Wartend gegen die Tür gelehnt, mit den Zehenspitzen ungeduldig rauf und ab tappend, ich blickte auf meine Armbanduhr. Während sie ihre Schuhe anzog, kam sie gleichzeitig auf mich zu und suchte Halt an den Wänden. Noch ein letztes Mal betrachtete Noemie ihr Gesamtbild im Spiegel, bevor sie sich lächelnd zu mir wandte. ,,Fertig?" , fragte ich meine jüngere Schwester. Nickend stolzierte sie zur Haustür und öffnete diese.
Schnell flitzten wir die Treppen runter, denn dank ihr waren wir zu spät dran.
Das Gebäude in dem ich mit meiner Familie lebte war in drei Bereichen aufgeteilt. Das erste Stockwerk war unsere Wohnung, vier Schlafzimmer, große Fenster, mein Trautes Heim seitdem ich denken konnte. Mein Zimmer teilte ich bis vor einem Jahr noch mit Noemie, als meine ältere Schwester Alice jedoch zu ihrem Verlobten zog, überließ sie mir ihr Zimmer. Und all die schönen Kleider nicht zu vergessen.
,,Du musst dich nicht immer so hübsch machen. Wir gehen nur einkaufen, Noemie." , lachte ich "Jetzt ist die Warteschlange bestimmt ewig lang."
Sie nahm mich bei der Hand.
,,Entschuldigung" frech grinste sie mich an ,,das nächste mal bin ich schneller." Ich grinste zurück und begann schneller zu gehen ,,Das sagtest du auch schon letztes Mal."Das Treppenhaus führte ins Erdgeschoss, direkt in die Küche der Gastronomie meiner Eltern. Von da aus konnte man durch den Hintereingang rein und raus oder durch den Haupteingang des Restaurants, wo jeder Kunde hindurch ging.
Wie angenommen hatte sich eine Warteschlange vor dem kleinen Lebensmittel Laden gebildet.
An diesem Morgen war sie glücklicherweise nicht so lang.Gegenüber vom Hintereingang, war eine weitere Treppe, welche runter in das Untergeschoss des Gebäudes führte, dort befand sich der Lagerraum. Dunkel, kalt und muffig. Dort wurden Lebensmittel gelagert.
Nur eine einzelne Glühbirne, an der Decke befestigt, erhellte mehrmals am Tag die Kammer. Mein zehn jähriges ich gewann immer beim Versteckspiel, da ich mich stets in diesem gruseligen Lagerraum aufhielt. Kein anderes Kind wagte es das Untergeschoss zu betreten, sie sagten es würde dort spuken.,,Wie lange noch bis wir dran sind?" , Noemie rüttelte an meiner Hand ,,Noch lange" , erwiderte ich seufzend.
Für ein paar Stündchen am Tag erfüllte ich meine Pflichten als Tochter und half Mutter und Vater in der Küche, putzte die Theke und Tische sauber oder nahm Bestellungen an.
Meine Eltern waren stolz auf mich und am aller wichtigsten, sie liebten mich. Manchmal sogar ein bisschen zu viel.,,Bonjour" begrüßten wir die Ladenbesitzerin. Sie grüßte zurück und fing an den Preis der Waren zu berechnen. Trauben gab es hier schon ewig nicht mehr, umso mehr war ich darüber glücklich die letzten 300 gramm ergattert zu haben.
Deutsche Soldaten hatten Vorrang und den nutzten sie auch bemerkbar aus. Manche Pariser bettelten sogar Deutsche für ein Stück Brot an, so knapp waren die Lebensmittel. Meine Familie konnte von Glück sprechen, denn unsere Gastronomie war nicht gerade unbeliebt bei den Besatzern. Täglich aßen und tranken bei uns mehrere Soldaten und Offiziere, sodass wir immernoch Lebensmittel geliefert bekamen und noch genügend für uns selbst übrig blieb. Alice und ihr Verlobter Nathan holten einmal in der Woche, nicht mehr ganz so frische, Lebensmittel ab und verteilten sie an Franzosen die sie wirklich brauchten, bevor das Essen abgelaufen wäre.
Ich bezahlte und wir verließen den Laden mit unserem Einkauf. ,,Hach... liebst du den Frühling auch so sehr Schwesterchen?" , ich sah gen Himmel, die pralle Sonne hatte jede Wolke vertrieben und lachte mir
entgegen. ,,Ich denke Schnee ist mir lieber." , erwiderte sie, während wir in die Straße unseres Wohnsitz ab bogen.,,Anaelle schau doch!"
Noemie rüttelte wie zuvor hektisch an meiner Hand und zeigte mit dem Finger auf Deutsche Soldaten. Mit ihnen mehrere Transporter, auf denen, grob geschätzt, bis zu hundert Fahrräder wie ein chaotischer Haufen übereinander lagen.
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Ein Häufchen Elend
Fiksi SejarahFrühjahr 1944. Nazi-Deutschland besetzt Frankreich schon seit 4 langen Jahren. Durch Paris, die Stadt der Liebe und Kreativität, marschieren Wehrmachts Soldaten. Die junge Pariserin Anaelle Leroy pflegte immer schon eine Liebe zur Schönheit und Fre...