschälchen mit Crème brûlée
auf und legte sie in den Backofen. Vater ging mit einem Tablett voller Speisen hinaus und kam mit einem Tablett voller dreckigem Geschirr wieder hinein. Ich begann gleich damit es zu spülen. Dann fragte Vater ob ich heute schon die Zeitung gelesen hätte.,,Nein, wieso?"
,,Es gab wieder Luftangriffe der Britten." , schilderte Vater.
Seit dem Frankreich unter Deutscher Besatzung war, wurden bereits Zahlreiche Städte bombardiert.
Vorallem seit dem die Allierten immer näher rückten, spitzte sich das ganze nur noch mehr zu.
,,Ein paar hundert kamen ums Leben." Vater schaute mich mit seinen großen braunen Augen an.
,,Wie schrecklich" Ich wusste gar nicht was ich dazu sagen sollte. Ein trauriges Ereignis nach dem anderen. Ich hatte es leid.,,Ja, Krieg ist furchtbar schrecklich." Vater nahm eine Kelle und füllte Schüsseln mit Suppe auf. ,,Ich erinnere mich noch an den großen Krieg. Vier lange Jahre ging er. Nur diesmal kämpfen wir Franzosen nicht. Was für eine Schande!" Er schüttelte bitter lachend den Kopf ,,...dieses verfluchte Vichy-Regime."
Oft wurde mir von dem großen Krieg erzählt. Er war damals Soldat und wie heute, waren die Deutschen in Frankreich. Nur kämpften Franzosen, Engländer und Amerikaner, Seite an Seite gegen den Erbfeind.
Vater reichte mir das Tablett mit den Schüsseln und dem Crème brûlée.
,,An den Tisch zu dem alten Paar." , beschrieb er.Ich ging aus der Küche und brachte es an den Tisch des gesagten Paares.
Die Frau bedankte sich mit einem sanften Lächeln. ,,Bon Appétit" , entgegnete ich und lächelte zurück.Aus dem Augenwinkel sah ich wie sich die Eingangstür öffnete und eine Schar von Offizieren hinein kam.
Sie waren lauthals am lachen und störten die anderen Kunden. Als die Deutschen sich den Weg an mir vorbei bahnten, bemerkte ich, dass Jonas unter ihnen war. Sein Kollege redete auf ihn ein, doch er sah nur grade aus und schien gar nicht zuzuhören. Mit dem Tablett unter meinen Arm geklemmt, versuchte ich möglichst weit am Rande zu stehen, da der Gang nicht breit genug für uns alle war. Der Offizier sah kurz hinter sich und zwei eisblaue Augen blitzten auf. Er hatte wohl schon die ganze Zeit bemerkt, dass ich da stand.
Sie nahmen Platz an einem der größeren Tische und lasen sich die Speisekarte durch.
Ich wollte sie ungern bedienen. Irgendwie ließ mich der Gedanke unwohl fühlen, so viele Offiziere auf einmal zu bedienen. Männer in ihrem Rang, dachten sie könnten sich alles erlauben.
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Ein Häufchen Elend
Fiction HistoriqueFrühjahr 1944. Nazi-Deutschland besetzt Frankreich schon seit 4 langen Jahren. Durch Paris, die Stadt der Liebe und Kreativität, marschieren Wehrmachts Soldaten. Die junge Pariserin Anaelle Leroy pflegte immer schon eine Liebe zur Schönheit und Fre...