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Kapitel 6

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Ich wollte nicht zum Frauenarzt, doch meine Mutter zwang mich dazu. Sie hatte noch die Hoffnung, dass der Test falsch war, doch ich war mir sicher, dass ich schwanger war. Es war so ein Gefühl, dass ich hatte und welches letztendlich auch bestätigt wurde.

Ich hasste die Atmosphäre in der Praxis und zu meinem Missfallen, war es auch noch ein Arzt und keine Ärztin. Ich fühlte mich entwürdigt, als ich breitbeinig auf diesem Stuhl sitzen musste und er in meine intimsten Stellen sah. Als ob er da jetzt schon das Baby sehen konnte. Was sollte das?

Er stellte Fragen, die ihn meiner Meinung nach nichts angingen. Und das Schlimmste war, dass meine Mutter die ganze Zeit daneben saß. Sie hatte darauf bestanden dabei zu sein.

Dann kam das Ultraschallgerät zum Einsatz. Er zeigte mir einen kleinen schwarzen Punkt auf dem Monitor.

Das sollte also mein Baby sein? Ein kleiner schwarzer Punkt.

Mum begann zu weinen, ich blieb still.

Ich konnte mir nicht vorstellen, dass daraus ein Kind werden sollte. Ein Kind, das zur Hälfte ich und zur anderen Hälfte Barne war. Dieses Kind würde ein Kind voller Widersprüche werden. So viel stand fest.

Nachdem wir endlich die Praxis verlassen durften, bestand meine Mutter darauf, dass wir einen ersten Strampler kaufen sollten. Ihr zu Liebe tat ich ihr den Gefallen. Wir entschieden uns für ein neutrales Weiß. Ich wollte mir nicht vorstellen, dass in diesem Strampler in ein paar Monaten mein Kind sein würde.
Das war doch verrückt.

„Ist der nicht süß?", fragte Mum und hielt das Stück Stoff hoch. Sie hatte sich erstaunlich schnell mit der Situation abgefunden. Ich tat mich deutlich schwerer damit. Es hatte mich viel Überwindung gekostet auf den Monitor zu sehen, wo man das Baby zumindest als Punkt hatte erkennen können. Dieser Punkt war mir schon zu viel.

„Hmm, total süß."

„Marie, jetzt zieh nicht so ein Gesicht! Es ist für mich auch nicht leicht, aber wir müssen versuchen das Beste daraus zu machen", belehrte sie mich und sah streng zu mir. „Es ist jetzt nun mal wie es ist."

Ich nickte. „Das weiß ich ja. Es einfach verdammt schwer."

„Natürlich ist es das, aber es wird nicht einfacher werden, also gewöhne dich besser schnell an diese Situation. Hast du mit diesem Typen schon gesprochen?"

Ich schüttelte den Kopf.

„Das solltest du aber!"

„Das ist nicht so einfach", murmelte ich vor mich hin.

„Ihr ward nie ein Paar, oder?"

Ich schüttelte beschämt den Kopf. Sie lag mit ihrer Vermutung goldrichtig.

Mum sah nachdenklich auf den Strampler. „Ich hätte nie gedacht, dass du One-Night-Stands hast." Wieder blitzte diese Enttäuschung in ihren Augen auf, als sie zu mir aufsah.

„Ich auch nicht. Es war ein Mal. Ein einziges Mal."

Enttäuschung wurde durch Mitleid ausgetauscht. Ich ertrug ihren Blick nicht.

„Sprich mit ihm!", sagte sie eindringlich. „Er hat ein Recht darauf es zu erfahren und am besten so früh wie möglich. Er soll auch Zeit haben, um sich an die Situation zu gewöhnen." Sie seufzte. „Was ist er denn für ein Typ?"

Das wollte sie lieber gar nicht wissen. Bad Boy traf es wohl am besten. Ich konnte nicht einmal annähernd abschätzen, wie er reagieren würde.

„Er ist ziemlich beliebt an unserer Schule", sagte ich knapp, doch Mum schien mehr hinter diesen Worten zu lesen.

Sie zog eine Augenbraue hoch. „Sag mir bitte nicht, dass du dich von jemandem hast schwängern lassen, der schon den halben Jahrgang im Bett hatte."

Volltreffer.

Mein Blick wanderte auf meine Finger, die auch mal wieder eine Nagelschere gebrauchen könnten. „Ich fürchte doch."

„Ach Marie!"

„Ich weiß selbst, dass es scheiße war, aber ich kann es jetzt nun mal nicht mehr rückgängig machen."

Meine Mutter sah mich besorgt an. „Das stimmt. Du kannst es nicht mehr rückgängig machen. Du musst nach vorne blicken und dazu gehört, dass du es ihm sagst! Er ist jetzt Teil deines Lebens, eures Lebens. Versprich mir, dass du morgen mit ihm sprichst! Ich möchte möglichst bald auch mit seinen Eltern reden. Das geht uns alle etwas an! Wir müssen uns alle an einen Tisch setzen und besprechen, wie es nun weitergeht."

Barnes Familie und meine Mutter an einem Tisch.... Diese Vorstellung war absurd. Ich wusste nicht viel über Barnes Familie, aber es war allgemein bekannt, dass seine Familie reich war. Richtig reich. Er hatte außerdem eine Schwester, die zwei Jahrgänge unter uns war und den Chor bei Auftritten immer auf dem Klavier begleitete. Und dann war da meine Mutter. Sie ging immer in Miniröcken aus dem Haus, die für ihr Alter eigentlich zu kurz waren. Ihre Haut war vom Solarium gezeichnet und die Fingernägel meistens knallpink lackiert. Es würden Welten aufeinanderprallen. 

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