Mit einem nassen Lappen wischte ich am späten Nachmittag die Theke sauber. Es hatte den ganzen Tag lang über geregnet, doch nun ließ sich die Sonne blicken und ihr grelles Licht durchflutete die Gastronomie, sodass der kleine Speisesaal in einen warmen Ton getaucht war.
Der gestrige Abend verlief bis Alice und Nathan gingen weiterhin herrlich. Sie wollte heute eigentlich wieder kommen um Vater in der Küche auszuhelfen, da Mutter nicht in der Stadt war, aber sie verspätete sich. Alices Hilfe war momentan jedoch nicht erforderlich, denn es war wenig los. Nur drei Kunden saßen im Speisesaal, ich hatte sie alle schon bedient und sie waren nun vertieft in ihren Gesprächen miteinander.
Gelangweilt stützte ich mich mit den Ellenbogen auf der Theke ab und starrte geistesabwesend zum Fenster hinaus. Einzelne Regentropfen rannten die Scheibe herunter und glizerten durch das Sonnenlicht auf.
Da betrat ein neuer Kunde die Gastronomie.
Seine blauen Augen trafen kurz auf meine, ehe er weg sah und sich den Weg bis zum hintersten Tisch bahnte.
Mit einem Schlag war mein restlicher Tag ruiniert, denn dieser Kunde war niemand anderes als der arrogante Offizier, welchen ich auf den Tod nicht ausstehen konnte und nun bedienen musste.
Noch rührte ich mich nicht vom Fleck und sah weiter zu, wie der junge Mann mit dem Rücken zu mir gekehrt, Platz nahm. Routinemäßig laß er sich die Speisekarte durch, obwohl er immer das selbe bestellte: Ein Glas Champagner
Erst als die Karte beiseite gelegt wurde, stützte ich mich seufzend ab, nahm Notizblock sowie Stift in die Hand und trottete auf den Offizier zu. Mit jedem Schritt schwand meine ohnehin schon stark geschwächte Motivation noch mehr. ,,Ihre Bestellung bitte", forderte ich ihn gehemmt auf. Mein Blick ruhte auf den Block in meinen Händen. Er schaute mir ins Gesicht, lehnte sich zurück und ließ sich Zeit mit der Antwort. Was überlegte der noch so lange? Unter seiner Beobachtung zu stehen, versetzte mich in Nervosität. Hatte er mich beim Konflikt vor ein paar Tagen eigentlich wieder erkannt? Da er Stammkunde bei uns war, müsste der mein Gesicht öfters zu sehen zu bekommen.
Der Offizier räusperte sich ,,Zwei Gläser Champagner, bitte." , erwiderte er trocken.Verwundert darüber, dass er gleich zwei bestellte, obwohl er ohne Begleitung hier war, schrieb ich hastig seine Bestellung auf und machte schnell auf dem Absatz kehrt, um mich in Richtung Theke zu begeben. Während ich die Gläser auffüllte, ließ ich ihn nicht aus den Augen, er war ein wirklich seltsamer Kerl meines Erachtens nach und mit jeder Sekunde die verflog, wurde er mir immer unsympathischer. Seine monoten Aussagen und apathisches Verhalten, ließen ihn eingebildet darstehen.
Mit andauernder lustlosigkeit, brachte ich die Gläser Champagner an seinen Tisch. Das er immer am hintersten Tisch, alleine und abgeschottet von den anderen Kunden saß, verpasste seiner ganzen Erscheinung noch etwas düsteres.
Ich stellte die Gläser gefüllt mit Alkohol ab und achtete darauf den Blickkontakt dabei zu meiden. ,,Kann ich Ihnen noch etwas bringen?" , fragte ich, wobei ich viel Wert drauf legte meine Stimme so kühl und herablassend wie möglich klingen zu lassen. ,,Nein danke, aber stattdessen könnten sie sich zu mir gesellen."Fast hätte ich mich an meiner eigenen Spucke verschluckt. Überrumpelt von seiner unerwarteten Aufforderung, sah ich an und wusste gar nicht was man hätte darauf antworten sollen. Denn verflucht nochmal nein! Ich wollte mich auf gar keinen Fall zu diesem arroganten Deutschen gesellen.
Als ich nichts erwiderte, schob er eines der Gläser in meine Richtung.
,,Das zweite Glas ist für Sie." , gab er so monoton wie immer von sich wieder, nur sah er mich dabei auffordernd an. ,,Ehh... das würde ich ja liebend gern... nur leider muss ich arbeiten." , ich zog die Augenbrauen zusammen und hoffte inständig, dass er mich nicht weiter behelligen würde.
DU LIEST GERADE
Ein Häufchen Elend
Ficção HistóricaFrühjahr 1944. Nazi-Deutschland besetzt Frankreich schon seit 4 langen Jahren. Durch Paris, die Stadt der Liebe und Kreativität, marschieren Wehrmachts Soldaten. Die junge Pariserin Anaelle Leroy pflegte immer schon eine Liebe zur Schönheit und Fre...