Kapitel 3

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„Darf ich fragen, was dich hier her verschlägt?", fragte ich vorsichtig nach und hoffte mit meiner Frage nicht zu weit gegangen zu sein. Ein schiefes Schmunzeln bildete sich auf seinem Gesicht und kleine Grübchen kamen zum Vorschein. Gott, wie gut er damit aussah. Ich habe noch nie bei einem Mann Grübchen gesehen. Es machte ihn direkt noch sympathischer. Kathy! Ermahnte mich meine innere Stimme. Als hätte er meinen Gedanken gehört drehte er sich zu mir um. „Ich wollte mir eine Auszeit nehmen, von dem Trubel in meinem Job.", erklärte er mir und bevor ich fragen konnte, was er beruflich machte, sprach er schon weiter. „Ich bin Sänger und fühlte mich in den letzten Monaten erschöpft. Das viele Reisen, die Auftritte und das umringt sein von Fans, war plötzlich zu viel für mich. Ich wollte weg und einfach eine Zeitlang die Ruhe genießen."

Er sah traurig aus als er das erzählte. Nun verstand ich, warum er so erschöpft aussah. „Tut mir leid, dass ich dir die Ruhe zerstöre.", meinte ich niedergeschlagen, stellte mein Tee ab und stand auf. Das letzte, was ich wollte, war jemanden andern stören. Auch wenn er es nicht direkt sagte, machte es mir ein schlechtes Gefühl. Sein Job war definitiv anstrengender als meiner. Ich konnte auch irgendwo anders meine Blockade überwinden und an meinem Buch schreiben. Doch er würde nie so einfach einen ungestörten Ort finden. „Kathy was...?", begann er, doch ich unterbrach ihn. „Es ist schon spät. Ich werde jetzt mal zu Bett gehen. Ich kümmere mich morgen darum, eine andere Unterkunft zu finden. Gute Nacht Harry." Klasse Kathy, mal wieder ohne Sinn und Verstand gehandelt. Super Eindruck! „Aber...", hörte ich noch und lief schon in Richtung Treppe. „Gute Nacht.", kam es leise vom Sofa. Schnell lief ich die Treppen hoch und verschwand in meinem Zimmer.

Ich schloss die Tür hinter mir, lehnte mich an und ließ meinen Kopf gegen das Holz fallen. Kinoreifer Abgang Kath! Was hatte ich mir dabei gedacht? Er musste auch glauben, ich sei unhöflich und unreif. Gott. Ich stieß mich ab und holte aus meiner Tasche mein kleines Notebook. Ich wollte mich etwas ablenken und hoffte das ich vielleicht ein paar Zeilen schreiben könnte. Schnell fiel mein Augenmerk wieder auf den großen Schreibtisch mit der grünen Tischlampe. Mit meinem Notebook schleppte ich mich niedergeschlagen zum Tisch und ließ mich in den Stuhl fallen. Ich sah noch mal über meine Schulter zur Tür und fragte mich, was er jetzt wohl machen würde. Mein Blick wanderte zum Notebook zurück aber mein Gedanke blieb bei Harry. Er ist also Sänger. Ich kann mich aber nicht erinnern ihn je gesehen zu haben. Merkwürdig ist das allerdings nicht. Ich nahm nie viel wahr, wenn ich schrieb, das war schon immer so. Alles rauschte wie ein Film im Schnelldurchlauf an mir vorbei.

Wenn ich mich zu sehr aufs Schreiben konzentrierte, war alles andere nicht existent. Leider verlor ich dadurch auch mein Feingefühl anderen Menschen gegenüber. Was mich oft unhöflich oder zickig wirken ließ. Manon, kannte das von Klein auf von mir. Sie wusste damit umzugehen und erkannte, wenn ich mich mal wieder in meiner eigenen Welt befand. Aber Außenstehende wussten das nicht. Einer der Gründe, warum ich mich mit Tom ab und an stritt. Dennoch schaffte er es in den letzten zwei Jahren damit besser umzugehen. Tom! Mist ich wollte mich bei ihm melden, wenn ich angekommen bin. Ich sprang auf und begann mein Handy zu suchen. Doch ich fand es nicht. Ist bestimmt noch im Auto! „So ein verdammter Mist!", fluchte ich vor mir her und ließ den Kopf in den Nacken fallen. Jetzt musste ich doch ernsthaft wieder raus in diesen Sturm. Und an ihm vorbei. Sei nicht so feige! Ich bin nicht feige, es ist nur unangenehm.

„Shit.", fluchte ich und holte die Autoschlüssel aus meiner Hose, die noch im Bad lag. An der Tür lauschte ich, ob ich ihn hören konnte. Aber es war nichts zuhören. Die Türen waren nicht gerade dünn, also öffnete ich die Tür einen Spalt und schaute nach draußen zur Treppe. Spion in geheimer Mission! Gott manchmal verfluchte ich diese kleine nervige kindliche Stimme in mir. Okay er war nicht zu sehen. Treppe runter, raus, zum Auto, Handy schnappen, wieder rein und ab noch oben ins Zimmer. Ganz einfach! Ja ganz einfach. „Ich muss nur schnell genug sein.", meinte ich flüsternd und lief los. Schnell war ich an der Haustür, riss diese auf und huschte zum Auto. Ich erinnerte mich, dass ich es auf dem Beifahrersitz gelegt hatte. Und tatsächlich, da lag es noch. Gut, dass du hier in der Pampa stehst. In London wäre das Handy weg, samt Auto, du Heldin! Ich schüttelte den Kopf.

Das Haus am See || H.S. [18+] || GermanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt